Valadas versinkende Gaerten
erfahre, welcher Bürger Cordobas den Kopf hinhält und Hauptmieter für die Magazine ist, in denen die Schmuggelware lagert, muss ich mich sehr zurückhalten, mir nicht vor Vergnügen die Hände zu reiben.
Die Sterne scheinen günstig für mich zu stehen. Vielleicht (man wird sehen) in den Dingen der großen Politik, doch langsam, aber sicher, werden auch die Maschen meiner Netze bei den persönlichen Belangen dichter. Sogar der Zufall spielt mit und erlaubt mir, der unverschämten kleinen Favoritin einen Hieb zu versetzen. Und wie wir wissen, schmerzen die Hiebe, die man dem Hund versetzt, auch seinen Herren.
Ich bin dir ziemlich nah, Valada.
MUHDJA.
Mein Gewissen ist ein Tier, das niemals schläft.
Es quält mich mit scharfen Bissen Tag und Nacht. Aber wenn es darum geht, mich abzuhalten von dem, was ich verborgenvor den Augen meiner Prinzessin tue, dann scheint es seinen Kopf unter den Schweif zu stecken.
Und damit nicht genug: Einmal in der Woche mahnt es mich zudem, zum Haus meines Vaters zu gehen, drängt mich, schafft mir üble Stunden.
Kasim mag sein, wie er will, aber er ist nun einmal mein Vater. Als die Mutter noch lebte, hatten wir unbeschwerte Zeiten . . . Und für eine Tochter sollte es selbstverständlich sein, eingedenk der Toten für den Lebenden Sorge zu tragen.
So bin ich auch heute unterwegs ins Viertel der kleinen Händler, dunkel und unauffällig gekleidet, nur, um mich zu vergewissern, dass alles noch in diesem unverhofften und irgendwie beängstigenden Glückszustand verharrt, der meinem Vater vor kurzem zugestoßen ist wie dem Würfelspieler die immer wiederholte Sechs.
Zunächst gehe ich an unserem Verkaufsstand im Basar vorbei.
Er ist, wie ich weiß, inzwischen verpachtet. Kasim hat es nicht mehr nötig, Früchte zu verkaufen. Der junge Mann, der da jetzt zwischen Feigen, Datteln und Melonen steht, glutäugig, mit dem ersten Flaum der Reife auf den Wangen, erkennt mich trotz meines Gesichtsschleiers und begrüßt mich mit den Worten Valadas, die sie damals für mich dichtete und die in aller Munde waren: »Die Schöne trägt ein Mal im Angesicht, / gleich jenem Flecken, der des Mondes Licht / noch mehr hervorhebt . . .«
Er macht den Händlern an den anderen Ständen Zeichen, weist auf mich. Von überall, auch aus den Gewölben winkt man mir zu, pfeift, schnalzt anerkennend mit der Zunge.
Ich muss lachen.
»Wie gehen die Geschäfte?«, frage ich den Jungen, der an meinem ehemaligen Platz steht. Er breitet theatralisch die Arme, verdreht die Augen und beginnt in jener blumigen, heiter-überschwänglichen Ausdrucksweise, die man auf denBasaren beim Ausrufen der Ware hören kann: »Alles ist dahin, seit du und dein Liebreiz nicht mehr vorhanden sind! Der ganze Suk ist dunkel und öde ohne dich. Die herrlichen Halbkugeln deiner Brüste haben allen den Mund wässrig gemacht – nach dir und nach dem Obst, das du feilbotest! Ach, würdest du doch zurückkehren zu uns. Ich würde dir mein Herz und mein Heim zu Füßen legen!«
Mein Vater, so höre ich, hat sich hier seit Tagen nicht sehen lassen. Erst am Wochenende kommt er immer zur Abrechnung.
Die Bewunderung, die mir der Basar zollt, macht mich fröhlich. Hier komme ich her, und es erhöht mein Ansehen, dass ich bei der von allen geliebten Prinzessin ein- und ausgehen darf wie ihresgleichen.
Beschwingten Schritts biege ich dann in das Gewirr enger Gassen ein, wo unser bescheidenes Haus liegt wie eine Erbse mit anderen Erbsen in der Schote, eng an eng.
Es ist kühl hier im Schatten der Häuser, deren Balkone mit den holzgeschnitzten Fenstergittern oft so weit vorspringen, dass man wie durch einen Tunnel geht.
Meine Gedanken sind hier und da, nur nicht bei meinen Füßen, die über vertraute Unebenheiten hingehen, wie sie es seit meinen Kindertagen gewohnt sind. Und dann stolpere ich. Einige zersplitterte Bretter liegen quer über dem Weg; ihr verwitterter, dunkelgrüner Anstrich kommt mir vertraut vor.
Es sind Bretter unserer Eingangstür.
Ich bleibe stehen, und der Atem bleibt mir weg, und so verharre ich, bis ich mich selbst dazu überreden kann, den Fuß zu heben und über die Bretter zu steigen.
Unsere Tür, oder vielmehr das, was von ihr noch vorhanden ist, hängt schief in den Angeln.
Berber? Was sollte sie hierher führen, zu einem ärmlichen, bedeutungslosen Haus inmitten des Händlerviertels? Oderhat es . . . mit mir zu tun? Bin ich, die Gespielin der Valada, das unzüchtige Weib, Grund dieser
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