Valhalla: Thriller (German Edition)
sieben Uhr morgens sein musste. Nicht gerade die Zeit, zu der sein Boss normalerweise Anrufe tätigte.
Das klang dringend.
»Habe ich noch Zeit, mir was anzuziehen?«
»Wie gesagt, er wartet«, wiederholte Arun.
John stand einen Moment unschlüssig vor dem Spiegel, dann wischte er sich den Schaum aus seinem Gesicht, schlang das Handtuch frisch um die Hüften und eilte barfuß hinter Arun her. Die Pfiffe der zumeist weiblichen Teammitglieder ignorierend, passierte er den überdachten Bereich, der gleichzeitig Küche und Speisesaal war, und folgte Arun hinüber zur Funkhütte.
Gary, der dunkelhaarige Ire, der für die Kommunikationstechnik zuständig war, warf John einen amüsierten Blick zu. Ein Grinsen verkneifend, deutete er nach rechts.
»Terminal drei«, sagte er. »Ich seh zu, dass ich das Signal noch ein bisschen geboostet bekomme. Der Block-up-Konverter ist mal wieder heiß gelaufen. Kein Wunder bei den Temperaturen. Hier kühlt es ja nicht mal nachts ab. Wenn du deinem Freund auf der anderen Seite des großen Teiches mal einen Tipp geben willst: Wir brauchen dringend ein neues Kühlsystem.«
John ignorierte ihn. Er hatte gerade keinen Nerv für Garys Technobabble. Strombergs Gesicht erschien auf dem Monitor. Sein Ausdruck war ernst. Wenn er Johns Auftreten seltsam fand, so ließ er es sich nicht anmerken.
»Grüß dich, John.«
»Norman.«
John war einer der wenigen, die den Magnaten mit Vornamen ansprechen durften. Hannah gehörte zwar auch zu dem Club, machte von ihrem Privileg aber keinen Gebrauch. Ein Chef-Angestellten-Verhältnis sollte nicht durch unnötige Annäherungen verkompliziert werden, so ihre Devise.
»Tut mir leid, wenn ich dich gerade störe, aber es ist wichtig.«
War es das nicht immer?
»Wir haben eine Nachricht erhalten, die uns viel Sorge bereitet. Hattest du in letzter Zeit mal Kontakt zu Hannah?«
»Nicht, seit sie von Olso losgeflogen ist.«
»Wir auch nicht, das ist das Problem. Auch das Außenteam ist nicht zu erreichen. Störungen in der Stratosphäre, sagte man mir. Da scheint ziemlich schlechtes Wetter aufzuziehen.«
»Die Jungs werden damit schon fertig. Ich kenne Leif Gjertsen. Der ist ein alter Marinehase und wird entsprechend vorbereitet sein.«
»Nicht, wenn das stimmt, was die Zentrale heute hereinbekommen hat.«
John zog eine Braue in die Höhe. »Was ist denn los?«
Das Bild Strombergs gefror für einen Moment, lief dann aber wieder normal weiter. Falls die Verbindung schlechter wurde, mussten sie sich halt auf Audio beschränken.
»Die Botschaft kam vor ein paar Tagen rein, landete aber wegen der Dateianhänge wohl zuerst im Spamfilter. Ein Hinweis aus Deutschland von einem meiner Informanten, einem Spezialisten für das nationalsozialistische Deutschland.«
John verzog amüsiert den Mund. »Nazi-Deutschland? Ich verstehe nicht …«
»Wie es aussieht, haben die Deutschen im Zweiten Weltkrieg auf Spitzbergen eine Art Versuchslabor eingerichtet. Chemische und biologische Kampfstoffe, falls das stimmt, was Dr. Siebert mir geschrieben hat …«
»Und was hat das mit uns zu tun?«
»Anscheinend ist bei den Versuchen etwas schiefgegangen. Sämtliche Mitglieder der Einrichtung starben, und zwar aufgrund einer nicht bekannten Virusinfektion.«
»Und?« John wurde es langsam leid, Stromberg jede Information einzeln aus der Nase zu ziehen. Er saß hier, nur mit einem Badetuch bekleidet, während sein Boss sich befleißigte, einen auf geheimnisvoll zu machen.
»Wenn der Erreger da unter dem Eis liegt, ist er höchstwahrscheinlich noch immer aktiv. Ich habe mir das erklären lassen. Viren gelten als äußerst widerstandsfähig gegen Subzero-Temperaturen. Man ist sich ja noch nicht mal klar darüber, ob man sie überhaupt als lebendig bezeichnen kann, aber je nachdem, welche Bedingungen dort herrschen, ist es sehr wahrscheinlich, dass er überlebt hat.«
»Warum sollte uns das interessieren? Hannah soll eine Stadt erkunden, keine Forschungseinrichtung der Nazis.«
»Genau das ist das Problem. Die Ruinen erstrecken sich von der Mitte aus bis ganz in den nördlichsten Zipfel von Nordostland. An der Stelle war früher mal ein Wetterposten. Wie es aussieht, haben die Nazis Teile der alten Stadt genutzt, um dort die Forschungslabors einzurichten. Eine willkommene Alternative zu der mühsamen Errichtung irgendwelcher Holzbaracken. Geschützt vor Wind und Wetter und vollkommen unsichtbar für die Augen der Alliierten. Und du weißt ja, wie schwer es in
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