Valeron der Barbar
waffenloser Hüfte zum Gesicht. Der hochgewachsene Maruthier musste kaum zu ihm hochblicken. Er und seine Männer trugen kniehohe Gamaschen aus bronzefarbenem Leder im gleichen Ton wie die blitzenden Kammhelme. Handschuhe und Umhänge waren rostbraun.
»Mein Lord König Valeron von Branarius?«
»Valeron, Kriegslord vom vereinten Branarius«, antwortete Saldon.
Der Offizier schaute ihn an, nickte und wandte sich wieder Valeron zu. »Mein Lord, ich bin Hauptmann Graylon. Verzeiht, doch im Auftrag König Lextons von Maruthia und im Namen des Rats der Könige, muss ich Euch und Eure Begleiter festnehmen.«
Valeron nickte. »Mein Schwert ließ ich im Schiff zurück, Hauptmann, da ich es nicht abgeben möchte. Ich wäre Euch verbunden – sagtet Ihr Graylon? –, Hauptmann Graylon, wenn Ihr meine Männer vom Schiff eskortieren und anderswo unterbringen ließet. Sie werden Euch keine Schwierigkeiten machen – denn auch sie haben ihre Anweisungen –, wenn Eure Leute sie höflich behandeln.«
Der Hauptmann starrte ihn an. »Ihr – habt diesen Empfang erwartet?«
»Natürlich.«
»Weshalb – gestattet, dass ich frage –, mein Lord Kriegslord, seid Ihr dann so offen und friedlich hierhergekommen?«
Valeron zuckte die Achseln. »Branarius und Maruthia sind nicht im Krieg miteinander, Hauptmann Graylon.«
Das war zweifellos nicht die Antwort, die der Offizier von dem stämmigen Riesen erwartet hatte, von diesem barbarischen Herrscher des rückständigen Branarius. Seine Miene verriet seine leichte Unsicherheit und seine Zweifel über die Auslegung des Wortes »barbarisch« in bezug auf diesen Kriegslord. Aber schnell fasste er sich und sein Gesicht wurde wieder unleserlich und zeigte nicht mehr Gefühlsregung als Valeron erwartet hatte und wofür er ihn achtete.
»Das ist mein Erster Ratgeber, der Ältere Saldon«, sagte Valeron. Er wählte jedes Wort und genoss die Situation. Der Hauptmann würde sich verpflichtet sehen zu melden, dass Valeron einer der zivilisiertesten Männer war, denen er je begegnete … »Und dies ist Jheru, vom Hof der Kaiserin.«
Der Ältere verbeugte sich, doch nur ganz leicht. Jheru, die atemberaubend aussah in dem gelben knöchellangen und hochgeschlossenen Seidengewand (mit einem Seitenschlitz vom Saum bis gut zum halben Oberschenkel), ahmte Saldons knappe Verneigung mit einer Selbstsicherheit nach, die ihrer Herrin bei einem Staatsempfang Ehre gemacht hätte.
»Ich werde dafür Sorge tragen, dass Eure Männer zuvorkommend behandelt werden, mein Lord. Ah – würdet Ihr die Güte haben, uns zu begleiten?«
Der Offizier fühlte sich sichtlich nicht sehr wohl in seiner Haut. Als Valeron an ihm vorbei zum wartenden Wagen geschritten war und Graylon es nicht sehen konnte, unterdrückte er sein Grinsen nicht mehr. Dem Wagen schenkte er keine weitere Beachtung. Er war einer dieser wunderbaren glänzenden Maschinen der Alten, doch im Gegensatz zu den Fährschiffen, funktionierte sein Antrieb nicht mehr, er wurde von vier Pferden gezogen.
Valeron und seine Begleiter stiegen durch die offenen Türen, die ein Soldat schloss, als sie saßen. Graylon rief seinen Männern einen Befehl zu, wendete sein Pferd und wartete, bis seine Leute aufschlossen. Der Wagen verließ den Raumhafen. Jheru saß am Rand ihres Sitzes und sah sich aufgeregt um. Das pferdegezogene Fahrzeug ratterte in die Stadt. Graylons Kavalleristen bemühten sich, nicht immer erfolgreich, ihre Blicke von dem langen Schlitz abzuwenden, der viel von Jherus Haut offenbarte.
»Eure gute Laune ist schon fast beunruhigend«, sagte Saldon zu seinem Herrscher. Valeron antwortete nur mit einem breiten Grinsen. »Und mein Lord ahmte einen vernünftigen zivilisierten Mann sehr gekonnt nach.«
Valeron neigte dankend den Kopf. »Wisst Ihr, Älterer«, sagte er, »ich dachte darüber nach, dass Darcus Cannu doppelt so intelligent und verschlagen ist wie ich und ich kaum mehr als eine Felskatze bin: eine Ansammlung von Muskeln und Reflexen. Ohne Euch wäre ich vielleicht gar kein Herrscher. Der arme Hauptmann Graylon erwartete auch nicht mehr, als einen Mann mit schnellen Reflexen und Muskeln, ohne viel Gehirn, der eher bereit ist, bis auf den Tod zu kämpfen, als sich festnehmen zu lassen. Einen Wilden, also. Jetzt versucht der Bedauernswerte seine Voreingenommenheit mit meinem Benehmen und meinen Worten zu vereinbaren. Der Schock für ihn ist groß. Und das, Saldon, gefällt mir. Außerdem denke ich an die Überraschung, die ich den
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