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Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Titel: Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fitten
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Feuerstellen zu reparieren und zu fegen, würde er als einziger Schornsteinfeger sogar ein hübsches Vermögen verdienen. Zumindest hätte er dann einen bequemenRuhestand. Alles, was ihm zur Erfüllung seines Traumes fehlte, war eine betuchte Frau.
    Der Schornsteinfeger kratzte sich am Kopf und grinste spöttisch. Es war kinderleicht und für ihn ein perfektes Ende. Wie von einer Klippe zu fallen und in einem Butterfass zu landen. Er würde sofort Jagd auf diese besondere Landjungfer machen.
    »Zivatar.« Er schaute nach oben. »Heute ist ein wolkenloser Tag.«
***
     
    Vor Ibolyas Kneipe lehnte er sein Fahrrad an einen Baum. Da er mit niemandem reden, sich nicht rechtfertigen und nicht angefasst werden wollte, schlich er sich unauffällig hinein. In einer Ecke fand er einen Tisch, der aussah, als sei er aus einer alten Tür gezimmert. Er setzte sich auf ein kleines Fass, das als Hocker diente. Auf dem Fass lag ein Kissen, das jedoch zerrissen war. Er zupfte an der Kissenfüllung und wartete auf die Bedienung. Als ihm klar wurde, dass niemand kommen würde, stand er auf, ging zum Tresen und bestellte mehrere Biere. Er hatte gehofft, die Schankwirtin würde nichts sagen, und so war es auch. Sie sah ihn kaum an. Sie war mit ihren Stammgästen beschäftigt und leitete eine Diskussion, die nur für Einheimische interessant war. Die Bauern wirkten ziemlich aufgeregt. Der Schornsteinfeger hörte nur mit halbem Ohr zu, verstand aber, dass es im Dorf Theater gegeben hatte – einen Liebesskandal. Anscheinend schimpften sie auf jemanden. Dem Schornsteinfeger fiel auf, dass die Schankwirtin am lautesten schimpfte.
    Er trug die drei Flaschen Bier selbst zu seinem Tisch und trank die ersten zwei schnell und die dritte bedächtig. Er konnte sehen, dass die meisten Männer in der Kneipe Bauern waren, auch wenn er nicht wusste, warum sie nicht aufihren Feldern arbeiteten. Er erinnerte sich, dass es ein besonders kalter Winter gewesen war. Im Frühling hatte es bisher kaum geregnet. Die Flüsse und Kanäle führten wenig Wasser. Bestimmt war die Bewässerung ein Problem. Sonnenblumen – der Schornsteinfeger stellte sich vor, dass es Sonnenblumen waren – brauchten feuchten Boden. Sie saugten die Nährstoffe direkt aus der Erde. Er kannte die Geschichte, hatte sie schon tausendmal gehört, und zwar immer wenn die Leute ihm die Schultern rieben und bettelten. Die armen Bauern hatten wahrscheinlich alles versetzt, um zusätzliches Saatgut zu kaufen, und gehofft, aus einem Teil ihrer Ernte Öl zu pressen, einen Teil an die Lebensmittelfirmen zu verkaufen und den Rest behalten zu können, um nächstes Jahr Setzlinge zu ziehen. Weil es aber zu warm war, waren die Sonnenblumen vertrocknet. Die Banken oder Kredithaie oder von wem auch immer sie sich Geld geliehen hatten, verfolgten sie, jagten sie von ihren Höfen, schlugen sie mit Stöcken oder versteigerten ihr Land. In jedem zweiten abgelegenen Dorf war es dieselbe Geschichte, dachte der Schornsteinfeger. Die kleinen Landwirte verloren ihr letztes Hemd an die größeren Unternehmen. Er verstand nur nicht, warum keiner daraus lernte.
    Er betrachtete einen Mann, der zusammengesunken am Nebentisch saß und schmutzige Fingernägel hatte – daran erkannte man jemanden, der ein paar schäbige Münzen aus dem Dreck kratzte. Vermutlich, weil der Schornsteinfeger Geld in der Tasche hatte oder sich vorstellte, dass diese Leute bald seine Nachbarn sein würden, reichte er dem Mann seine Flasche Bier – etwas, was er nicht oft tat.
    »Eure Felder sind alle vertrocknet, was?«, fragte er und versuchte, mitfühlend zu klingen.
    Der Rothaarige namens Ferenc blickte auf. Seine Augen tränten und seine Nase war rot und geschwollen. Er nahm das Bier und tat einen kräftigen Schluck. Er wischtesich den Mund mit dem Handrücken und schüttelte den Kopf.
    »Danke. Ich hatte Durst.«
    »Macht Euch keine Gedanken, mein Freund«, sagte der Schornsteinfeger. »Alles wird gut. Verkauft und zieht weiter, das ist mein Rat. Ich habe einen Bauern gekannt, der alles verloren hatte, dann nach Sekesfehervaros ging und einen reichen Deutschen traf. Heute geht es ihm gut, er füllt alkoholfreie Getränke in Flaschen ab und macht einen Riesengewinn mit Orangenlimonade. Es kann nur besser werden.«
    Der Mann sah ihn an und schüttelte den Kopf.
    »Entschuldigen Sie, aber wovon reden Sie?«
    Der Schornsteinfeger war verblüfft und sah den Mann stirnrunzelnd an.
    »Von Ihrem Feld. Das macht Ihnen doch Kummer,

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