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Valhalla: Thriller (German Edition)

Valhalla: Thriller (German Edition)

Titel: Valhalla: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Wahrscheinlich berieten sie noch, wer als Erster nach oben musste. Die Robben wussten, dass der Erste immer ein besonders hohes Risiko einging, doch in ihrer Atemnot war ihnen das egal.
    Wie festgefroren lauerte der Bär in der Dunkelheit, als plötzlich ein Schatten seitlich von ihm durch die Nacht huschte. Da er sich auf der windabgewandten Seite befand, konnte er keine Witterung empfangen. Ein Konkurrent? Möglich, wenn auch unwahrscheinlich. Alle in Frage kommenden Nebenbuhler hatte er in die Flucht geschlagen, und ihre Reviere lagen weit weg von seinem. Auch was er in dem kurzen Augenblick über Bewegungsart und Schnelligkeit erfahren hatte, passte nicht in das Bild, das er von seinen Artgenossen in Erinnerung hatte. Andererseits: Es konnte auch eine Täuschung sein. Die lange Nacht gaukelte einem manchmal seltsame Dinge vor, besonders, wenn die farbigen Schleier über den Himmel zogen. Der Bär wandte sich wieder dem Wasserloch zu. Drei Köpfe waren dort aufgetaucht und sahen ihn direkt an.
    Verdammt!
    Einen Moment der Unkonzentriertheit, und schon konnte er die Jagd in den Wind schreiben. Ob er es trotzdem versuchen sollte? Was hatte er schon zu verlieren? Mehr als entwischen konnten sie ihm ja nicht. Er machte sich sprungbereit, als ihn plötzlich etwas in die Seite traf. Der Schlag war so heftig und so unerwartet, dass es ihm die Beine unter dem Leib wegriss und er einfach umkippte. Keuchend und mit den Beinen in der Luft strampelnd, versuchte er, wieder auf die Füße zu kommen. Doch das war leichter gesagt als getan. Seine Flanke schmerzte, und seine Muskeln versagten den Dienst. Der Schlag hatte irgendetwas in ihm zerbrochen, das spürte er. Dennoch war er weit davon entfernt, aufzugeben. Flucht kam nicht in Frage. Es gab Regeln in dieser Wildnis, und die duldeten keinen Spielraum. Das hier war sein Loch, er würde es verteidigen, und wenn es dabei um sein Leben ging. Brüllend sprang er auf die Beine.
    Von seinem Gegner keine Spur. Was war das nur gewesen? Zuschlagen und wegrennen, das war sehr ungewöhnlich. Er humpelte ein paar Schritte und drehte sich dabei im Kreis. Die Verletzung behinderte ihn, doch das machte ihn nur noch gefährlicher. Schmerz erzeugte Wut, und davon hatte er in diesem Moment mehr als genug im Bauch. Dieser Geruch. Er hatte diesen Geruch schon einmal in der Nase gehabt. Weit weg von hier, in einer Gegend, die von den meisten seiner Art gemieden wurde. Das lag lange zurück. Er war damals auf Wanderschaft gewesen und erinnerte sich nicht mehr genau, was geschehen war. Nur dass die Begegnung Furcht bei ihm hinterlassen hatte und dass er diesen Geruch seither hasste.
    Wieder sah er eine Bewegung. Blitzschnell und kraftvoll. Was für ein Wesen konnte so schnell laufen? Ein anderer Eisbär? Unwahrscheinlich. Die Art des Angriffs war vollkommen untypisch. Noch ehe er sich darüber weitere Gedanken machen konnte, hörte er ein Keuchen. Er sah den Schatten heranfegen und wollte sich gerade auf die Hinterbeine erheben, als ihn etwas in die Seite rammte. Ein panisches Keuchen ausstoßend, kippte er erneut um. Was er sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
    Es waren zwei! Und diesmal ließen sie nicht von ihm ab. Der Bär kniff die Augen zusammen. So etwas wie das da hatte er noch niemals zuvor gesehen. Während das eine der Geschöpfe geduckt um ihn herumlief, ihn beobachtete und dabei seinen mächtigen Pranken auswich, grub sich das andere tief in seinen Bauch. Der Bär brüllte auf. Vergeblich versuchte er, sich aufzurichten. Aus seinem Bauch quollen die Eingeweide. Das Eis um ihn herum war getränkt mit Kot und Blut. Seinem Blut. Der Gestank raubte ihm den Wunsch weiterzukämpfen. Verzagt sah er ein, dass er den Kampf um das Wasserloch verloren hatte. Der Geruch von Niederlage und Tod hing in der Luft.
    Der Schmerz war unvorstellbar. Er hatte ja schon einige Verletzungen davongetragen, manche davon so schlimm, dass er tagelang nicht richtig laufen konnte, aber nie hatte er etwas wie das hier erleiden müssen. So also fühlte es sich an, wenn man der Unterlegene war.
    Einen heiseren Schrei ausstoßend, suchte er nach seinen Gegnern, aber die waren nicht mehr da. Verschwunden im Dunkel, wo sie hergekommen waren. Aber sie würden zurückkehren, das stand fest. Und dann würden sie ihn fressen, so wie er es umgekehrt auch getan hätte. Friss oder stirb, das Gesetz der eisigen Wildnis.
    Das Letzte, was er sah, ehe er sein Leben aushauchte, waren die Köpfe der drei Robben, die ihn

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