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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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Unredlichkeit!«
    »Damit sagt Ihr mir nichts Neues«, erwidere ich friedfertig. »Aber bestimmt habt Ihr jemanden Bestimmtes im Auge, verehrter Wakil.«
    Ibn Al Hatimi kaut und schluckt und nickt. Dann legt er seine Fingerspitzen gegeneinander und sieht mich darüber hinweg bedeutungsvoll an.
    »Wenn es nur einer wäre, ein Tajir, der Waren auf verbotene Weise ins Land holt! Aber es ist eine ganze Reihe von Fernhändlern, Herr.
    Ich bin darauf gekommen, weil in der letzten Zeit ein merkwürdiger Rückgang bei der Lieferung von Luxusgütern eingesetzt hat. Perlen und Edelsteine, Seidenstoffe und feines Papier, Gewürze aus dem Osten sind plötzlich Mangelware an meiner Börse. Aber noch sonderbarer hat mich berührt, dass auch die Zahl der Käufer für diese hochwertigen Waren, wie ich es beobachten kann, im Abnehmen begriffen ist.«
    »Eine höchst unangenehme Entwicklung!«, erwidere ich mit gerunzelten Brauen. (Die Einnahmen aus Zöllen und Gebühren sind schließlich beträchtlich.) »Ich hoffe, Ihr kommt nicht, um Stundung oder gar Aussetzung der Zahlungen zu erwirken, Verehrter. Nicht, dass es so weit kommt, und Ihr seid nicht mehr in der Lage, die betreffenden Summen an den Fiskus abzuführen . . .«
    Ich unterbreche mich bedeutungsvoll und sehe, Ibn Al Hatimi weiß eine Drohung als eine solche einzuschätzen. Er wird noch blasser, als er ohnehin ist. Seine Hand, mit der er nach der nächsten Süßigkeit greift, ist unsicher.
    »Ich habe Nachforschungen angestellt!«, betont er eifrig.
    »Zweifellos mit Erfolg!«, ermuntere ich ihn, und er nickt und kaut und schluckt.
    »Schmuggler sind am Werk!«, erklärt er bedeutungsvoll. »Eine Handvoll von Kaufleuten, die diesen ihren Ehrennamen durch ihre Taten in den Schmutz ziehen, haben, wenn man es so nennen will, einen geheimen Markt eröffnet. GanzeSchiffsladungen werden in Algeciras am Zoll vorbei an Land gebracht, auf Schleichwegen über Ronda, Moron und Carmona weitergeleitet und zu Preisen verkauft, die weit unter den von uns festgelegten liegen   – Kunststück, wenn keine Abgaben auf die Güter entrichtet werden.«
    Ibn Al Hatimi sieht mich so vorwurfsvoll an, als sei ich verantwortlich für diese empörenden Zustände, womit er ja indirekt Recht hat, denn die Zölle und Besteuerungen legt die Schatzkammer nach meinen Anweisungen fest.
    »Das sind also die Grundzüge der Sache«, sage ich. »Nun müsst Ihr mich über die Einzelheiten aufklären, die Ihr doch zweifellos auch erforscht habt. Die edlen Waren können ja wohl kaum an der Straßenecke verhökert werden. Da muss es so etwas wie einen neuen, eben einen geheimen Basar geben, da müssen Gewölbe und Lagerhallen angemietet werden, was, wenn ich unsere Gesetze recht kenne, für Ausländer nur über den Wakil, also über Euch, möglich ist.«
    Ich mache eine Pause.
    »Also?«, frage ich mit hochgezogenen Brauen. Und der Kerl macht auch eine Pause und sieht starr an mir vorbei. Jetzt dämmert es mir. Er will mir die Information verkaufen!
    Ich verkneife mir das Schmunzeln. Unverfroren und dumm zugleich.
    »Nehmt noch ein Stück Nougat!«, fordere ich ihn auf. Und während er zugreift, klatsche ich in die Hände. Einer meiner Sekretäre erscheint   – natürlich hat er, wie ich es ihm aufgetragen habe, hinter dem Vorhang gelauscht; Audienzen unter vier Augen pflege ich mit den entsprechend wichtigen Personen lieber im alten Palastgarten der az-Zahra abzuwickeln.
    »Ali«, sage ich freundlich, »der ehrenwerte Ibn Al Hatimi hat mich gerade vor die Wahl gestellt: Entweder ich rufe einen Schreiber und lasse protokollieren, was er mir anvertrauen will, oder ich übergebe ihn einem unserer Palasteunuchen, derihn für eine Weile . . . nun, in Gewahrsam nimmt. Natürlich müsste ich für die Zeit, bis er sich eines Besseren besonnen hat, einen anderen Wakil berufen, zum Beispiel . . .«
    Ich sehe grübelnd zur Decke und gebe somit dem Vertreter der Fernhändler Gelegenheit, zu reagieren.
    Er hat gerade mit seinem Mund voll Konfekt zu schaffen und nuschelt: »Den Schreiber!«
    »Wie bitte?« Ich lasse es mir nicht nehmen, die Hand ans Ohr zu halten.
    »Den Schreiber, bitte!« Er versucht ein verstörtes Lächeln. »Das war ein Missverständnis, erlauchter Hadjib, viele Jahre möge Allah Euch geben!«
    »Ein Missverständnis. Gut.«
    Der Schreiber ist schon zur Stelle, hockt sich neben mich, breitet seine Utensilien auf dem Brett vor sich aus, taucht das Schreibrohr ein.
    Dann fließen die Namen.
    Und als ich

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