Valadas versinkende Gaerten
lasse – wie gesagt, es ginge nicht anders –, wird er auf seine prahlerische Weise die Anklagebank als Tribunal nutzen, selbst den wahren Grund zum Thema machen und dir mehr schaden, als du dir vorstellen kannst.«
»Mir schadet niemand!«
»Ich bewundere deine Bescheidenheit!«, sagt er spöttisch und wedelt ihr wieder mit dem Weidenzweig vor der Nase herum.
Sie schlägt seine Hand beiseite. »Also kurz und schlecht: Du willst meine Bitte nicht erfüllen?«
»Kurz und gut: Ich kann sie nicht erfüllen, Sayyida. Aber warum tust du nicht selbst, was getan werden muss?«
Jetzt dreht sie sich zu ihm hin, mustert ihn mit gerunzelter Stirn. »Habe ich dich richtig verstanden?«, fragt sie und betont jedes Wort.
»Ich weiß nicht, was du verstehen möchtest«, entgegnet er und zuckt die Achseln. »Aber dieser Kerker liegt in der Nähe des Stadttors. Und ich glaube, die Wachen vor der Tür dieses Dichters sind ziemlich säumig. Und mit einem Beutel Silber könnte man jeden von ihnen überreden, Cordoba für immer zu verlassen, damit er keine Scherereien bekommt. Das wäre das eine. Die Banu Makhsum, rechtzeitig informiert, werden einen Flüchtigen ihres Stammes zweifellos diskret mit den nötigen Mitteln versorgen. Soviel ich weiß, gilt der Kronprinz von Sevilla, Al Mutamid, als ein intimer Freund Ibn Zayduns. Er ist ebenfalls mit Poesie beschäftigt, dieser Prinz.«
Irrt er sich, oder wechseln die meergrauen Augen für einen Moment die Farbe, werden sie heller bei dem Wort »Sevilla«?
Valada steht auf. »Und um diese Information zu erhalten, musste ich mir von dir dies und jenes über Gerichtsverhandlungen erzählen lassen? Warum nicht gleich so! Übrigens, wie kommst du gerade auf Sevilla?«
(Es hätte ihn denn doch gewundert, wenn sie nicht auf dieses Pferd springt . . . Wie alle Welt weiß sie auch, dass Sevilla in Al Andalus die größte Macht darstellt und dass man diese Macht brauchen wird, wenn man . . . bestimmte Dinge . . . nun sagen wir einmal, verändern will.)
»Du willst aufbrechen?«, sagt er beiläufig, ohne auf ihre Frage zu antworten.
»Ganz gewiss will ich das! Warum Sevilla?«, insistiert sie.
»Wie ich schon sagte – wegen der Dichterfreundschaft zwischen dem Prinzen und deinem . . . Diener.«
Er sieht mit Befriedigung, wie sie steht und nach einer Erwiderung sucht. Natürlich wird sie ihn nicht fragen, ob er ihr helfen will, denn sie weiß ganz genau, das müsste er aus Gründen der Loyalität verneinen! Ein Minister, der indirekt einer Anstifterin zu . . . nun ja, zumindest zu Unruhe in Cordoba Beihilfe leistet. Allah bewahre uns vor so etwas! (Er muss grinsen.)
»Könnte dein Dank für diesen . . . Vorschlag darin bestehen, dass ich weiter deine Feste besuchen darf?«, fragt er samtweich.
»Dank? Was für ein Dank denn? Du hast mir ja nichts gewährt!«, sagt sie hochmütig und ungerecht. »Zu meinen Festen zu kommen, kann ich dem Hadjib wohl kaum verbieten.« Und da er Anstalten macht, sich ebenfalls zu erheben: »Bleib! Ich mag es nicht, wenn man uns gemeinsam von der az-Zahra zurückkommen sieht.«
Sie entfernt sich mit schnellen Schritten auf dem schmalen Pfad, auf dem sie gekommen sind, und zu seiner lachenden Verblüffung hört er sie gellend auf den Fingern pfeifen, um ihre Eskorte herbeizurufen.
Sie sind gemeinsam gekommen, dass sie jetzt allein fort will, ist nur ihrer Wildheit geschuldet . . .
Was für eine Frau!
Er sitzt da, und noch nachdem er sie aus den Augen verloren hat, ist ihm, als würde ihr aufreizender Geruch in der Luft hängen. Er hat sich festgesetzt in seiner Nase!
Ibn Abdus kaut an der Lippe. Er hat sich sehr zusammenreißen müssen, in dieser betörenden Gegenwart einen klaren Kopf zu behalten.
Ich will sie haben, denkt er. Ich will diesen Körper einer Paradieshuri und diesen hochgemuten und hochmütigen Geist einer geborenen Herrscherin – ich will, dass beides mir zu Diensten ist. Dass es mir gelingt, dies wilde Tier zu zähmen.
Nur wenn man seine Ziele hoch steckt, lohnt es, zu leben. Es lief gar nicht so schlecht, findet er.
Und nun muss man Geduld haben und mit Beharrlichkeit aufs Ziel zusteuern. Das ist seine Maxime.
Zunächst einmal: Zwischen Ibn Zaydun und ihn, Ibn Abdus, zwanzig Parasangen Wegstrecke zu legen, ist noch angenehmer, als ihn da unten im Verlies zu wissen, jederzeit in Reichweite für Valadas ungestüme Pranken. Und den Dichter fort zu wissen, ohne selbst noch einmal zur Tat schreiten zu müssen, ist noch
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