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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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das Fleisch übermannte.
    Weggeworfen alles, was uns darüber hinaus noch verband, wir, die wir uns als die feine Blüte, die Auslese von Al Andalus sahen. Die edlen Sitten des Umgangs miteinander, die Art, um eine Frau zu werben, das heitere und zarte Spiel zwischen Mann und Frau, bevor sie sich »ergab«, die Höflichkeit und die schöne Rede, die Art sich zu kleiden   – natürlich helle Seide und durchsichtiges Leinen im Sommer, gediegene Wolle in der kühleren Jahreszeit   –, das bringt man nirgendwo anders so zur Vollendung als an Valada bint Al Mustakfís Dichter- und Lebensschule.
    All das kann und will ich nun vergessen. Keine Wehmut.
    Nur eines gilt: Ich muss sie zurückgewinnen. Und sei es nur, um sie zu unterwerfen. Nach dem, was sie mir angetan hat.
    MUHDJA.
    Ich habe sie ganz für mich allein.
    Ibn Zaydun ist aus der Welt, und mir ist es wirklich gleich, ob er noch im Kerker hockt, oder, wie man in der Stadt munkelt, entflohen ist.
    Und Kasmuna ist auf einer Reise.
    Kasmuna hat das Herz meiner Prinzessin auf eine andere Weise eingenommen als ich. Wir leben eigentlich gut miteinander. Aber nun ist sie fort, zwar nur für kurze Zeit, denke ich, doch auf einmal ist da . . . mehr Platz.
    Ich sollte jubeln, mich herumdrehen im Nest wie ein junger Vogel, dessen Geschwister entweder schon flügge oder eben aus dem Bau gefallen sind. Ein Vogel, der sich breitmachen kann und seinen Schnabel ganz allein dem Futter entgegenstreckt.
    Aber es geht nicht.
    Irgendwo auf den Wellen der Zufriedenheit treibt ein kleiner Punkt und stört und lässt sich nicht fangen, so wie einem ein einzelnes Fädchen im Badewasser davonschwimmt, immer, wenn man danach greifen will.
    Erst vermeine ich, es könnte die Sorge um meinen Vater sein. Seine unbesonnenen und ahnungslosen »Geschäfte« beunruhigen mich, und ich weiß nicht, mit wem ich über so etwas sprechen kann. (Meine Prinzessin ist in solchen Dingen unwissend wie ein Säugling. Ihr Gold steht zur Verfügung, und sie gibt es aus.) Aber dann merke ich, dass der Fremdkörper in meinem Wohlbefinden etwas anderes ist.
    Meine geliebte Prinzessin schläft. Sie, deren Liebeshunger sonst so unersättlich sein kann, ist mir nahezu unter den Händen eingeschlafen, und ich fühle, dass der blinde Fleck, die Stelle, die Kasmuna sonst bewohnt, sich ausdehnt und gleichsam Füßchen ausstreckt in mein Land hinüber. Mir wird klar, sie, das Gegenstück zu mir, muss da sein. Sonst rutscht die Waage der seelischen Balance meiner Herrin ins Ungleichgewicht. Ich brauche Kasmuna.
    Ich bin überrascht von mir selbst, von dieser Seite meiner Beziehung zu ihr   – aber wirklich der Grund, weswegen ich mich so . . . unvollkommen fühle, so voller Unruhe?
    Neben mir liegt Valada, weggedreht, in tiefstem Schlaf.
    Ich bin nicht müde. Werfe mich hin und her; mein Nacken unterm offenen Haar ist feucht vor Schweiß.
    Aber dann bin ich doch fortgeglitten in ein Schlafland, ein Traumland, so tief wie eine Höhle.
    Und eine Höhle ist es auch, in der ich mich offenbar verirrt habe in diesem Traum, eine Höhle mit vielen Verzweigungen. Ich taste mich an den Wänden entlang, aber einen Ausgang entdecke ich nicht. Trotzdem habe ich keine Angst. Ich weiß, dass man mich in diese Höhle geschickt hat, um jemanden zu finden, der nicht verloren gehen darf. Wenn ich diese Person erst habe, werden sich alle Ausgänge wie von selbst öffnen, das weiß ich in diesem Traum.
    Dann steht da jemand.
    Nur sichtbar, wenn man sehr genau hinschaut. Der Schatten eines Schattens. Steht an der Wand, die Arme erhoben. Wie schon einmal. Preisgegeben. Geopfert.
    Und ich weiß, dass ich hingehen müsste, dass ich die Retterin sein müsste, damit sich der Ausgang öffnet für mich und für diesen Schatten, aber ich kann nicht Hand noch Fuß rühren. Etwas hat mich gebannt.
    In meinen Armen scheint Blei zu sein, aber dennoch schaffe ich es endlich, strecke ich die Hände aus . . . und erwache.
    Nun bin ich schweißgebadet am ganzen Körper.
    Leise stehe ich auf, und obgleich ich wach bin, geht der Traum weiter. Er umfängt mich wie die klebrigen Reste eines nassen Tuchs.
    Es ist noch weit vor Mitternacht. Nur mit dem leinenen Unterkleid, der Ghilala, bekleidet, streife ich barfuß durch die Räume und weiß nicht, ob das alles doch nur schlafwandelnd geschieht.
    Erst die verwunderten Seitenblicke der Sklavinnen und Sklaven, die putzen, wischen, abstauben, herrichten, kurz, Valadas Haus für den kommenden Tag vorbereiten, wollen

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