Valadas versinkende Gaerten
an. Es missfällt ihr, dass er so plump umgeht mit den Dingen, die sich gerade erst anspinnen . . .
»Sei nicht zornig!«, bittet er und legt ihr die Hand auf den Arm. Bemerkt mit Genugtuung, dass sie zittert vor Ungeduld. »Ich verspreche dir, dass du deine Post bekommst. Sofort. Wenn ich meine Predigt losgeworden bin.«
»Was für eine Predigt?«
»Nun, vielleicht ist es keine Predigt. Ich möchte einfach nur hinterfragen, was in aller Welt du daran erstrebenswert findest, deine Familie wieder an die Regierung zu bringen – abgesehen davon, dass es deine Familie ist.«
Sie erwidert nichts. Er klatscht leicht in die Hände. Einer der Diener kommt wieder. Er bringt ein Tablett mit einer Karaffe und Weingläsern und eine große Sanduhr.
Valada sieht von der Sanduhr zu dem Mann und wieder zurück. »Was sollen diese Spielereien? Machst du dich lustig über mich?«
»Keineswegs, Prinzessin. Ich will dir deinen Besuch erleichtern. Die Sanduhr gibt an, wie lange du meine Rede ertragen musst. Falls du allerdings Gegenrede hast, könnte es länger dauern als einen Durchlauf des Sandes.«
Er gießt die Gläser voll, hebt das seine höflich gegen sie, bevor er es an die Lippen führt. Dann dreht er die Sanduhr um.
»Sehen wir uns die letzten Omayaden-Fürsten einmal an und beginnen wir mit Hakam«, sagt er, und schon unterbricht sie ihn.
»Hakam, der Weise, der Friedensherrscher, dem Cordoba seine großen Bauten verdankt, seine Moschee, seine Parks und Paläste, seine Bibliotheken! Hakam, vom Volke geliebt! Was hast du einzuwenden gegen Hakam?«
»Gar nichts, Prinzessin. Ein Omayade, wie er besser nicht sein könnte. Nur was danach kam: Sein junger Sohn Hisham musste fliehen, weil sich ein Usurpator an seiner Stelle breit machte, Al Mansur, der die Berber ins Land rief, um seine Macht zu untermauern und zu erweitern – es ging gegen diechristlichen Reiche. Gewalt und Zerstörung zogen ein. Sogar zwei Palasteunuchen übernahmen nach ihm vorübergehend die Regentschaft. Und als alles in Grund und Boden gewirtschaftet war, sagten sich die Vornehmen von Cordoba: Wir brauchen wieder einen Omayaden.«
»Darin hatten sie Recht!«, sagt ihre Nachfahrin mit Strenge.
Jetzt lacht Ibn Abdus lauthals. »Du warst damals noch ein Kind, oder doch ein halbes Kind, und lebtest bei deiner Mutter auf dem Lande, soviel ich weiß. Die Vorgänge kennst du sicher nicht. Wusstest du, dass die Noblen der Stadt auf die merkwürdige Idee kamen, aus drei Bewerbern den auszuwählen, der ihnen am überzeugendsten darlegen würde, wie er die Herrschaft gestalten würde? Wusstest du es?«
Valada schweigt. Versteckt sich hinter dem Weinglas.
Ibn Abdus nun, bestärkt durch ihr Schweigen, lehnt sich auf den Polstern zurück und kommt ins genussvolle Plaudern.
»Der erste Kandidat, Abd Al Rahman mit Namen wie euer großer Urahn, hatte nicht vor, das Votum der vornehmen Bürger abzuwarten. Er hatte eine andere Vorstellung von Machtergreifung. Als sich die erlauchte Versammlung in der Mezquita, der großen Moschee, einfand, zog er an der Spitze seiner Krieger hoch zu Ross ins Gotteshaus ein. Die Hufe der Pferde schlugen Funken aus den schönen Mosaiken des Fußbodens, und dein Verwandter trieb seinen edlen Renner direkt bis zur Kibla-Wand, der Ostwand, die den Gläubigen anzeigt, wo Mekka liegt, die Richtung, in die man beten muss. Dort hatten sich die Würdenträger versammelt. Und während er sein Tier Volten gehen ließ vor den erschreckten Stadtvätern, tummelten sich seine Lanzenreiter zwischen den Säulen mit den schönen gelb und rot gemusterten Bogengängen und trieben die Gläubigen zu Paaren.
Nachdem dies vollbracht war, erklärte Abd Al Rahman, Allah sei groß, Mohammed sein Prophet und er der nächste Kalif von Cordoba. Keiner wagte zu widersprechen.«
Ibn Abdus hebt erneut sein Weinglas gegen die Prinzessin. Die hat die Stirn gerunzelt und guckt angestrengt auf die Sanduhr.
»Oh, noch haben wir Zeit, Liebste. Denn die Regentschaft dieses Mannes dauerte nur achtundvierzig Tage. Als er sah, dass die Schatzkammer leer war, dachte er sich ein neues Steuersystem aus. Steuern auf Öl, Wein, Seide und edle Pferde missfielen vor allem den Reichen, denn sie aßen gern fett, tranken viel, kleideten sich in Seide und feines Leinen und ritten prahlerisch durch die Gegend. Außerdem verlangte er von den großen Familien je eine der schönsten Sklavinnen, um sich einen repräsentativen Harem zuzulegen. Dass er aber auch noch die Garküchen
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