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Valhalla: Thriller (German Edition)

Valhalla: Thriller (German Edition)

Titel: Valhalla: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Rädern unterwegs.
    Dafür, dass Spitzbergen nur über ein fünfzig Kilometer langes Straßennetz verfügte, gab es erstaunlich viele Autos. SUV s, Pick-ups und Kleinlaster zockelten über den rissigen Asphalt, während ein Räumfahrzeug mit gelb blinkenden Warnleuchten dafür sorgte, dass die Straßen vom Schnee befreit wurden.
    Hannah wandte sich nach rechts, dem Ortsteil entgegen, von dem sie glaubte, dass es das Zentrum sein könnte. Doch wirklich fündig wurde sie nicht. Ein paar kleinere Läden, ein Supermarkt und ein Souvenirgeschäft, das war’s.
    Longyearbyden war klein. Viel kleiner, als sie sich das vorgestellt hatte. Über den Daumen gepeilt an die hundert Häuser standen bunt zusammengewürfelt am tiefsten Punkt eines langgezogenen Tals, das rechts und links von hoch aufragenden Bergen flankiert wurde. Der Flughafen und ein Campingplatz befanden sich weiter westlich am Saum des Adventfjordes, während die eigentliche Siedlung ein wenig ins südliche Inland gebaut war. Die Häuser waren kaum mehr als farbige Container mit flachen Giebeldächern. Die meisten bestanden aus Holz und waren ebenerdig gebaut, doch es gab auch ein paar Steinhäuser, die auf Pfeilern standen. Vermutlich, weil das Tauen und Gefrieren Bewegungen in den obersten Bodenschichten verursachte, die zu Rissen im Mauerwerk führen konnten. Rot, Blau und Weiß schienen die vorherrschenden Farben zu sein, doch im Licht der schaukelnden Natriumdampflampen wirkten die Gebäude gelb und schmutzig.
    Es dauerte keine Viertelstunde, bis sie alles gesehen hatte. Und nun? Hunger hatte sie keinen und einkaufen wollte sie auch nicht, obgleich es sie schon interessierte, welche Waren hier angeboten wurden. Dem Rat der Wirtin folgend, drehte sie um und schwenkte auf die westliche Bergkette zu. Schilder sprachen von einer Kirche und einem Museum, in dem sich etwas über die Geschichte Svalbards erfahren ließ. Ihre Kapuze zu einer kleinen Öffnung zusammenschnürend, machte Hannah sich auf den Weg.
    Sie hatte kaum die letzten Häuser hinter sich gelassen, als sie dem ersten Rentier begegnete. Friedlich grasend stand es am Straßenrand und hob den Kopf, als Hannah sich näherte. Das Räumfahrzeug hatte einen Teil des Seitenstreifens freigelegt, und das Grün war hervorgekommen. Hannah blieb stehen. Nicht dass sie sich vor dem Rentier fürchtete, aber wie war das doch gleich mit den Eisbären? Hieß es nicht, man dürfte die Stadtgrenze auf keinen Fall ohne ausreichende Bewaffnung verlassen? Gut, sie war noch nicht außerhalb der Stadtgrenze, aber es war einleuchtend, dass die großen Raubtiere sich nicht von der gedachten Linie abschrecken ließen.
    Das Rentier senkte seinen Kopf und fraß weiter. Seine Ruhe und Ausgeglichenheit überzeugten Hannah, dass keine unmittelbare Gefahr drohte, wenngleich sie dieses mulmige Gefühl nicht gänzlich verdrängen konnte.
    Die
Svalbard Kirke
war ein langgezogener Holzbau, vor dem, an einem hohen Mast, die norwegische Flagge wehte. Das eigentliche Kirchhaus war etwas nach hinten versetzt und überragte das Tal mit seinem spitzen Giebel und seinem steilen Holzturm. Von hier oben hätte man sicher einen phantastischen Blick über das Tal und die Siedlung. Die vielen Lichter, das dunkelblaue Dämmerlicht und die Sterne darüber – ein unwirklicher Anblick. Fast, als befände man sich auf einem anderen Planeten.
    Hannah nahm die Stufen zum Eingang, öffnete die Tür und trat ein.
    Der plötzliche Windstoß wirbelte ihr den Geruch von Kaffee und Bohnerwachs entgegen. Ein großes Regal rechts vom Eingang und ein kleines Schild in mehreren Sprachen ermahnten den Besucher, die Schuhe auszuziehen und Hausschuhe zu benutzen. Hannah folgte den Anweisungen und schlüpfte in die angebotenen grauen Filzpantoffeln.
    Das Innere der Kirche war ernüchternd. Ein hölzerner Altar mit traditionellem Wandgemälde, zwei weiße Kerzen, davor neun Reihen violett bespannter Stühle. Alles sehr spartanisch. Allenfalls das steil aufragende Dach und der Kronleuchter waren bemerkenswert. Das Ganze wirkte eher wie die Bühne in einem Provinztheater als wie ein Ort der Stille und der Andacht. Doch was die Stille betraf, so gab es davon mehr als genug. Sie war die einzige Besucherin. Ein ausgestopfter Eisbär in der Ecke und ein einfaches Klavier waren die einzigen Lichtblicke in dieser öden Begegnungsstätte, in der helles Kiefernholz und Spitzendeckchen dominierten. Hannah wollte schon die Biege machen, als sie von einer älteren Frau entdeckt

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