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Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Titel: Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fitten
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reinkommt, stimmt’s?«, fragte Ibolya das junge Mäd chen schließlich. Sie hatte beschlossen, ihr gegenüber die nachsichtige Tante – nein, die große Schwester – zu spielen. »Schaust du deshalb immer mit weit aufgerissenen Augen zum Eingang? Wartest du auf ihn, wenn die Tür aufgeht?«
    Zsofi nickte und schaute zu dem Loch in der Wand hinüber.
    »Ich liebe ihn, aber er ist kein sehr heller Kopf«, sagte sie. »Ganz und gar nicht.«
    »Das ist keiner hier, Schätzchen. Auch ich warte auf einen Töpfer«, sagte Ibolya lachend. »Er hat mich überglücklich gemacht, mein Zicklein. Er war ein wunderbarer Liebhaber. So zärtlich. Ah, wie er mich gestreichelt hat. Ist sein Lehrling genauso? Ich schwör dir, wenn ich jünger wäre und so einen Mann getroffen hätte, würde ich dem Eingang auch schöne Augen machen. Du kannst von Glück sagen, dass du so früh im Leben so einen gefunden hast. Mein Mann war ein schrecklicher Liebhaber. Ein Affe hätte es besser gekonnt. Ein bisschen Gegrunze und dann ab ins Bett. Ich hät te ihn nie heiraten sollen. Er war ein schrecklicher Mann. Schrecklich. Wenn ich es recht bedenke, hatte er rein gar nichts Gewinnendes an sich. Er besaß eine Kneipe, das war alles. Mehr hatte er nicht. Ich war arm, weißt du. SeinenLebensunterhalt so zu verdienen, erschien mir gut. Aber wusstest du, dass ich mir schon sehr früh Liebhaber suchen musste? Als Mädchen muss man sich vergnügen, wann man kann. Man braucht sich deshalb nicht zu schämen.«
    Zsofi veränderte die Position und blickte in der Kneipe umher. »Tut mir leid«, sagte sie. Sie hoffte, dass niemand der älteren Frau zugehört hatte. »Wovon reden Sie?«
    »Da unten, weißt du«, sagte Ibolya noch lauter. Ein paar Männer blickten auf. Sie sah sie scharf an, bis sie wegschauten, zog Zsofi hinter den Tresen und flüsterte: »Weißt du, wenn du mit ihm geschlafen hast«, fuhr sie fort, »ist das in Ordnung. Du kannst es mir sagen. Nur keine falsche Schüchternheit. Der alte Töpfer ist ein geiler Bock, doch, im Ernst. Ich weiß, dass das schwer zu glauben ist. Er wirkt so distinguiert mit seinem prächtigen Haar und dem Schnurrbart. Wenn man ihn sieht, würde man nie draufkommen, aber mit seinen Fingern hat er Sachen gemacht, die mich fast zum Wahnsinn getrieben haben. Tut sein Lehrling das auch, wenn ihr euch liebt?«
    Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    »Einmal haben wir uns sogar an die Töpferscheibe gelehnt und es da getrieben«, erinnerte sich Ibolya lachend. »Dieser Spinner!«
    Das junge Mädchen wurde rot und ging weg. Ibolya dachte, es sei ihr peinlich, darüber zu reden. Die heutige Jugend, dachte Ibolya. Wieso sollte man sich genieren?
    »Ich versteh dich, Schätzchen«, rief Ibolya ihr nach. »Auch wenn man eigentlich ruhig drüber reden kann. Es wird dir guttun, das versprech ich dir.«
    Um eine Beschäftigung zu haben, machte Zsofi die Tische sauber. Zu ihrem Glück kam der Schornsteinfeger und lächelte über das ganze Gesicht. Er musste einfach lächeln. Er sah Zsofi und schlich sich seitlich an sie heran, währendsie sich über den Tisch beugte und ihn abwischte. Er zog drei Tausendforintscheine aus der Brusttasche seiner Lederjacke, schlang den Arm um ihre Taille und küsste sie auf die Wange. Dann gab er ihr das Geld in die Hand.
    »Für die schönste Jungfer im ganzen Dorf«, sagte er und zog sogar seine Mütze vor ihr. Zsofi dankte ihm und steckte das Geld in ihre Schürze. Dann wischte sie weiter den Tisch ab.
    Ibolya merkte, wie frostig die Männer wurden, als der Schornsteinfeger hereinkam. Sie konnte nicht sehen, wie er auf sie reagierte. Normalerweise wirkte er gleichgültig. Er hatte zweihunderttausend Forint bei sich. Am Abend zuvor hatte er sie ihr gezeigt.
    »Mehr Geld, als ich je besessen hab«, hatte er gesagt.
    Er begann, tatsächlich an die Möglichkeit zu glauben, dass er Glück hatte. Ibolya fiel auch auf, dass er seine Arbeit beinah ernst zu nehmen begann. Sie riet ihm jedoch, in der Nähe des Tresens zu bleiben. Nur für eine Weile.
    »Aber ich kann es jetzt spüren«, erwiderte er. »Ich spür, wie das Glück durch meine Adern jagt. Spüren Sie’s auch? Alle könnten mich jetzt anfassen und hätten was davon.«
    Er benahm sich völlig anders als zuvor. Er war freundlich und witzig. Er versuchte, sich mit den anderen anzufreunden. Selbst die streunenden Hunde streichelte er.
    »Verachtung«, erinnerte sie ihn. »Sie werden nicht geliebt, wenn Sie die

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