Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
Vom Netzwerk:
Dingen.«
    Verdrießlich spiele ich mit den weißen Schachfiguren herum, lasse sie auf dem Karo des Teppichs hin und her hüpfen. Sage nichts. Irgendwann muss man doch mit ihr reden können!
    Da höre ich: »Warum ist Muhdja nicht da? Mit ihr konnte ich hart um den Sieg kämpfen.«
    Muhdja. Ich vergesse kurz, auszuatmen.
    »Muhdja . . . pflegt ihren kranken Vater«, sage ich nach einer Pause. »Würdest du Muhdja als Partnerin beim Schach haben wollen?«
    »Wenn sie nur spielt und dabei nicht redet, ja. Dann würde ich das . . . gern haben wollen.«
    Vielleicht ist es ja der Wille Allahs, dass mir auf diese Weise meine beiden geliebten Frauen wiedergeschenkt werden. Vielleicht lerne ich ja gerade, sanftmütig zu sein, zu verzeihen und zu vergeben. Vielleicht sind das Tugenden, die vonnöten sein werden, wenn ich mich an der Seite eines Herrschers bewähren muss. Ich weiß es nicht.
    Noch sträubt sich der Stolz in mir.
    »Ich werde nach ihr schicken lassen, über kurz oder lang«, sage ich und versuche ein Lächeln. »Bis dahin musst du mit mir vorlieb nehmen.« Dann unternehme ich einen Vorstoß ins Niemandsland. »Willst du mir nicht den Gefallen tun und deine Perlen wieder anlegen?«
    Ich war auf eine heftige Reaktion gefasst gewesen. Aber sie misst mich nur mit einem nachdenklichen Blick.
    »Hatte ich nicht gesagt, dass sie mir zu schwer sind?«
    »Ja, das stimmt, Liebste. Aber so schwer sind sie doch gar nicht. Versuch es doch einmal. Wenn ich das nächste Mal mit dir spiele. Hat es dich nicht gewundert, dass sie bei mir sind? Was meinst du, woher ich sie habe?«
    »Woher hast du sie?«, fragt sie folgsam und desinteressiert.
    »Von Ibn Zaydun«, entgegne ich und schließe meine beiden Hände fest um zwei Schachfiguren, Läufer und Springer. »Er war nicht nur in
einer
Mission für mich unterwegs. Nicht nur nach Sevilla habe ich ihn geschickt. Er sollte sich . . . umsehen anderswo.«
    Will ich, dass sie nachfragt? Will ich's nicht?
    Natürlich will ich es. Will, dass sie erfährt, ich habe nach ihrsuchen lassen. Dass ich sie nicht aufgegeben hatte. Und will, dass sie endlich weiß, wir sind kurz vorm Ziel: Ein neues Kalifat, eine neue az-Zahira, eine neue alte Herrschaft und sie, Kasmuna, wie versprochen, dabei   – das muss ihr doch den Lebensmut zurückgeben.
    Sie sagt zunächst gar nichts. Und nichts in ihren Zügen verändert sich. Als seien meine Worte in einen tiefen Brunnen gefallen.
    Dann murmelt sie: »Ibn Zaydun. So wird er sie wohl gefunden haben.«
    »Gefunden!«, bestätige ich. Meine Finger pressen sich fest um die Schachfiguren. Hat er in seinem Brief zumindest nicht gelogen, was die Kette betrifft. »In Granada.«
    »Auf der Landstraße«, erwidert sie. »Als er mich vor den Pardos gerettet hat. Da waren Räuber . . . es ist lange her.«
    Sie streicht sich mit einer vagen Handbewegung über die Stirn, als wolle sie etwas zurechtrücken.
    Landstraße . . . Räuber . . . Rettung . . .
    »Wovon redest du denn?«, frage ich heftiger, als ich es eigentlich wollte. »Du warst in Granada!«
    »Nicht von Granada sprechen!«, sagt sie und schließt für einen Moment die Augen. Ihre Lider, bläulich-durchsichtig, zucken, als wollten sie eine innere Bilderflut verjagen. Sie ballt die Hände zu Fäusten, steht wie eine Statue.
    Plötzlich lacht sie auf.
    »Diese Räuber   – ach, das war vergleichsweise harmlos. Ich habe es nur falsch gemacht. Ich hätte sie reizen und herausfordern sollen, dann hätten sie mich auf der Stelle erschlagen. Und ich hätte meine Ruhe gehabt und das   – das!   – nicht erlebt. Es war kurz davor. Sie waren schon sehr wütend. Aber es gibt kein Erbarmen mit uns Sterblichen. Da muss doch dieser Dichter des Weges kommen und mich befreien.«
    »Auf deiner Reise nach . . .«, ich verschlucke im letztenMoment den Namen der Unglücksstadt, fahre fort: »Als du von hier abgereist warst?«
    Sie sieht mich an, ihre Augen sind jetzt ganz leer. »Abgereist?«, wiederholt sie tonlos.
    »Kasmuna!« Ich fasse nach ihren Händen.
    Hinterher hasse ich mich selbst. Hätte ich nur die Sache auf sich beruhen lassen, nicht weiter geforscht. Aber das verwirrt mich nun wieder. Wo hat er denn die Kette gefunden? Verflucht! Ich muss den Lügen von Ibn Zaydun auf die Spur kommen.
    »Kasmuna, bitte, erzähl mir, wann und wo das war. Auf der Hinreise?«
    »Auf der Hinreise? Oder beim Weg . . . hierher? Irgendwo war da der Guadalquivir.«
    In dem Augenblick passiert eine dumme Kleinigkeit.
    Die

Weitere Kostenlose Bücher