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Valhalla: Thriller (German Edition)

Valhalla: Thriller (German Edition)

Titel: Valhalla: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Wintermonate blieben.
    Spitzbergen war Eisbärenland.
    Laut Reiseführer lebten hier 3000 dieser beeindruckenden Tiere – mehr als Menschen. Es hieß, dass überall Warnschilder stünden, die einen auf eine Begegnung mit den weißen Riesen vorbereiteten. Die Gefahr war anscheinend allgegenwärtig. Jederzeit musste damit gerechnet werden, dass ein Eisbär auftauchte; weshalb es auch unter Strafe stand, außerhalb der Siedlungen ohne Gewehr oder bewaffneten Führer unterwegs zu sein. Selbst in den Siedlungen war man nicht sicher. Die Mülltonnen und Türen besaßen spezielle Eisbärensicherungen, die Kinderspielplätze waren hoch umzäunt. Nicht dass es hier besonders viele Kinder gab, aber während der langen Wintermonate, in denen die Nahrung knapp wurde, zog es die großen Raubtiere in die Nähe der Häuser. Und Kinder schienen für Bärennasen nun mal besonders schmackhaft zu riechen.
    Hannah verkroch sich unter ihrer Decke, nippte an ihrem Tee und las weiter.
    Eisbären standen ganzjährig unter Schutz, genau wie Robben, Rentiere und Polarfüchse. Überhaupt glich Svalbard einem riesigen Nationalpark, in dem Übertretungen der Umweltschutzgesetze mit zum Teil drakonischen Strafen geahndet wurden. So blieb Spitzbergen ein beliebtes Ausflugsziel für Abenteurer, Eigenbrötler und Kältefreaks. Vor allem Skandinavier nutzten das Angebot von Tagesreisen, denn hier konnte man winterliche Touren mit Hundeschlitten oder Snowscootern in gigantischer Eisbergkulisse machen oder sich mit dem Helikopter einfach mal schnell zum Nordpol bringen lassen.
    Hannahs Blick wanderte in die pechschwarze Nacht hinaus. Nicht zum ersten Mal kamen ihr Zweifel an dieser Mission. Was hatte sie nur hier verloren? Sie war eine Sonnenanbeterin und liebte die Wärme. Sie fror bereits, wenn die Temperatur unter 20 Grad sank. Außerdem liebte sie das Licht. Die Vorstellung, ein halbes Jahr in Dunkelheit verbringen zu müssen, jagte ihr Schauer über den Rücken.
    Aus der Distanz betrachtet, hatte die Sache noch ganz amüsant gewirkt. Jetzt war es nur noch lächerlich. Hyperborea, Atlantis,
Herodot
 – im Ernst jetzt? Welcher Wissenschaftler mit Ansehen und Reputation würde aufgrund einer solchen Faktenlage zu einem Abenteuer aufbrechen? Aber mit ihr konnte man es ja machen.
    Sie fühlte sich bedrängt. Stromberg hatte ihr mit seiner unnachahmlichen Art das Messer auf die Brust gesetzt. Er war ein Meister der Diplomatie, so viel war sicher. Sie genoss sein Wohlwollen, aber nur so lange sie tat, was er von ihr erwartete. Seinen Wünschen nicht zu entsprechen war ein Luxus, den sie sich nicht leisten konnte. Niemand konnte das. Und hieß es nicht über die Diplomatie, dass es die Kunst sei, jemanden so zur Hölle zu schicken, dass er sich auf die Reise freute? Genau so kam sie sich jetzt vor. Auf dem Weg in eine kalte, dunkle Hölle.
    Hannah seufzte. So gern sie einen Rückzieher gemacht hätte, es war zu spät, um jetzt noch auszusteigen.
    In diesem Moment knackte der Lautsprecher über ihrem Kopf. Die Stimme des Piloten erklang:
»Ladies and gentlemen, as we start our descent to Longyearbyden Airport, please make sure that your seat backs and tray tables are in their full upright position …«
    Hannah folgte den Anweisungen, räumte ihre Bücher fort und blickte aus dem Fenster. Rabenschwarze Nacht. Wenn dort unten wirklich eine Siedlung war, hatte man bereits alle Lichter gelöscht. Sie lehnte sich zurück, schloss die Augen und behielt sie so lange geschlossen, bis die Maschine mit einem Ruck aufsetzte.
    Sie war angekommen.

8
    D ie Zimmer in
Edda’s Polarrigg
waren klein, sauber und einfach. Ein Bett, ein Sessel sowie ein hässlicher Couchtisch aus gelblich angelaufenem Kiefernholz. Dazu ein Bad sowie ein mickriger Fernseher, den Hannah aber ausgeschaltet ließ, weil sie inzwischen tatsächlich sehr schläfrig geworden war. Jetzt, da die Anspannung von ihr abfiel, legte sich die Müdigkeit wie ein Schleier über ihre Augen. Von ihrem Team hatte sie bisher weder etwas gesehen noch gehört. Niemand, der sie abgeholt oder begrüßt hätte, aber das stellte für sie kein Problem dar. Schließlich war sie ein großes Mädchen und kam gut allein zurecht. Blieb abzuwarten, wie es morgen weitergehen würde. Jetzt gab es für sie nur noch drei Dinge zu tun: Zähneputzen, Pyjama an und ab ins Bett.
     
    Irgendwann wachte sie auf. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass bereits neun vorbei war. Hatte sie wirklich so lange geschlafen? Draußen war es

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