Valadas versinkende Gaerten
– belästigen. Deshalb bat mich meine Tochter, Euch um etwas anzuflehen.«
Um Valadas Mund zuckt so etwas wie ein ironisches Lächeln. Offenbar amüsiert sie der demütige Stil des alten Juden. »So? Nun, dann beginnt mit dem Flehen!«
Ismael Ibn Jeschulla ist zu aufgeregt, um auf ihren Ton einzugehen.
»Spottet nicht, Herrin!«, bittet er. »Verspottet einen Schutzflehenden nicht!«
Valada entrollt das Blatt mit dem Gedicht wieder. »Das tue ich nicht, Ehrenwerter!«, sagt sie, nun wieder ernst. »Tragt mir Kasmunas Bitte vor.«
»Meine Tochter bittet die Herrin, den Hadjib zu ersuchen, die Zugänge des Judenviertels an diesem Tag durch ein . . . Bollwerk zu verschließen und von fähigen und einsatzbereiten Soldaten bewachen zu lassen.«
Die Prinzessin legt den Kopf schief. »Ihr wollt euch freiwillig einmauern lassen?«, sagt sie erstaunt.
»Für einen Tag«, bestätigt Ismael und nickt.
Valada betrachtet ihn nachdenklich. »Eure Not muss sehr groß sein, wenn ihr so etwas vorschlagt«, sagt sie. »Ich sitze in meinem Haus und habe hohe Wände um mich, die michschützen. Ich weiß vieles nicht. Seid unbesorgt. Ich werde Ibn Abdus verpflichten, das zu tun, was ihr wünscht. Das mit dem Bollwerk. Und was den militärischen Schutz angeht – ich schicke meine eigenen Soldaten zur Judería. Auf sie ist Verlass.«
Ismael erhebt sich und berührt Stirn, Mund und Herz als Zeichen seiner Dankbarkeit. »Der Ewige Israels möge Euch beschützen, Herrin. Sicher wird meine Tochter . . .«
». . . Eure Tochter, Ibn Jeschulla, wird sich mir hoffentlich bald leibhaftig erkenntlich zeigen«, sagt sie, und Ismael schlägt die Augen nieder ob der Zwischentöne.
»Sicher wird der Hadjib meine Bitte erfüllen, aber ich fürchte, für die Errichtung dieser Verschanzung werdet ihr, wird die Gemeinde der Juden aufkommen müssen.«
»Gewiss«, erwidert Kasmunas Vater demütig. (Wie anders sollte es auf der Welt zugehen?) »Und das ist sicher, meine Tochter wird Euch segnen jeden Tag. Dort in der glücklichen Stadt, wo selbst der Fluss Gold führt.«
»Was meint Ihr?«, fragt sie irritiert.
Er lächelt. »Wisst Ihr das nicht? Im Darro in Granada können eifrige Sucher hin und wieder Gold finden.«
Als die Prinzessin den alten Mann verabschiedet hat, dreht sie noch immer das Blatt mit dem Gedicht zwischen den Fingern.
Meine Kasmuna, der ich alles anvertraut habe, was ich in die Zukunft hineinbauen will . . . und sie reist einfach fort, ohne ein Wort. Hätte sie nicht darauf vertrauen können, dass ich ihr und ihrem Volk Schutz gewähre, auch wenn sie hier ist?
Bin ich zornig? Enttäuscht?
Ach, eigentlich nicht. Nur traurig.
Sie kommt ja wieder.
Heute Abend werden mich die Zärtlichkeiten Muhdjas, meines kleinen Weibchens, trösten.
Und dann blitzt etwas in meinem Kopf auf. Gold im Fluss?
Ich habe den »Bericht von den wundersamen Taten« immer in greifbarer Nähe. Schlage nach.
Da steht es:
. . . aber siehe, wenn viel Blut fl ießt dort, wo der Fluss Gold führt.
Das ist also Granada.
Nun, keine Sorge. Im heiteren Granada wird so schnell kein Blut fließen.
Trotzdem. Eine Beklemmung bleibt.
8
IBN ZAYDUN.
Der Ort, in dem ich mich befinde, heißt Posada, was eigentlich Ruhestätte bedeutet, aber sehr einladend ist hier nichts. Trotzdem habe ich beschlossen, hier Station zu machen. Zunächst muss ich den muffigen Geruch des Kerkers loswerden und mich anständig kleiden; auch mit einem Beutel voll Gold in der Tasche ist ein Mann in den Lumpen eines Bettlers in den Augen aller eben nur ein Bettler.
Jetzt liege ich auf dem Bett der gemieteten Stube. Es sind keine Daunen, aber gegen das faulige Stroh und die verfilzten Decken des Kerkers in Cordoba gleichen sie paradiesischen Wolkenbetten.
Dass ich verfolgt werde, musste ich nicht befürchten, also konnte ich mein Reisetempo meinen Bedürfnissen anpassen. Ich muss zu Kräften kommen.
Das Badehaus, das ich fand, war ärmlich, aber ich wollte ja nichts weiter, als die Dreckkrusten von meinem Körper schrubben, mir Haar und Bart richten und mich vom Ungeziefer befreien lassen. Dann, während ich im Dampfbad saß, beauftragte ich den Badediener, mir einen weiten Umhang und eine Kopfbinde zu besorgen, und drückte ihm ein Goldstück in die Hand. Er starrte mit offenem Maul auf die Münze und redete mich von nun an mit Mawlah, Herr, an.
Ich mietete mich in diesem Gasthof ein und bestellte mir zunächst genau das Essen, von dem ich bei den Wassersuppen,Brotkrusten
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