Valadas versinkende Gaerten
Stadt »kein gutes Pflas ter «. Ich mache mir Sorgen und spreche Nabila erneut darauf an, aber sie weicht mir aus.
»Am besten, du wartest, bis dein Onkel aus dem Palast des Wesirs am Abend nach Haus kommt. Er kann es dir sicher richtiger erklären als ich«, sagt sie verlegen. »Wenn du dich ausruhen willst, zeigt dir unsere Dienerin deine Zimmer. Aber wenn du herumgehen und die wunderbaren Gärten anschauen möchtest, dann tu es. Den Angehörigen seiner Beamten legt der Hadjib – der Allmächtige möge ihn beschützen – keine Begrenzung auf. Du kannst auch den Palast anschauen. Nur die Türen zu den Privatgemächern sind dir verschlossen.«
Natürlich werde ich Garten und Palast anschauen.
Nachdem die Mittagshitze vorüber ist, begebe ich mich nach draußen; Hamdas Begleitung habe ich abgelehnt. Meinen Sonnenschirm kann ich allein halten, und ihre Gegenwart würde mich irgendwie vom Genuss dieser berühmten Sehenswürdigkeiten ablenken. Ich möchte allein sein.
So setze ich nun meinen Fuß auf die mit goldgelbem Sand bestreuten Pfade.
Außer mir scheint kein Mensch unterwegs zu sein. Nur der Schrei eines Pfauen, der auf einer Wiese sein prahlerisches Rad schlägt, unterbricht die Stille, die hier herrscht.
Und so erblicken meine Augen jene Schönheiten, wie sie wohl einstmals in den nun halb oder ganz zerstörten Gärten und Parks Cordobas zu finden waren, der az-Zahra und der az-Zahira: die hohen Hecken von Jasmin und Oleander, von Schmetterlingen umgaukelt, die Weite gepflegter Rasenflä chen , auf denen sich überall ohne jede Scheu jene buntgefie derten Fasane tummeln.
Dann verengt sich die Weite zu Laubengängen voller Schatten, und überall Wasser, rieselnde Kaskaden und Springbrunnen, stille Teiche voller Lotos, an denen ich verweile und dieHand eintauche; ein blonder Fisch stupst meine Finger mit dem Maul an. Ich muss lächeln. (Ach, mögen solche Momente der Heiterkeit und des Entzückens meinen Aufenthalt hier weiter begleiten . . .)
Geschwungene Treppenstufen und leicht ansteigende Wege führen mich auf überdachte Terrassen, und wenn man sich umdreht, hat man unter sich das ganze Panorama der gestalteten Landschaft in ihren Schattierungen von Grün. Es ist zum Weinen schön.
Ich wage mich weiter vor. Die Innenhöfe, in denen zwischen bunten Fußbodenmosaiken Feigen- und Granatapfelbäume hervorsprießen, sodass sich jeder, der eine Erfrischung braucht, selbst ungeniert bedienen kann, gehören wohl schon zum eigentlichen Palast des Ibn Nagrella, Hadjib des Emirs von Granada und Obersten der Judenheit. Ich durchquere Wandelgänge und Hallen. Wenn man den Kopf in den Nacken legt, sieht man, dass die Kuppeln in durchbrochen gearbeitetem Stuck gestaltet sind, so zart wie Spitze, so harmonisch wie Bienenwaben.
Schließlich führt mich der Zufall in einen rechteckigen Innenhof, der von Säulengängen umgeben ist. In der Mitte steht ein Springbrunnen aus Marmor. Die Wasserstrahlen ergießen sich aus den Mäulern junger Löwen, die das Becken tragen und gleichsam beschützen.
Ich stehe still, wage mich nicht aus dem Schatten der Kolonnaden hervor. Es ist eine Art von Ehrfurcht vor diesem Kunstwerk, und mir fällt auch ein, warum: Hier ist ein Brunnen nachgebildet, wie er in unserem Heiligen Buch beschrieben wird als zum zerstörten Tempel Salomonis gehörend, vor mehr als tausend Jahren in Jerusalem.
Ich schicke ein Dankgebet zum Himmel, dass ich gewürdigt bin, so viel Schönheit zu sehen. Ich werde gewiss Verse darüber schreiben für meine Geliebte, damit sie zumindest im Nachhinein teilhaben kann an dem, was ich genossen habe.
Der Ewige schütze die Gärtner und Baumeister, die das alles geschaffen haben, und natürlich den fürstlichen Hadjib, dessen Wunsch und Wille es war, dass es entstand.
Das alles gibt es erst seit zwei Generationen. Es wurde errichtet zu einer Zeit, als in Cordoba schon das erste Mal die Männer aus dem Maghreb gewütet hatten und die Herrschafts-Stadt von Al Andalus eine Trümmerlandschaft war. Man muss dem Ewigen dafür danken, dass sich die Berber nur jenen Ort vornahmen, der nach ihrem Dafürhalten ein Symbol für die glänzende Verruchtheit des Landes war.
Und nun will Valada solche Schönheit wie diese hier in Cordoba wiedererrichten? Sie sprach von ihren Gärten . . . Der Himmel gebe ihr Kraft dazu.
Es wird Abend. Langsam streife ich auf anderen Pfaden zurück zum Haus meiner Verwandten, erquickt und froh. Meine trüben Gedanken haben sich
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