Valeron der Barbar
eingerahmt von schweren Goldbrokatvorhängen, das Bett mit einem Baldachin, der es wie eine Liebeslaube aussehen ließ.
Puh! Und das für eine jungfräuliche Kaiserin!
Das Bett war dicht mit Kissen aller Formen und Farben bedeckt: Bälle und dicke Scheiben und Quadrate und Rechtecke und Rauten in Blau und Gelbgrün und Korallenrot und aprikosenfarben und in Ultramarin. Weitere Satinkissen lagen vor seinen Füßen, er stieß eines wie einen Ball durch die Luft in eine Ecke. Valeron car Nadh von Branarius fragte sich, ob die verzärtelte Prinzessin Aleysha nach all dem weichlichen Prunk sich überhaupt damit zufrieden geben könnte, die Mitherrscherin eines neuen Staates auf einer rauen Welt zu sein? Oder ob sie glücklich wäre in dem Schlafgemach, das er einrichten würde – nach seinem Geschmack –, bliebe er in diesem Palast?
Aber bei letzterem Gedanken schüttelte er den Kopf, denn er hegte nicht das geringste Verlangen nach der Kaiserkrone.
Er ließ sich auf das Bett fallen und bemerkte freudlos, wie nachgiebig es war. Wenn er schon hier warten musste, konnte er es sich auch bequem machen.
Er streckte sich aus, drückte den breiten Rücken auf die weichen Kissen und achtete nicht darauf, dass seine Sporen die rosa Seide der Decke aufschlitzten und der Schweiß seines nicht ganz sauberen Körpers Flecken hinterließ.
Er richtete sich halb auf, als der Türvorhang sich teilte. Ins Schlafgemach flogen Umhang, Harnisch und Steppwams. »Ich sehe zu, dass ich irgendwo ein frisches Wams finde«, flüsterte Jheru. »Niemand wird das Gemach betreten.«
»Und was zu essen!« rief er ihr mit gedämpfter Stimme nach.
Mit einem Grinsen legte er sich wieder zurück. Die weiche braune Haut des Mädchens – Mädchen, von wegen, eine Frau ist sie, und auf Branarius wäre sie schon mehrfache Mutter, dachte er – erinnerte ihn wieder an die goldenäugigen Felskatzen seiner Welt. Gewiss gibt es auch noch weitere Ähnlichkeiten, überlegte er feixend.
Was sollte er tun? Ein Schiff an sich bringen und nach Branarius fliegen, einen Trupp zusammenstellen – auch wenn seine Männer sich noch kaum von den letzten Kämpfen erholt hatten –, damit nach Carmeis zurückkehren und Darcus Cannu mit Feuer, Schwert und Axt angreifen …
Nachdenklich schaute er zu den Lampen an der Decke über seinem Kopf.
Sie strahlten das nie endende weiche Licht aus, das sie dem Zauber der Alten verdankten. Nie, in all der langen Zeit hatte es an Kraft verloren. Tränenförmige Behälter aus mattem Kristall behausten es – sieben Stück waren es – und jeder wies die topographischen Merkmale einer der sieben Welten auf. Gehalten wurden sie von feinen geflochtenen Goldketten. Valeron erkannte Branarius. Sein Blick blieb gedankenverloren daran hängen.
Das lange Warten im Verlies, der Kampf und all das Fremde im Tunnel, die Auseinandersetzung mit Shanaru, der bannende sanfte Schein der Lampe trugen dazu bei, dass seine Lider immer schwerer wurden und er einschlief.
10
Kaiserin und Kriegslord
Der Laut eines einzigen Schrittes genügte, den Mann zu wecken, der von den Sungoli aufgezogen worden war.
Sekunden nachdem er jemanden das Gemach nebenan hatte betreten hören, stand Valeron mit dem Schwert in der Hand neben der Schlafzimmertür. Er vernahm Stimmen: Aleyshas und Darcus Cannus, als sie sich von ihm an der Korridortür verabschiedete. Einen Moment lang hing Valeron dem höchst angenehmen Gedanken nach, durch die Tür zu stürmen, Aleysha zur Seite zu schieben und sein durstiges Schwert durchs Herz des verräterischen Premierministers zu stoßen.
Er schüttelte den Kopf. Das würde zwar Cannus Leben kosten, aber sein eigenes ebenso. Aus dem Augenwinkel bemerkte er das frische Uniformwams auf dem Stuhl neben ihm. Er legte das Schwert zur Seite und zwängte sich eilig in das himmelblaue Kleidungsstück. Und nicht zu früh, denn Aleysha stellte gerade Jheru flüsternd eine Frage und wartete nur noch die Antwort ab, ehe sie den Türbehang zur Seite schob.
Velquens Tochter war von beeindruckender Schönheit. Ihre kaiserlich seegrünen Zöpfe waren zu einem kunstvollen Flechtwerk hochgesteckt, mit Goldkettchen durchzogen und mit schimmernden Perlen verziert. Darauf ruhte die Kaiserkrone mit ihren sechs Zacken, die je in einer winzigen Silberkugel endeten. Der breite Kragen, der fächerartig bis zum Busen – zwei kleinen konischen Brüsten – reichte, war dicht mit Edelsteinen besteckt und hob sich glitzernd von dem weißen
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