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Valhalla: Thriller (German Edition)

Valhalla: Thriller (German Edition)

Titel: Valhalla: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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das Lächeln und Leuchten in ihren Gesichtern.
Bitte hilf uns,
schienen sie zu sagen.
Lass uns nicht umsonst gestorben sein. Gib uns eine Chance, damit man sich an uns erinnert.
Das Bild verblasste. Stattdessen sah sie Roberto, der jetzt draußen im Gang stand. »Was ist jetzt? Willst du, dass ich dich hinaustrage?«
    Sie nickte.
    Sie hatte verstanden.
    Mit Tränen in den Augen nahm sie ihre Tasche, packte die Phiole und das Handbuch ein und ging auf ihren Freund zu. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, sie brachte kein Wort heraus. Stattdessen nahm sie ihn ein letztes Mal in den Arm.
    »Leb wohl, Hannah Peters«, sagte er. »Es war mir ein Vergnügen, dich kennengelernt zu haben. Grüß die anderen von mir. Und vergiss nicht, deinem Kind irgendwann einmal von mir zu erzählen, versprochen?«
    Sie schluchzte. »Versprochen.«
    »Dann lauf. John wartet auf dich.«
    Und ohne ein weiteres Wort zu sagen, ging er zurück ins Labor und versperrte die Tür hinter sich.

54
    B ilder, Stimmen, Lichter – alles wirbelte durcheinander. Hannah fiel es schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Ihre Flucht durch die Station glich einer Irrfahrt durch die Tiefen ihrer Seele. Einem flirrenden Drogentrip, der weit über das hinausging, was ihr Verstand zu verarbeiten vermochte. Immer wieder sah sie Robertos Gesicht vor sich, hörte seine Stimme, spürte seine Hände. Es kam ihr alles so irreal vor, als ob es nur in ihrer Einbildung existieren würde, wären da nicht diese stählernen Gänge, die schweren Türen und die blinkenden Lampen, die sie daran erinnerten, dass das alles tatsächlich stattfand. Und zwar jetzt.
    Hier
.
    Verwirrende Lautsprecherdurchsagen hallten durch die Gänge. Irgendetwas auf Russisch, das sie nicht verstand. Sie glaubte das Wort
Evakuaciya
herausgehört zu haben – Evakuierung. Bedeutete das, Roberto hatte den Vernichtungszyklus bereits gestartet? Nein, unmöglich. Er hatte doch versprochen, ihr genügend Zeit zu geben. Trotzdem waren die Warnlichter soeben von Gelb auf Rot gewechselt. Hannah verstand nicht viel von militärischen Sicherheitsprotokollen, aber Rot war fast überall auf der Erde gleichbedeutend mit Gefahr. Konnte es sein, dass sie in die falsche Richtung eilte? Wie spät war es?
    Oh Gott, ihr lief die Zeit davon.
    An der nächsten Ecke hielt sie an und warf einen Blick auf einen der vielen Pläne, die hier aushingen. Tatsächlich, sie war viel zu weit nach Süden abgekommen. An der nächsten Ecke musste sie nach rechts abbiegen, danach etwa fünfzig Meter geradeaus bis zur Dekontaminationszone. Von dort aus wieder rechts und dann geradeaus bis zum Nordtor, wo sie auf John stoßen sollte. Hoffentlich hatte das, was sie vorhin über Funk mit anhören musste, nichts mit ihm oder ihren Freunden zu tun. Die Vorstellung, dass sie auf Moreau – oder das, was aus ihm geworden sein mochte – stoßen könnte, ließ sie vor Angst kaum einen klaren Gedanken fassen. Roberto hatte ganz recht: Die Situation war vollkommen außer Kontrolle geraten. Und es würde so weitergehen, wenn es ihr nicht irgendwie gelang, das Virus in Sicherheit zu bringen und mitzuhelfen, den Impfstoff zu entwickeln. Das war sie nicht nur ihrem Baby, sich selbst und ihrer Familie, sondern vor allem Roberto schuldig.
    Immer weiter hastete sie durch die Gänge. Vor ihr lag jetzt die Absperrung, die gleichsam die Grenze zu den äußeren Bereichen der Station markierte. Die chemische Dusche, die Absaugstation, die Unterdruckkammer. Keine Zeit, eine Maske aufzusetzen, es musste so gehen.
»Preduprezhdeniye! Evakuaciya stancii v dewjat minut. Pozhalujsta, otprav’tes’ k vyhodam.«
    Hannah hielt die Luft an.
Dewjat minut
 – neun Minuten.
    Sie betrat die Schleuse und aktivierte das Desinfektionsprotokoll. Die nach Alkohol stinkende Flüssigkeit wurde fein zerstäubt auf ihr Gesicht und ihre Kleidung geblasen. Heißer Wind schoss ihr entgegen und trug die Mikropartikel fort. Dann folgte der Absaugvorgang. Als sie schon glaubte, den Atem nicht länger anhalten zu können, spürte sie, wie der Luftdruck anstieg. Der Prozess war abgeschlossen. Ein Entwarnungssignal ertönte, und die Türsteuerung schaltete auf Grün. Panisch drehte sie am Verschluss der Luke, bis sie das vertraute Knacken hörte. Die Tür schwang auf. Der Weg in die Freiheit!
    Sie rannte bis zur nächsten Kreuzung und wollte gerade nach rechts abbiegen, als sie unvermutet stehen blieb. Etwas versperrte ihr den Weg. Etwas Großes, Dunkles.
    Etwas Bizarres.
    Ihre Füße

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