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Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Titel: Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fitten
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frag mich, wie viel Glück das garantiert?«
    Ibolya lachte – den Kopf weit zurückgelegt, mit offenem Mund. Sie zeigte auf ihn.
    »Dein Leben ändern«, kicherte sie, »und die letzte Chance? Das hast du wirklich geglaubt? Du hast doch überhaupt keine Chance gehabt. Du bist derselbe erbärmliche Wicht wie zuvor. Und der wirst du bis an dein Lebensende bleiben.«
    Schlimmer hätte sie ihn nicht beleidigen können, das wusste sie. Er wurde bleich. Er schüttelte den Kopf und wollte gehen. Sie lachte ihn aus.
    »Wo ist er? In seiner Werkstatt auf dem Berg oben? Ich hab ihn gesehen!«
    »Ja, in seiner Werkstatt. Frag ihn nach ihr. Dann weißt du’s.«
***
     
    Der Schornsteinfeger bebte. Er verließ die Kneipe und ging den Hügel hinauf. Ein Schwall von Gefühlen fegte durch ihn hindurch. Er spürte, dass sein Herz schneller schlug. Seine Haut spannte. Er dachte an sein Leben, das von Anfang an eine Falle gewesen war. Er war gefangen in sich selbst. Valeria war nicht die, die er sich erhofft hatte. Es gab über haupt keine Hoffnung. Keine Hoffnung, gar keine. Als er zur Töpferwerkstatt kam, war er schon wieder ein anderer. Er war zum Gespött geworden. Er war eifersüchtig. Er war ein geschlagener Mann. Er schlug mit der Faust an die Tür. Keiner machte auf. Er lugte durch ein Fenster, dann warf er einen Stein durch die Fensterscheibe und wartete, aber die Tür blieb verschlossen. Weil ihm nichts anderes einfiel, urinierte er auf die Fußmatte. Dann ging er zurück zur Kneipe und betrat sie gleich nach dem Töpferlehrling.
    »Er ist nicht da«, verkündete der Schornsteinfeger. »Er ist nicht in seiner Werkstatt.«
    Ibolya deutete mit dem Kinn auf den Lehrling. »Frag ihn, wo der Töpfer ist. Das ist sein Lehrling. Noch so ein hilfloser Casanova. Schäm dich«, sagte sie zu dem Lehrling. »Die unschuldige kleine Zsofi so hinzuhalten. Du bist pervers.«
    Der Lehrling war nach dem Gespräch mit dem Töpfer nach Hause gegangen und hatte seiner Familie von dem Angebot erzählt. Sie stritten miteinander, doch der Lehrling erklärte, er würde ausziehen und Zsofi Toth einen Heiratsantrag machen. Er hatte ihr Blumen aus dem Garten seiner Mutter mitgebracht. Er trug ein modisches Hemd, das ihm ein Cousin aus London geschickt hatte. Er war so auf sein Vorhaben konzentriert, dass er weder Ibolyas Wut bemerkte noch den Schornsteinfeger, der hinter ihm stand, oder die anderen Gäste am Tresen, die ihn spöttisch anstarrten. Er sah Ibolya an und wandte den Kopf dann zu Zsofi.
    »Zsofi Toth!«
    Zsofi bediente ein paar junge Männer, die um einen Tisch saßen. Sie hatten zusammen gelacht. Sie bemerkte die Blumen und ging auf ihn zu. »Ja?«
    Er streckte die Hand aus.
    »Ich war schrecklich zu dir.«
    Der Schornsteinfeger packte den Lehrling von hinten an der Schulter. »He, Tunte, ich will mit dir reden.«
    Der Lehrling starrte Zsofi an. Er zog die Schulter weg.
    »Zsofi, ich will, dass du deine Arbeit hier aufgibst und mich heiratest. Heirate mich.«
    »Einen Augenblick«, sagte Ibolya. »Warte, Zsofi.«
    »Was hat er da an? Etwa eine Bluse?«, flüsterte einer von Ibolyas Stammgästen; die anderen zuckten die Achseln.
    »Ich hab gesagt, ich will mit dir reden, Tunte«, sagte der Schornsteinfeger.
    »Lass uns heiraten, Zsofi, ja?«, sagte der Lehrling noch einmal.
    »Du bist ein Idiot«, erwiderte Zsofi Toth. »Aber ich heirate dich natürlich.« Sie sah Ibolya an. »Ibolya, ich kann hier nicht mehr arbeiten. Mein Verlobter will es nicht.«
    »Stimmt«, sagte der Töpferlehrling.
    Die Männer in der Kneipe stöhnten.
    Ibolya schüttelte den Kopf. »Einen Moment bitte.«
    Der Lehrling lächelte und versuchte, seine Braut in spe zu umarmen, doch Zsofis Gesicht verzerrte sich plötzlich. Sie sah ihn nicht einmal an. Sie blickte an ihm vorbei. Sie wirkte entsetzt und verängstigt. Der Lehrling wollte sie eben fragen, was los sei, als ihn etwas am Hinterkopf traf.
    Der Schornsteinfeger hatte die braune Bierflasche genommen und drosch damit auf ihn ein.
    Der Bodensatz lief über seinen Rücken und besudelte sein Hemd.
***
     
    Der Schornsteinfeger erinnerte sich, dass er sich nie in Menschen geirrt hatte, bevor er in dieses Dorf kam. Das deprimierte ihn am meisten. Keiner entwickelte sich weiter, alle starben, ohne etwas dazugelernt zu haben. Irgendwie hatte er das vergessen. Während der paar Wochen im Dorf hatte er es vergessen, doch Ibolya hatte ihn wieder daran erinnert. Er sah jetzt glasklar. Natürlich hatte er sich nicht

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