Valentina 3 - Geheimnisvolle Verführung: Roman (German Edition)
in die Disco gegangen …« Sie zögert und grinst Tina verschmitzt an. »Und sie behauptet, dass sie außerdem besseren Sex hätten als wir.«
Tina hebt erstaunt die Brauen.
»Tatsächlich? Ich hätte gedacht, dass ein solcher Staat gegen den liberalen Umgang mit Sex ist. Irgendwie passt das nicht zu den kommunistischen Idealen.«
»Ich glaube, offiziell ist das auch so. Aber Sabine meint, da sie nicht so unter Druck stünden, Geld zu verdienen oder eine tolle Karriere hinzulegen, hätten sie mehr Zeit, zu flirten, zu träumen und sich zu verlieben.«
»Ja, aber ich kann mir vorstellen, wenn man von der Norm abweicht, wenn man zum Beispiel schwul ist, wird man nicht so einfach toleriert.«
»Vermutlich, aber Schwule werden überall auf der Welt verfolgt, oder? Sabine meint, dass selbst Sachen, die man vielleicht für negativ hält, wie Essensknappheit oder Stromausfall, die Romantik erhöhen. Ihren ersten Freund hat sie zum Beispiel in einer Essensschlange kennengelernt.«
»Wie romantisch!«, bemerkt Tina mit einem bitteren Lächeln. Das entspricht ganz sicher nicht ihrer Vorstellung von Romantik.
»Weißt du, was man hier sagt?« Lottie zwinkert ihr zu. »Dass Männer aus dem Osten größere Schwänze haben als die aus dem Westen!« Lottie kichert. Jetzt wirkt sie, trotz all der Schminke in ihrem Gesicht, sehr jung.
»Woher wollen sie das wissen?«, fragt Tina.
»Das darf ich nicht verraten.« Lottie zwinkert ihr erneut zu.
Der Wohnblock, in dem Lotties Cousine Sabine wohnt, ist makellos sauber. Keine Graffiti, keine Spuren von Vandalismus, völlig identische Gebäudeblöcke. Sie sehen aus wie eine futuristische Vision von Utopia aus den Sechzigern. Als würden hier keine richtigen Menschen leben, sondern als sei alles nur eine Filmkulisse. Lottie betritt den zweiten Block, und während sie mit dem Aufzug nach oben fahren, erklärt sie Tina, dass die Wohnung eigentlich Sabines Freund Rudolf gehört. Offenbar hat er einen ziemlich guten Posten, was für einen, erwähnt Lottie nicht.
»Hier ist es überall so sauber«, wundert sich Tina. Das Haus kommt ihr beinahe steril vor, es ist ihr nicht geheuer.
»Besser kann man kaum wohnen«, sagt Lottie und senkt erneut die Stimme. »Er hat einen sehr wichtigen Posten«, wiederholt sie und sieht Tina bedeutungsvoll an. »Er ist ein guter Sozialist und findet es nicht gut, wenn Sabine sich mit mir trifft. Deshalb komme ich tagsüber her. Er meint, ich würde ihr kapitalistische Flausen in den Kopf setzen.«
Sabine ist ebenso hübsch wie Lottie, doch ihre Kleidung könnte kaum unterschiedlicher sein. Sabine trägt eine schlichte weiße Bluse und einen braunen ausgestellten Rock.
»Oje, du siehst vielleicht spießig aus!«, ruft Lottie, kaum dass sie ihre Cousine erblickt.
»Die Arbeit.« Sabine verzieht das Gesicht und bittet sie in die Wohnung. Genau wie außen ist es auch hier drinnen makellos sauber, doch die Einrichtung wirkt irgendwie gesichtslos.
»Das ist Tina Rosselli«, stellt Lottie sie vor und wirft ihre Tasche auf den Couchtisch. »Sie ist eine bekannte Modefotografin aus Italien und ist wegen des Konzerts heute Abend mitgekommen.«
»Du bist aus Italien?«, wendet sich Sabine an Tina, ihre Augen funkeln vor Aufregung. »Und du bist Fotografin?«
»Ja«, bestätigt Tina und holt wie zum Beweis ihre Kamera aus der Tasche.
Sabine greift vorsichtig nach der Kamera, als sei sie ein kostbares Juwel, und betrachtet sie eingehend.
»Ich wünschte, ich könnte so einen Fotoapparat haben«, seufzt sie.
»Er ist schon alt«, meint Tina, »ich habe ihn seit meinen Anfängen.«
Sabine gibt ihr die Kamera wieder.
»Es tut mir leid, ich muss jetzt zurück ins Büro«, sagt sie mit einem Blick auf ihre Armbanduhr. »Rudolf wäre wütend, wenn er wüsste, dass ich zu spät zur Arbeit komme.«
»Dann komm.« Lottie fasst Sabine am Arm. »Ich will dich nicht in Schwierigkeiten bringen.«
»Was machst du?«, erkundigt sich Tina bei Sabine.
»Ich arbeite in der Poststelle im Staatsministerium für Kultur. So habe ich von dem Cellisten Karel Slavik erfahren.«
»Eure Regierung hat Glück, dass er ein bekennender Sozialist ist, sonst hätte ihn euch der Westen sicher schon weggeschnappt«, meint Lottie.
»Sch«, zischt Sabine alarmiert. »Redet nicht über solche Sachen. Nicht hier drin .«
»Willst du etwa sagen, dass Rudolfs Wohnung abgehört wird? Doch nicht einer wie er?«
Sabine errötet.
»Man kann nie wissen«, flüstert sie.
»Hört die Stasi
Weitere Kostenlose Bücher