Valadas versinkende Gaerten
die am Rand Geliebten, die wir uns gönnten, die uns erfreuten. Wir waren ja nicht aneinander gekettet. Aber dieses Lager war nur unsere Stätte. Und die besudelst du, entweihst du, machst sie zu einem Ort der billigsten Wollust. Oder was war es sonst?«
»Es war nichts«, sage ich, wie betäubt von ihrer Stimme. »Gar nichts.«
»Es war nichts für dich und hat alles verändert für mich«, entgegnet sie. »Nie wieder wird es sein wie einst.«
Sie ist aufgestanden, bereit zu gehen.
»Du darfst mir weiter dienen. Tu die Arbeit in Sevilla, die ich dir aufgetragen habe. Erledige sie schnell. Und wenn du mich besingen willst, dann tu's. Mehr wird nicht sein zwischen uns. Nie wieder. Das schwöre ich mir selbst.«
(Sie und ich, vereint in Hass und Liebe. Diesen Schwur wird der Wind verwehen. Das weiß ich.)
»Nun«, sage ich also und grinse, so unpassend wie möglich, »für heute habe ich Dienst getan, so gut es in meiner Macht stand. Zu mehr bin ich beim besten Willen nicht fähig, selbst wenn du es einfordern würdest. Aber auf Weiteres freue ich mich . . .«
Sie erwidert nichts, sieht mich nur finster an. Dann greift sie mit einer entschlossenen Geste die beschriebenen Blätter, die Arbeit dieser Kerkerzeit, vom Tisch.
»Das hier steht mir zu«, sagt sie, den Kopf im Nacken. »Das schleppst du nicht mit nach Sevilla. Diese Früchte schuldest du mir!«
Erschrocken hebe ich die Hände. Das darf nicht sein! »Valada! Was . . . was willst du mit meinen Schriften anfangen?«
Sie zuckt die Achseln, lächelt voller Bosheit. »Was immer ich will«, erwidert sie. »Vielleicht lese ich sie bei meinen Festen vor – die schlechtesten davon, um dich lächerlich zu machen. Vielleicht verbrenne ich sie. Vielleicht zerreiße ich sie.Vielleicht lege ich sie in einen bronzenen Schrein. Lebe wohl, Ahmad.«
Sie ist draußen. Mit meinen Arbeiten.
»Miststück!«, keuche ich und starre auf meinen leeren Tisch und fühle meinen ausgeleerten, schlaffen Leib.
In den Gräbern vor den Toren der Stadt sollen sie hausen, die Ghulen, jene hexenhaften Untoten, Weiber, die sich nächtlicher Wanderer bemächtigen, sich an ihrem Glied festsaugen und erst aufhören, wenn sie den letzten Tropfen genossen haben und ihr Opfer das Leben aushaucht.
In dieser Gesellschaft sehe ich sie heute.
Und die Geschichte vom Sklaven, der nicht freikommt – hier passt sie noch mehr.
VALADA.
Ich befinde mich in meinem Bad im lauwarmen Wasser, auf dessen Oberfläche die duftenden Öle bunte Schlieren malen. Rosenblätter schwimmen ebenfalls darauf und berühren streichelnd meine Haut, als würden sie mich küssen. Halb sitzend, das Haar unterm Tuch verborgen, stütze ich die Ellbogen neben meinem Kopf auf die Marmoreinfassung.
Vor mir eine große Palette aus Kork mit aufgebogenen Rändern. Darauf Blätter. Viele Blätter in der bescheidenen und maßvollen Schrift eines Mannes, zu dessen Eigenschaften Maßhalten und Bescheidenheit eigentlich ganz und gar nicht gehören.
Ich lese die Kerker-Poesien des Ibn Zaydun.
Mit spitzen Fingern ergreife ich ein Blatt nach dem anderen. Lese, lege es auf dem schwimmenden Tisch auf die andere Seite.
Ich bin eigentlich mit bösen Absichten in dieses Wasser gestiegen.
Mir ist eingefallen, dass Al Mansur, der Verfluchte, von seinen zahlreichen Eroberungszügen ins christliche Umfeld,den Koran in der Hand, das von seinen eigenen Töchtern gewebte Totenhemd im Gepäck – (Oh, der bigotte Heuchler! So zeigte er sich vor seinen Truppen, voller Demut, wo er doch voller Hochmut war!), dass er also von dort jeweils Erde der eroberten Landstriche mitbrachte. Und seine Diener zermahlten dann diesen Dreck zu einem feinen Pulver, das sie unter die Spezereien mischten, die er in sein Waschwasser tat. Sodass er sich, wie sich ein Köter im Aas seines zerbissenen Rivalen wälzt, ständig mit der Niederlage der unterworfenen Provinzen parfümierte.
Und so malte ich mir aus, dass ich aus Ibn Zayduns Blättern das aussortieren würde, was minderwertig war. Das wollte ich dann in kleine Stücke zerreißen und ins Wasser werfen, voller Freude zusehen, wie sich die Schnipsel mit Nässe vollsaugen und untergehen, wie sich die Buchstaben darauf in blaue Kleckse verwandeln und sich dann als Tintengekräusel verlieren und auflösen.
Aber nun sehe ich: Ich kann es nicht. Kann nicht wie ein Lehrer mit erhobenem Zeigefinger dies und jenes herausheben. Etwas aussortieren, wegwerfen, faule Früchte
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