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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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sind, dass sie mich nach Sevilla schickt. Ich weiß nur, dass die Banu Jahwar in Cordoba nicht einfach das Feld räumen werden, wenn man ihnen einen Omayaden vor die Nase setzt. Werde ich fündig in Sevilla, bin ich sicher, dass sich starke Verbündete finden. (In einer der anderen Taifas rundum zu suchen, ist nicht zweckmäßig.) Wie diese »Verbündeten« dann auf den eigenen Herrschaftsanspruch der Prinzessin reagieren, das muss man sehen . . .
    Hier also werde ich meine Forschungen beginnen. Und hier, in Sevilla, werde ich Unterstützung finden. Denn ich habe einen hochgestellten Freund. Das macht mir Hoffnung.   –
    Der Guadalquivir, an dessen Ufern sich mein Weg bisher entlangzog, nimmt nun einen anderen Charakter an. Er gewinnt an Kraft und Macht und es scheint, als spüre er die Gegenwart seines großen Bruders, des Meeres.
    Herz und Sinne erquickt dieser Anblick und ebenso derfrische Duft, der von dem großen, dunkelglatten, seidig dahinfließenden Strom ausgeht, dem man seine Ungeduld anmerkt, sich endlich mit dem Ozean zu vereinen, und es heißt, dass die Wasser des Meeres ebenfalls dieser Vermischung entgegenstreben und der Guadalquivir schon auf der Höhe der großen Brücke von Sevilla salzig schmeckt, obwohl es noch viele Meilen bis zum Meeresstrand sind.
    An den Stadttoren entlohne ich meine Eskorte, die mir so gute Dienste geleistet hat, und beschließe, erst in einem Han abzusteigen, um mich zu waschen und angemessen für einen Besuch bei Hofe zu kleiden. Dann schicke ich einen der Herbergssklaven aus, meine Ankunft beim Kronprinzen Al Mutamid zu melden und um eine Audienz zu ersuchen.
    Al Mutadid, der Vater, und Al Mutamid, der Sohn, haben zwar ähnlich klingende Namen, sind aber höchst unterschiedlich. Al Mutadid ist der große Kriegsherr, und auf ihn richtet sich meine Erwartung. Dass dieser Herrscher für grausam, verschlagen und rachsüchtig gilt, soll mich nicht kümmern. Das sind sie alle. (Es gibt üble Gerüchte über ihn, so übel, dass ich sie eigentlich nicht wahrhaben möchte.)
    Sein einziger Sohn ist aus anderem Holz geschnitzt. Er ist ein Poet wie ich und als solcher gar nicht einmal schlecht. Wir haben uns bei einem Dichterwettstreit in Zaragoza kennen gelernt; der Prinz trat dort unerkannt auf und rangierte unter den ersten fünf; natürlich gewann ich den Preis.
    Wir tranken miteinander, taten uns gemeinsam an schönen Sklavinnen gütlich, und zu vorgerückter Stunde enthüllte er mir, wer er war. Seitdem schicken wir uns von Zeit zu Zeit Gedichte zu.
    Wie Al Mutamid sich freilich hier auf dem Herrscherthron von Sevilla einmal ausnehmen wird, ist noch fraglich. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass sich ein sanfter Kater in einen Löwen verwandelt, wenn sich ihm die Gelegenheit dazu bietet.
    Ich bin kaum im Staatskleid, als vor dem Han plötzlich einGetöse losgeht. Man schlägt eine Handpauke, eine schrille Flöte quäkt dazu, und schon erscheint ein atemlos hechelnder Läufer an der Tür meines Raums: Der Prinz lässt mich abholen und mit Ehren in den Alcazar geleiten. Sogar ein Reitpferd wartet auf mich; reich aufgezäumt wie für einen Gesandten, mit gestickter Schabracke unterm bronzierten Sattel, rote Wollbommeln an der Trense, tänzelt es an der Hand des Rossknechts hin und her.
    Ich bin überrascht und kann nicht umhin, mich geschmeichelt zu fühlen.
    Ich scheine einen günstigen Moment erwischt zu haben. Offenbar langweilt sich Al Mutamid, und der Besuch ist ihm hochwillkommen.
    Also führt man mich durch die Stadt zum Fürstenpalais, und die Leute in den Straßen reißen Mund und Nase auf und verbeugen sich tief.
    Ein guter Anfang. Denn so will ich es: Meine Position soll nicht nur die eines armen Dichters auf Besuch sein . . .
    Der Kronprinz empfängt mich mit Kuss und Umarmung.
    Al Mutamid ist ein dünner, lang aufgeschossener junger Mann (ich reiche ihm gerade bis zur Schulter) mit den träumerischen, langbewimperten Augen eines unschuldigen Mädchens; in überraschendem Kontrast dazu steht seine tiefe, volltönende Stimme.
    »Mein Freund! Allah sei Dank, der dich zu uns geführt hat! Was für ein Glück, dass meine Augen dich sehen! Hattest du eine gute Reise?«
    »Habt Ihr mich denn erwartet, Hoheit?«, frage ich überrascht.
    »Aber gewiss doch!«, entgegnet er. »Schließlich haben wir Nachricht von deiner Flucht aus Cordoba erhalten. Ibn Abdus hat meinem Vater über die Taubenpost der Regierung mitgeteilt, dass du aus dem Kerker entwischt bist, und

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