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Valentine

Valentine

Titel: Valentine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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ihre Beine hindurch und spaltete die Stufen entzwei. Aliénor und Chantal schrien erschrocken auf.
    »Keine Sorge. Der Turm ist so stabil, der hält sogar ein Erdbeben der Stärke 6 auf der Richterskala aus«, versicherte Frédéric und eilte unbeirrt von all dem weiter die Stufen hinunter, wobei er Chantal mit stützender Hand hinter sich herzog.
    Und wenn sich die Experten irren, die den Dom als relativ erdbebensicher einstufen? Wer will das schon so genau wissen?, zweifelte Valentine.
    »Weiter«, drängelte Maurice.
    Mehr rutschend als gehend schlitterten sie die Treppe hinunter und stießen sich an den Wänden. Einzig Chantal, dank Frédérics Hilfe, und Aliénor, die ihre Flügel zu Hilfe nahm, kamen unbeschadet unten an. Endlich hatten sie es geschafft. Diesmal nahmen sie den kürzeren und bequemeren Weg durch das Kirchenschiff und rannten durch einen Seiteneingang hinaus.
    Der Platz um den Dom war mit Bruchstücken des gotischen Maßwerks übersät, das von den Türmen, dem Dach und der Fassade herabgestürzt war. Ein Trümmerfeld ohnegleichen. Sirenengeheul erfüllte die Luft , und Menschen liefen in Panik schreiend hin und her.
    Es gab keine Zweifel. Die Erfüllung der Prophezeiung rückte in immer schnellerem Tempo näher. Hand in Hand machten sie sich hastend auf den Weg zum Auto, das Maurice in einem Parkhaus abgestellt hatte. Mit festem Griff, als könne er sie sonst verlieren, nahm er Valentines Hand in seine , und sie erwiderte den Druck seiner eiskalten Finger. Obwohl auch er nicht aufzuhalten vermochte, was geschehen würde, war ihre Erleichterung groß, ihn in ihrer Nähe zu wissen. Es war, als ströme seine Liebe direkt von seiner Hand in ihren Körper und brachte ihn zum Schwingen. Die alles andere als sinnliche Stimmung verhinderte keineswegs das Sehnen, das seit dem Wiedersehen in ihren Adern brannte. Und wenn sie ihren Bruder anschaute, wusste sie, es erging ihm nicht anders.

Kapitel 29
     
    Endlich waren sie allein. Ruhig war es dennoch nicht. Als wäre der Sturm in ihren Ohren mitgereist, so sehr dröhnte es in ihrem Kopf, bis Valentine erkannte, dass ihr eigenes Blut einen solchen Lärm verursachte. Die letzten Stunden hatten sie mehr mitgenommen, als sie sich bis eben eingestehen wollte. Nur langsam kam ihr Innerstes zur Ruhe , und die Geräusche legten sich.
    Im Auto war der dämonische Sturm, der über Köln und dem gesamten Umland tobte, das Hauptgesprächsthema gewesen. Sie hatten schreien müssen, um sich zu verständigen. Selbst als sie dem Einflussbereich des Sturms entronnen waren, redeten sie immer noch viel zu laut miteinander – bis Frédéric plötzlich »Schschscht« machte und alle erstaunt aufhorchten.
    Maurice bedauerte, seine Mutter zurückzulassen. Sie hatte hartnäckig darauf bestanden, in ihr Haus gefahren zu werden. Eine Reihe verschiedener Behördengänge stand an, um Geoffreys Tod offiziell zu machen, Rechnungen waren zu bezahlen, sein e Kont en aufzulösen , Versicherungen zu kündigen, das Haus auf ihren Namen umzuschreiben. Das würde einige Zeit beanspruchen und ihr helfen, den Tatsachen ins Auge zu sehen, hatte sie erklärt. Valentine bewunderte diese Frau, deren Leben vollkommen auf den Kopf gestellt war und die dennoch  alles in allem recht gefasst wirkte. Beinahe so, als fiele trotz der Trauer eine große Last von ihren Schultern.
    Es hatte nichts genützt, dass Maurice darauf drang, bei seiner Mutter zu bleiben , um ihr in allen Belangen beizustehen. Obwohl Aliénor, Valentine und Frédéric dies ebenfalls für sinnvoll hielten, schickte sie ihn fort. Angesichts der Bedrohung durch die Erfüllung der Prophezeiung sei die Anwesenheit ihres Sohnes woanders dringender vonnöten.
    Im Grunde genommen wollte sie wohl einfach keine Hilfe. Maurice selbst sagte, er erkenne seine Mutter kaum wieder. Sie sei in der kurzen Zeit seit ihrem Fortgehen gereift und freier, vermutlich hätte sie also recht. Im Übrigen müsse sie einige Zeit allein sein, um alles zu verarbeiten, erklärte Chantal abschließend. Um mit sich selbst ins Reine zu kommen ; und dann, wenn sie es für richtig halte, würde sie nach Brocéliande zurückfahren.
    So waren sie ohne Chantal abgereist. Auf der Fahrt aus der Stadt war die eine oder andere Straße unpassierbar gewesen, jedoch nur selten waren umgestürzte Bäume der Grund . In den meisten Fällen zwang sie eine Erdspalte , quer über die Straße umzukehren und einen Umweg zu fahren.
    Auf halber Strecke nach Hause kehrten sie in einem

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