Valadas versinkende Gaerten
bin nicht in Eile«, merke ich an. »Es wäre mir ein Vergnügen, die Dame bis vor die Tore Granadas zu geleiten, und erst dann nach Sevilla . . .«
Kasmuna fällt mir ins Wort. »Das wird nicht nötig sein. Ich danke Euch, Ibn Zaydun, für Eure zuvorkommende Höflich keit . Aber ich habe Vertrauen in die Worte Eures Führers. Wir setzen unsere Reise fort wie geplant und werden bei unserer Heimkehr in Cordoba Eure ritterliche Tat und Euer Anerbieten nicht hoch genug vor unserer Herrin loben müssen.«
So also scheiden wir an dieser Stelle, ein jeder mit seiner Kavalkade. Ich folge weiter der Straße neben dem Guadalquivir, die Sänfte und ihre Begleitung biegen nach Süden ab.
Ich bin sehr zufrieden mit mir. Manchmal stecke ich eine Hand in die Tasche und berühre die Perlen, die ich dieser Frau entwendet habe.
Es war ein Diebstahl, gewiss. Ja, und? Wie gesagt, wer weiß, wozu der mir noch von Nutzen sein kann.
9
KASMUNA.
Merkwürdigerweise hat der Überfall an der Straße versäumt, in meinem Bewusstsein Spuren zu hinterlassen. Immerhin war ich davon überzeugt, am Rand des Grabes zu stehen – aber das alles scheint in irgendwelche Fernen gerückt und kommt mir so vor, als hätte es mir nur jemand erzählt. Hingegen wie eingebrannt erscheint mir immer wieder das Gesicht, das ich erblickte, als ich aus der Ohnmacht erwachte. Die eng beieinanderstehenden Augen, der messerscharfe Nasenrücken, der einem Schnabel gleicht – nie zuvor war mir Ahmad Ibn Zaydun so sehr wie ein Raubvogel vorgekommen, der darauf wartet, auf seine Beute herunterzustoßen. Ich schlug die Lider auf, und mich packte Entsetzen vor ihm, bevor ich die Dinge der Wirklichkeit um mich herum ordnen konnte.
Und dann seine Stimme, die berühmte Stimme, weich wie ein Frühlingswind, seine schmeichlerischen, höfischen Worte, aus diesem Mund, dessen Lippen Valada einmal mit schwellenden Kissen verglichen hatte. Ibn Zaydun, unser verbissener Nebenbuhler . . .
Nun gut, ich bin ihn wieder los, und ich zwinge mich, meine Gedanken auf die nächstliegenden Dinge zu richten.
Abgesehen von diesem scheußlichen Vorfall und dem Verlust meiner Perlen gibt es ein weiteres Ärgernis: Ausgerechnet den Warenballen mit den Geschenken für meine Verwandten haben die rabiaten Pardos auf dem geraubten Muli mitgehenlassen. Da ich nicht vorhabe, von dem Zwischenfall unterwegs zu erzählen, bin ich in einer Zwickmühle.
Dem Himmel sei Dank, dass alles Gold und Geld im Geheimfach der Sänfte versteckt war. Und bis zur Untersuchung meines Gefährts waren die Diebe ja noch nicht vorgedrungen.
So legen wir einen Aufenthalt in Lucena ein, und ich besuche mit Hamda die Stoffhändler, die Juweliere und die Hersteller feinen Papiers und feiner Lederwaren, um nicht mit leeren Händen in Granada anzukommen, und vergesse auch nicht, für mich selbst einiges an Schmuck zu erstehen, denn gewiss würde man mich fragen, warum ich nackt und kahl wie eine christliche Klosterfrau daherkäme statt wie eine Dame von Stand.
Nur meinen Hals bedecke ich nicht, schlinge mir einzig ein Tuch um. Von Zeit zu Zeit spüre ich die Abwesenheit der Perlen, als sei ich wirklich nackt.
Ohne weitere Zwischenfälle haben wir das hügelige Land und die fruchtbare Ebene um Granada erreicht. Wir kommen die gewundene Straße herunter, und ich gebe Befehl, anzuhalten, um von hier oben einen Blick auf diese Stadt zu werfen, von der es heißt, dass sie alle Vorzüge einer guten Regierung in sich vereint, so, wie es die großen Denker beschrieben haben: In wohlausgewogener Balance leben hier die unterschiedlichen Volksgruppen einträchtig beieinander, und eine jede achtet Bräuche und Glauben der Nachbarn.
Von hier oben gleicht die Stadt einem Juwel, umrahmt von einer Fassung aus Bergen und Hügeln, gekrönt im Hintergrund durch die weiß leuchtende Bergkette der schneebedeckten Sierra Nevada, deren kalter Glanz mich fast erschreckt, denn ich habe dergleichen noch nie gesehen.
Innerhalb der Mauern wimmeln spielzeugklein Mensch und Tier. Ich bin froh und neugierig, alles bald betrachten zu können.
Soviel ich weiß, müssen wir, um zum Palast des Hadjib zugelangen, in dessen Nähe das Haus meines Onkels liegt, die Stadt durchqueren und dann einen anderen Hügel hinaufsteigen. Aber mein Führer kommt nun zu mir und erklärt, er brauche einen Hiesigen als Helfer, denn er habe keine Kenntnisse über diese Stätte. Am nächsten Han pausieren wir also, und gemeinsam mit Hamda hält man Ausschau nach
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