Valhalla: Thriller (German Edition)
herlocken. Wenn es an Ihnen vorbei ist, rennen Sie zum Ausgang. Dort werden Sie den Rest Ihrer Truppe finden. Machen Sie, dass Sie hier wegkommen.«
Hannah hob überrascht die Brauen. Primakov wollte ihr zur Flucht verhelfen? Sie hatte angenommen, dass sie seine Gefangene war.
»Ich … ich soll fliehen?«
»
Da,
das sollen Sie. Doch ich habe jetzt keine Zeit, Ihnen meine Beweggründe zu erklären. Nur so viel: Ich habe einen Fehler begangen und bin bereit, den Preis dafür zu zahlen. Meine Männer ebenfalls.«
Das war überraschend.
»Was ist mit meinen Freunden? Sind sie …?«
»Keine Sorge, sie sind unverletzt. Sie konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen.«
Hannah war wie vor den Kopf geschlagen. »Die Aerosolbomben wurden aktiviert«, flüsterte sie. »Mein Freund wird sie in wenigen Minuten zünden.«
»Das weiß ich. Und es ist richtig so. Fradkov versucht zwar in diesem Moment, den Vorgang zu unterbrechen, doch es wird ihm nicht gelingen. Ich habe mir das System angeschaut. Es handelt sich um eine umgekehrte Totmannschaltung. Solange Ihr Freund am Leben ist und den Vorgang immer wieder aktiviert, läuft die Uhr herunter. Genau deswegen müssen wir uns beeilen. Wir werden jetzt das Feuer eröffnen und die Aufmerksamkeit des dunklen Kriegers auf uns lenken. Sobald der Weg frei ist, rennen Sie. Rennen Sie, was das Zeug hält, und sehen Sie zu, dass Sie zu den Helikoptern kommen. Ein Großteil unserer Mitarbeiter dürfte sich bereits dort versammelt haben.«
»Aber was ist mit Ihnen?«
»Lassen Sie das mal meine Sorge sein. Ich habe noch eine Rechnung mit diesem Vieh offen. Es wird dem Feuersturm nicht widerstehen. Wichtig ist nur, dass Sie die Probe dabeihaben. Sie tragen sie doch bei sich, oder?«
Hannah nickte und klopfte auf ihre Tasche.
»Gut. Kümmern Sie sich darum, dass sie ihren Weg in die richtigen Hände findet. Machen Sie diesem Spuk ein Ende.«
Hannahs Zunge klebte am Gaumen. Sie schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter, dann nickte sie.
*
John starrte sorgenvoll durch die Cockpitscheiben des Helikopters. Die Wischer arbeiteten auf Hochtouren, um den Schnee zu beseitigen, doch es wurde von Minute zu Minute schlimmer. Der Wind zerrte an den Rotoren, aber noch war der Sturm nicht so heftig, dass ein Startversuch ausgeschlossen war. Ihnen blieb ein kleines Zeitfenster, das sich jedoch rasch schloss. Ilka und Hiroki waren im hinteren Teil des Transporthubschraubers damit beschäftigt, die Leute zu beruhigen und dafür zu sorgen, dass alle angeschnallt waren. Es konnte ein ziemlich ruppiger Flug werden, und John hatte vor, so viele wie möglich lebend hier rauszubringen – auch wenn sie es gar nicht verdient hatten. Andererseits, sie waren ja nur Angestellte dieser verdammten Firma und weder mit Verantwortung noch mit irgendwelchen Befugnissen betraut. Kleine Rädchen in einem Getriebe, das unter der Belastung bald auseinanderfliegen würde. Man sah ihnen an, dass sie mit den Nerven am Ende waren und nur noch wegwollten. Wer konnte ihnen das verdenken? Jedenfalls hatten sie beim Anblick seiner gezogenen Waffe sehr kleinlaut reagiert und versprochen, keine Schwierigkeiten zu machen.
Und noch immer strömten Menschen durch das Nordtor. Hannah und Roberto waren allerdings nicht dabei. Auch von den Köpfen der Operation fehlte jede Spur. Weder Primakov noch Fradkov hatten sich blicken lassen, von den verbliebenen Soldaten ganz zu schweigen. Was geschah da im Inneren der Station?
John hielt es nicht mehr aus. Er löste den Gurt und öffnete die Cockpittür.
Als Ilka sah, was er vorhatte, versuchte sie, ihn zurückzuhalten. »Was hast du vor?«, schrie sie. »Du kannst jetzt nicht weg! Du bist der Einzige, der diese Maschine fliegen kann.«
»Ich muss sehen, wo Hannah bleibt«, rief er zurück. »Sie ist immer noch in der Station, sie braucht meine Hilfe. Ohne sie werde ich nicht starten.«
»Du bist wahnsinnig.«
»Das bin ich nicht. Setz dich an deinen Platz und schnall dich an, ich bin gleich wieder da.«
Ilka rief ihm noch irgendetwas hinterher, aber er konnte es nicht mehr verstehen. Der Lärm der Turbinen und das Heulen des Windes übertönten alles andere. Seinen eigenen Worten zum Trotz wusste er, dass Ilka recht hatte. Er durfte nicht das Leben so vieler Menschen aufs Spiel setzen, nur um eine einzige Person zu retten. Das widersprach allen Regeln des gesunden Menschenverstandes. Doch er konnte nicht anders. Die Angst, Hannah könnte etwas zugestoßen sein, fraß ihn
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