Valadas versinkende Gaerten
wieder bescha ff en, wenn die Gestirne in die rechte Konstellation gelangen.
Ich schließe die Augen. Herrin, Mit-Erbauerin, Wieder-Erbauerin solch einer Stadt, solch eines Reiches zu sein – an der Seite eines Omayaden, den Allah aufgespart hat für diese Taten? Ob mir das gelingen wird?
Und ja: Natürlich ist es ein Staatsstreich, den ich plane.
Wird der Hadjib . . . schweigen? Oder sich einmischen?
Eins nach dem anderen.
Den Abgesandten nach Sevilla schicken zunächst. Es ist an der Zeit.
IBN ZAYDUN.
Heute schreibe ich kein Gedicht. Heute schreibe ich eine böse kleine Geschichte über Gerechtigkeit in Al Andalus, mit der man zweifellos die Gesellschaft der Prinzessin recht erheitern könnte.
Wir alle wissen, dass ein christlicher Sklave freikommt von seinem christlichen Herrn, wenn er sich zum Islam bekennt. Welch ein schöner Zug unseres Glaubens!
Sehen wir uns das einmal genauer an:
Es begibt sich also eines Morgens, dass ein Christensklave seinem Christenherrn entkommen will.
Er schleicht sich davon von seiner Arbeit und läuft fort durch die Zuckerrohrplantage seines Gebieters; mit nackten Füßen über die rissige Erde, zwischen den raschelnden schwertförmigen Blättern und den dicken Stängeln arbeitet ersich hindurch, keuchend, mit stechenden Schmerzen in der Seite. Er erreicht den Grenzstein zwischen dem Land seines Herrn und des muslimischen Nachbarn. Der baut ebenfalls Zuckerrohr an.
Er wirft sich auf den Boden und ruft laut: »Ich bekenne, dass es keinen Gott gibt außer Allah, und Mohammed ist sein Prophet!«
Mehr, so soll es im Gesetz stehen, braucht man nicht zu tun. Keine Taufe wie bei den Christen, kein langes Lernen und Herunterbeten wie bei den Juden.
Unser Sklave fragt sich: Bin ich nun frei?
Er hat allerdings, leider, kein Publikum. Niemand in der Nähe. Und das gehört ja wohl dazu.
Also läuft er weiter, bis er am Ende auch dieser Zuckerrohrplantage anlangt und dort zwei junge Hirten trifft, die ihre Ziegen am Berghang weiden.
Zu ihnen geht er nun hin und sagt aufs Neue: »Es gibt keinen Gott außer Allah, und Mohammed ist sein Prophet!«
Die beiden nicken ernsthaft und bestätigen: »Ja, so ist es. Es gibt keinen Gott außer Allah, und Mohammed ist sein Prophet.«
»Bin ich nun frei?«, fragt der Christensklave.
Die beiden zucken mit den Achseln. Denn woher sollen sie das wissen? Sie sind ja keine Rechtsgelehrten.
Vielleicht, so schlagen sie vor, sollte er in die große Stadt gehen zu einem Kadi oder zum Mufti und dort seinen Spruch aufsagen, und dann würde er frei sein.
Dem Mann tun die Füße weh, die Zunge klebt ihm am Gaumen, sein bloßer und geschorener Kopf fühlt sich unter den glühenden Strahlen der Sonne an, als würde er bald platzen, und zur Stadt ist es sehr weit.
Da sieht er auf dem Weg, der sich durchs Gebirge schlängelt, eine Staubwolke aufsteigen. Metall glänzt in der Sonne, Fähnchen wehen. Zwei Reiter! Vornehme Reiter mit ihremTross und gewiss Muslime. Vielleicht können die sein Glaubensbekenntnis anhören und ihm die Freiheit bestätigen.
Hechelnd und keuchend arbeitet er sich zu dem Pfad vor und erreicht ihn gerade rechtzeitig, um mit ausgebreiteten Armen vor den Berittenen in den Staub zu sinken und sein Sprüchlein aufzusagen.
Immerhin reiten sie nicht über ihn hinweg, sondern machen Halt und lassen ihre edlen Renner Volten gehen vor dem Knienden. Sie beraten sich kurz untereinander, dann sagt der eine von ihnen: »Wir sind Kaufleute unseres Zeichens und«, fügt er hinzu, »keine Rechtsgelehrten. Wir können wenig anfangen mit deinem Bekenntnis. Und sag einmal: Gehörst du nicht dem christlichen Herrn, der dort drüben sein Zuckerrohrfeld hat, unweit von dem des muslimischen Besitzers?«
Eifrig bejaht der Mann und berührt mit der Stirn den Dreck des Weges, denn er glaubt sich nah dem Ziel.
»Nun«, antwortet der andere, »dann mach, dass du wieder an deine Arbeit kommst. Denn dieser dein Herr verkauft uns sein Zuckerrohr um vieles günstiger als sein rechtgläubiger Konkurrent, und wir stehen in seiner Schuld. Wo kämen wir da hin, wenn wir zuließen, dass ihm seine Arbeitskräfte davonlaufen? Wir sind gerade auf dem Weg zu ihm und werden ihm berichten, dass du dich hier herumtreibst, du Ausreißer.«
»Aber«, so entgegnet der Mann, »habe ich nicht eben den Islam bekannt und bin also frei?«
Da schauen die beiden Reiter sich an und sagen wie aus einem Munde: »Wir haben nichts gehört.« Und reiten davon.
So geschieht es,
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