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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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dass unser Mann am Abend heimkommt auf das Anwesen seines Herrn, und statt der Freiheit erwartet ihn das Zischen der Peitsche.   –
    Sicher gäbe es Gelächter und Beifall für so eine Geschichte, könnte ich sie im Haus der Prinzessin erzählen.
    Stattdessen habe ich fast eine ganze Kerze verbraucht, um diesen skurrilen Scherz zu schreiben, denn auch mir steht auf keinerlei Weise Freiheit bevor. Und nun erwarte ich, dass mir der mürrische Schließer den Napf mit Hirsebrei bringt   – von dem ich nur hoffen kann, dass keiner hineingespuckt hat.
    Manchmal denke ich darüber nach, wie ich mich rächen kann, wenn ich denn irgendwann dieses Loch verlasse.
    Zumeist aber nicht. Ich bin schon wie ein Sklave, der keinen Ausweg mehr kennt.
    Schritte da draußen.
    Ich will mich meinen Papieren zuwenden, nehme die Rohrfeder zur Hand, damit es nicht aussieht, als warte ich voller Gier auf das erbärmliche Abendmahl.
    Die müssen nicht merken, dass ich Hunger habe. Selbst auf den faden Fraß.
    Da weht etwas Weißes in den Raum.
    VALADA.
    Er starrt mich an mit diesen seinen Raubvogelaugen, ohne zu blinzeln. Sitzt da auf einer Dreckschütte von Stroh. Gerade, die Hände zu beiden Seiten aufgestützt.
    Er sieht schrecklich aus, und das hier ist schrecklich, und ich wusste nicht, dass es so schrecklich ist. Ich dachte, wenn man ihm zwei Kerzen am Tag gewährt, ist das nur zusätzlich zu einem . . . nun, leidlichen Quartier. Ibn Abdus hat mit diesen Bedingungen einen gesunden Hass an den Tag gelegt.
    Aber ich werde diesem zerzausten, verdreckten, ungesund blassen Stück Mann natürlich nicht zeigen, wie zutiefst erschrocken ich bin.
    »Was bringt dich hierher, du Miststück?«, sagt er heiser. »Ist alles zu deiner Zufriedenheit? Oder möchtest du mich zusätzlich in Ketten legen lassen, weil ich deine schwarze Sklavin gefickt habe?«
    »Daran solltest du mich jetzt nicht erinnern, Verräter«,sage ich, und ich merke, meine Stimme hat genauso wenig Klang wie die seine. Vielleicht liegt es an diesem Verlies.
    »Woran sollte ich dich dann erinnern?«, fragt er, und die Knöchel seiner Hände da an der Bettkante werden weiß. »An den Duft der Myrte, die du in der Hand trugst, als wir uns trafen in deinem Garten? Er übertäubte fast Orangen und Moschus, deine eigenen Wohlgerüche. Der Myrtenzweig, der mir damals vorkam, als könne er alle Gebrechen der Welt heilen?«
    »Weiß der Himmel, warum ich ihn abgebrochen hatte«, sage ich. »Wir waren beide betrunken, glaube ich.«
    »Ja, wir waren betrunken. Endlich hattest du mir erlaubt, dich so zu durchbohren, wie ich es mir wünschte.«
    Ich kann nicht wegsehen. Bemerke, wie sich an dem dürren Leib unter diesen Lumpen seine Rute reckt.
    »Unermüdlich warst du«, murmele ich. »Ob davon wohl noch ein Abglanz existiert in diesem Bettlerkörper?«
    »Sitzt es sich besser auf dem fetten, schlaffen Bauch des Hadjib?«
    »Gewiss komfortabler als auf dir«, erwidere ich und lasse ihn gern in dem Glauben, dass ich nunmehr die Geliebte des Wesirs bin. Inzwischen, als zerre man mich zu meiner Richtstatt, hat es mich zu dieser Lade, diesem Bett hingezogen. Ich stehe über ihm. Er stinkt ungewaschen.
    »Vorsicht!«, sagt er. Sein Atem geht keuchend wie nach einem scharfen Ritt. »Darf ich dich darauf hinweisen, dass ich Filzläuse habe? Du könntest sie an den Herrn Minister weitergeben.«
    »Ich kann ins Bad gehen zuvor!«
    »Im Gegensatz zu mir!«, faucht er.
    Er hat die Lippen gefletscht wie ein Rüde, der zuschnappen will. Als ich ihn küsse, stoße ich mich an seinen Zähnen. Mein Mund blutet. Meine Zunge blutet. Sein struppiger Bart reibt mein Kinn auf. Er wirft mich auf das Lager, Stroh sticht meine Schenkel. Er dringt in mich ein mit der Kraft der Verzweiflung,stößt mich so hart, dass ich mich an den Seiten dieses Bettes festklammern muss, tut mir weh.
    Es dauert endlos, so wie einst, so wie im Garten, Myrtenzweig hin oder her, betrunken ja oder nein, und wie damals baut sich langsam aus dem Schmerz eine gewölbte Moschee der Lust auf, rot und glühend, immer höher, immer weiter, Bogengänge, anwachsende Räume, eine schwellende Mezquita bis zum Himmel. Irgendwann öffnet sich die Kuppel, zersplittert, fliegt davon und vereint sich mit den Gestirnen.
    Meine Finger gehören nicht mehr zu mir. Mein Kopf ist irgendwo. Ich stülpe mich um. Ich schwimme in einem See aus Saft und Sperma. Mein Inneres pocht, als wäre es ein Tier, das atmet.
    Ahmad Ibn Zaydun, das werde ich dir nie

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