Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)
erstickt. Vor allem Valeria hätte er die Gurgel zugedrückt. Er war überzeugt, dass alles ihre Schuld war. Er trat auf sie zu und fragte sie direkt:
»Stimmt es, dass du einen Liebhaber hast? Bist du in den Töpfer verliebt?«
Valeria sah überrascht aus. Sie blickte die Straße hinauf und hinunter. Dann sagte sie stirnrunzelnd zu ihm:
»Mein Lieber, eine Woche Bett ist ja ganz schön, aber das macht dich noch lange nicht zu meinem Ehemann. Willst du nicht reinkommen? Dann können wir drüber reden.«
Die Augenlider des Schornsteinfegers zuckten. Er stotterte kurz.
»Was? Wie kannst du so reden? So redet sonst nur Ibolya. Versteh ich nicht.«
Valeria stieß einen Seufzer aus. Einen langen, geräusch vollen Seufzer – als risse ihr gleich der Geduldsfaden.
»Hör auf, wie ein Bauer zu denken«, sagte sie. »Ich gehö re dir nicht.«
Das machte es noch schlimmer. Der Schornsteinfeger schüttelte ununterbrochen den Kopf. Noch nie war er in einer solchen Lage gewesen. Normalerweise war er derjenige, der versuchte, sich von einer weinenden Frau zu befreien. Er trat näher.
»Warum ist dir das überhaupt wichtig? Du bist ein Schornsteinfeger, der nicht hier wohnt. Du bist nur auf der Durchreise. Ich hab gedacht, du machst so was dauernd.«
Der Schornsteinfeger witterte eine Chance. Gab sie ihm die vielleicht? Wollte sie angehimmelt werden? Die Hoffnung zog die Augenbraue hoch.
»Ich hab dran gedacht, vielleicht hierzubleiben.«
Valeria lachte und machte seine Hoffnung wieder zunichte.
»Nein, nein, das genügt leider nicht«, sagte Valeria kopfschüttelnd. Sie lachte immer noch. »Das genügt ganz und gar nicht.«
Stimmt, verdammt noch mal, es genügt nicht. Er kam noch einen bedrohlichen Schritt näher. Er nahm die Mütze ab und drehte sie zusammen.
»Lach mich nicht aus«, brummte er. Valeria blieb stumm.
»Wer ist er überhaupt? Dieser Dummkopf in seiner Werkstatt. Der Alte mit dem Schnurrbart und dem kleinen Lehrling. Magst du ihn lieber als mich? Wir hatten doch was zusammen.«
»Dein Ton gefällt mir nicht«, sagte sie. »Wir sollten reingehen und Tee trinken. Das ist wirklich besser, als auf der Straße herumzuschreien.«
Sie ging zurück ins Haus und der Schornsteinfeger ging hinter ihr her.
Als sich die Tür hinter ihnen schloss, packte der Schornsteinfeger sie, zog sie an sich und küsste sie auf den Hals.
»Hör auf, mich anzusabbern«, sagte sie.
Der Schornsteinfeger griff in ihren Bademantel und befummelte ihre Brüste.
»Bitte, Valeria. Bitte.«
Valeria musste unwillkürlich lachen. »Was für ein Tag!«, kicherte sie. »Nein, hör sofort damit auf.«
Der Schornsteinfeger ließ die Hände sinken. Er folgte ihr in die Küche.
Sie holte zwei Teetassen.
»Ich will keinen verdammten Tee. Ich hasse Tee.«
»Also ich brauch einen Tee.«
»Wer ist dieser Mann? Dieser Töpfer?«
»Wir wollen heiraten.«
»Was? Was meinst du damit? Warum hast du mir das nicht gesagt?«
»Ich weiß es selber erst seit kurzem. Er hat mir gerade einen Heiratsantrag gemacht.«
***
»Hör zu, du bist nicht der Mann, der mir vorschwebt«, sagte sie so schonend wie möglich. Doch sein Gesichtsausdruck zeigte ihr, dass er verletzt war, so als wäre sie ihm auf die Zehen getreten.
Der Schornsteinfeger erspähte die Vasen auf dem Tisch. Er nahm sie in die Hand und hob sie hoch. Sie fühlten sich wie Brüste an. Er betrachtete sie eingehender. Ihm däm merte , dass es Valerias Brüste waren. Ekel befiel ihn. Ihm hob sich der Magen. Er schleuderte die Vasen auf den Boden, wo sie in Stücke brachen.
»Wertloser Plunder«, sagte er.
Valeria war wie betäubt. Sie nahm den heißen Kessel und hielt ihn bedrohlich vor sich.
»Raus hier!«, schrie sie.
Der Schornsteinfeger rannte hinaus. Sie warf ihm einen Becher hinterher, aber er hatte die Tür bereits zugeknallt.
***
Valeria kehrte die Scherben zusammen. Es tat ihr leid um die Vasen und auch um den Töpfer, der enttäuscht sein würde, wenn er zurückkam. Was für einen dummen Fehler hatte sie da gemacht, dachte sie bei sich. Dass sie sich mit dem Schornsteinfeger eingelassen hatte, war das nicht wert. Valeria seufzte. Ihr wurde klar, dass sie mehr Vertrauen hätte haben sollen.
»Aber wie soll man das im Voraus wissen?«, sagte sie zu sich.
Sie warf die Keramikscherben in den Müll und setzte sich an den Küchentisch. Sie schaute zu den schwarzen Tellern hinauf, die an der Küchenwand hingen. Sie betrachtete den gekitteten Krug. Sie lächelte.
»Er
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