Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)
versuchte, nicht zu reagieren, aber ihre Wut war stär ker . Sie ertrug nicht, dass ein Mann, dem sie zuerst begegnet war, sich bei der erstbesten Gelegenheit Valeria in die Arme warf. Als sie so dastand und mit dem Schornsteinfeger redete, beschloss sie, dem Töpfer gegenüberzutreten. Wenn ein Kretin wie der Schornsteinfeger diese Dinge wahrnahm – Feinsinnigkeiten, soweit sie verstand –, dann stand es um sie und den Töpfer vielleicht doch nicht so gut.
Der Schornsteinfeger fing an zu murmeln. Dem Wenigen, was Ibolya verstehen konnte, entnahm sie nach und nach, dass er versuchte, seine Gefühle für Valeria zu erklä ren und darzulegen, warum er ihr gegenüber anders empfand. Er versuchte zu erklären, dass er sich verändert hatte.
»Oh, verschon mich!«, unterbrach sie ihn. »Mein Gott, was hat sie denn da unten – Zuckerwatte? Sie ist mindestens sechs Jahre älter als du. Sie ist praktisch mit einem Bein im Grab.«
»Valeria ist anders als alle Frauen, die ich bezahlt, betrunken gemacht oder um ihre Gesellschaft gebeten habe«, sagte der Schornsteinfeger bloß.
Er saß mit nachdenklicher Miene da und starrte auf den Bodensatz seiner Bierflasche. Ibolya konnte sich nicht län ger beherrschen. Ihre Nasenflügel waren aufgebläht und sie begann, tief Luft zu holen. Der Schornsteinfeger merkte nichts von ihrer Wut. Doch die anderen Männer in der Kneipe konnten sehen, wie ihr – frisch gefärbtes, dauergewelltes, hochgekämmtes – Haar zornig aufflammte. Es war wie eine dieser Flammen, die unerwartet aus einer Feuergrube hervorschießen. Die während einer Dürre hervorbrechen und einen verirrten Zweig zu fassen bekommen. Sie wichen vom Tresen zurück.
»Erzähl es mir ganz genau, ja!«, schrie sie und warf ihmeine schwere braune Bierflasche an den Kopf. Hinterher dachte sie, dass sie das besser gelassen hätte. Sie entsann sich später, dass das der Auslöser für ihn gewesen war. Die Flasche streifte seine Stirn nur, aber er fiel hin und die Männer ringsum lachten. Sie lehnte sich über den Tresen und schrie ihm zu: »Hat ihr Liebhaber vorbeigeschaut, als du ihr gerade den Hintern gekitzelt hast?«
Der Schornsteinfeger nahm Haltung an. Die anderen Männer, die eben noch gelacht hatten, hielten inne und schürzten die Lippen. Sogar die kleine Zsofi Toth streckte den Kopf aus der Toilette, verhielt sich jedoch mäuschen still .
»Was sagst du da?«, knurrte der Schornsteinfeger. Er stand auf und lehnte sich zu ihr vor, bis sein Gesicht nah an ihrem war. »Was sagst du da?« Nur noch sein Knurren war in der Kneipe zu hören. Die Frage hing wie eine Schlinge in der Luft. Die Männer spürten die Gewalttätigkeit dahinter. Zsofi fasste sich an die Kehle. »Was sagst du da?«, fragte der Schornsteinfeger zum dritten Mal und packte Ibolya am Kinn.
»Ha!«, lachte Ibolya. Auch sie spürte die Gewalt, betrachtete sie aber als Herausforderung. Sie schlug seine Hand weg und starrte ihn wütend an. »Sie hat dich bestimmt hinters Licht geführt. Der Töpfer ist nun mal auch ihr Liebhaber. Wenn du sie jetzt besuchst, sitzt sie vermutlich gerade auf seinem Schoß. Er war eben erst aus ihrem Bett aufgestanden und ein paar Tage später kamst du. Ich frag mich, ob sie überhaupt Zeit hatte, das Bett neu zu überziehen.«
»Wir haben das Bett nie benutzt«, schoss der Schornsteinfeger zurück. »Ist mir zu spießig. Wenn du’s unbedingt wissen willst – wir haben es wie die Schweine in der Küche getrieben. Welchen Töpfer meinst du?«
Klein Zsofi stöhnte und schüttelte den Kopf, doch Ibolya beachtete sie nicht.
»Den Töpfer, der so verliebt in sie ist«, sagte Ibolya zu ihrer eigenen Überraschung. »Den Töpfer, in den sie so verliebt ist. Der, der ihr diesen albernen Krug gemacht hat. Der, der beim Bahnhof weiß der Himmel an was werkelt, der mich nicht besuchen kommt, nicht bei mir ist und mich nicht mal anruft, und all das nur, weil sein Schatz Valeria ihn gebeten hat, ihr irgendein dummes Geschenk für ihre Fensterbank zu machen.«
Der Schornsteinfeger schüttelte den Kopf. Er sah erschöpft aus. Ibolya grinste.
»Ach, wusstest du gar nichts davon? Wie furchtbar für dich. Anscheinend, du dreckiger kleiner Mann, anscheinend hat der Töpfer irgendein Feuer in ihr entfacht, und du warst zufällig das erste Stück Fleisch, das ihrem ausgehungerten Leib über den Weg lief. Es ist schon komisch. Eigentlich ein Rollentausch. Du kamst gerade richtig. Sie hat deinen verrußten kleinen Schwanz benutzt. Ich
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