Valadas versinkende Gaerten
nachgefragt, ob du hier in Sevilla angekommen wärest!«
Jetzt bekomme ich einen Schreck. Hohe Herrschaften sind unberechenbar, auch wenn sie dich als Freunde bezeichnen. Vielleicht war der pompöse Empfang ja nur eine Finte, um mich in Sicherheit zu wiegen und entweder ins nächste Verlies zu sperren oder nach Cordoba auszuliefern? Weiß ich denn, ob sich in den Tagen meiner Abwesenheit vielleicht der Wind gedreht hat und das wankelmütige Weib seine Arbeit als Fluchthelferin bereut, weil es ihr so gut gefallen hat, sich von mir inmitten von faulem Stroh und Filzläusen bespringen zu lassen?
Mir fällt nichts Besseres ein, als vor Al Mutamid einen Kniefall zu machen und mit der Stirn den Boden zu berühren. »Höchst edler Prinz, ich erflehe Asyl in Sevilla! Gibt es etwa Vereinbarungen zwischen . . .«
Weiter komme ich nicht. Der junge Mann zieht mich eigenhändig wieder auf die Füße.
»Aber lieber Freund, nicht doch! Wir liefern niemanden aus! Was denkst du von meinem Vater?« (Nicht das Allerbeste, um ehrlich zu sein, aber das muss ich ihm ja nicht sagen.) »Nein, es war nur eine der üblichen diplomatischen Noten, die zwischen den Höfen hin- und hergehen. Ich glaube, da weiter östlich will dich so eigentlich keiner wiederhaben«, sagt er mit jener schonungslosen Grobheit, wie sie sich nur Leute leisten können, die ganz oben wohnen. »Du bist uns willkommen, und wenn wir mit deiner Anwesenheit hier etwas tun, was die aus Cordoba ein klein bisschen als Provokation ansehen könnten, so wird das meinem Vater, dem Fürsten, gewiss gefallen.«
Belebende Nachrichten.
»Ich komme ja nicht von ungefähr in dieses Fürstentum«, sage ich eifrig. »Der goldene Grund ist die Gewissheit von Liebe und Freundschaft, die mich mit Euch, Hoheit, verbindet. Aber darüber hinaus hat mich meine Herrin mit einer Aufgabe betraut, der ich mich mit Eifer widmen will und vonder ich weiß, dass sie in letzter Konsequenz die Hilfe des mächtigsten Fürsten von Al Andalus erfordert. Und das ist nun einmal Euer Vater, bis ihn Allah zu sich ruft und Ihr gewiss mit Ruhm in seine Fußstapfen tretet.« (Eine kleine Schmeichelei kann nicht schaden.)
Al Mutamid misst mich nachdenklich mit seinen schönen Weiberaugen.
»Deine Herrin . . .«
». . . ist nach wie vor die Prinzessin bint Al Mustakfí, die Letzte der Omayaden«, ergänze ich seine Frage und gebe der Herkunft der Dame einen besonders bedeutenden Akzent. »Wenn Ihr so wollt, lieber Prinz und Dichter, bin ich in diplomatischer Mission hier.«
Der junge Mann öffnet den Mund zu einem lautlosen »Oh!« und nickt bedeutungsvoll. Er hat verstanden. Etwas Besonderes. Etwas von Wichtigkeit.
»Gleich morgen werde ich für dich eine Audienz bei meinem Vater erwirken!«, verspricht er und legt mir freundschaftlich den Arm um die Schulter. »Heute aber gehörst du mir. Wir wollen gemeinsam trinken und es uns wohl sein lassen und die alte Verbundenheit wiederbeleben. Gewiss weißt du viel zu erzählen.«
»Oh ja, mein Prinz!«, sage ich lachend. »Vor allem darüber, wie man sich in einem Kerker fühlt, mit genau zwei Kerzenlängen am Tag, um zu schreiben.«
»Tatsächlich? Das ist ja furchtbar!«, erwidert er unschuldig.
Der Gedanke an das Verlies, in dem ich lag, lässt meine letzte Begegnung mit Valada so qualvoll in mir aufsteigen, dass mir eine Idee kommt.
»Schickt wohl Eure Kanzlei in den nächsten Tagen Taubenpost nach Cordoba?«, frage ich.
»Eigentlich geschieht das beinah jeden Tag. Man muss untereinander auf dem Laufenden sein.« Es klingt schon sehr nach künftigem Regierungschef.
»Ob mir wohl erlaubt ist, eine Botschaft an meine Herrin mitzusenden? Nur ein paar Verse? Eine Kapsel am Hals?«
»Wenn du sicher sein kannst, dass sie ihr zugestellt wird?«
»Gewiss«, entgegne ich grimmig. »Da bin ich mir ganz und gar sicher.«
»Dann komm mit mir!«, sagt der Prinz fröhlich. »Bei mir findest du alles, was du brauchst zum Schreiben, und während du deine Epistel verfasst, gebe ich Befehl, uns die Tafel zu bereiten. Heute Nacht bleibst du bei mir. Morgen werde ich dir eigene Räume anweisen lassen hier im Alcazar und Dienerschaft, die sich um dich kümmert. Sei willkommen als Gast der Banu Abbad!«
Es läuft nach Wunsch.
IM PALAST DES IBN ABDUS.
Zugegeben, das Bad des Hadjib ist prunkvoller als ihr eigenes. Das stellt Valada fest, halb spöttisch, halb anerkennend, als sie in den großen Hamam geführt wird, vorbei an den Becken aus milchweißem Marmor, aus
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