Valhalla: Thriller (German Edition)
vom Wasserloch aus mit schwarzen, kugelrunden Augen beobachteten.
21
D ie Russen?«
Hannah konnte nicht glauben, was sie da hörte.
»Mmh.« Stromberg griff nach der Thermoskanne und füllte Kaffee in seine Tasse. Dann lehnte er sich zurück, schlürfte ein paar Mal genießerisch und griff dann nach einem Schokocookie. »Eine Organisation namens EMERCOM , die russische Zivilbehörde für Katastrophenschutz. Wir vermuten jedoch, dass das Militär dahintersteckt.«
John runzelte die Stirn. »Wie kommen Sie darauf?«
»Die Art, wie die Aktion aufgezogen wurde. Großräumiges Absperren des Gebietes, lückenlose Überwachung durch Kameras, Nachrichtensperre, das ganze Programm. Nur das Militär arbeitet so gewissenhaft. Wir haben aber trotzdem einiges herausgefunden. Zum Beispiel, dass die stationierten Einheiten unter dem Befehl eines gewissen Generaloberst Sergej Fradkov stehen, der als leitender Militärberater für EMERCOM tätig ist. Ein ziemlich scharfer Hund, der eng mit Putin und Medwedjew vernetzt ist. Soweit wir in Erfahrung bringen konnten, hat er Moskau verlassen und ist gerade auf dem Weg in Richtung Unglücksstelle.«
»Ich verstehe das nicht«, sagte Hannah. »Spitzbergen ist doch norwegisches Hoheitsgebiet. Wie kommt es, dass die Russen jetzt dort sind, und vor allem: Was wollen sie da?«
»Helfen, was sonst?« Stromberg lächelte verschlagen. »Jedenfalls offiziell. Inoffiziell können wir nur raten. Mit Sicherheit haben sie kein Interesse an den Ruinen. Das ist vielleicht eine nette Zugabe, doch nach einer archäologischen Grabung sieht das nicht aus. Wenn ich einen Tipp abgeben müsste, würde ich sagen, sie wollen das Virus.«
»Das ist nicht Ihr Ernst.«
Stromberg zuckte die Schultern, biss noch einmal ab und wischte die Krümel von der Tischplatte.
»Aber dieses Virus ist ein Killer. Sie haben selbst gesehen, was es anrichtet.«
»Eben darum.«
Hannah stand auf und fing an, hin und her zu laufen. »Sie sagten, dass die Russen mit den Norwegern in engem wirtschaftlichem Kontakt stehen.«
»Wegen der Erdölfelder vor Spitzbergen, richtig. Sie haben ja vermutlich mitbekommen, wie sehr die Russen an der Förderung in der Nordregion interessiert sind.«
»Allerdings«, sagte John. »Ich erinnere mich lebhaft, wie rigoros sie gegen die Leute von Greenpeace vorgegangen sind, als die eine Bohrinsel in der Barentssee zu stürmen versuchten.«
»Trotzdem tun wir den Russen vielleicht unrecht«, warf Hannah ein. »Vielleicht wurden sie von der Regierung gebeten, das Gebiet so hermetisch abzuriegeln, damit nichts von den Erregern an die Luft gerät. Jetzt ist zwar Winter, aber was, wenn der Frühling kommt? Oder der Sommer? Was, wenn die Eisfelder zu tauen beginnen? Wir haben es unbestrittenermaßen mit einem Abtauen der arktischen Gletscher zu tun. Nur dadurch sind Sie überhaupt auf die Ruinen gestoßen, wie Sie sich erinnern. Das Eis ist an einigen Stellen nur noch wenige Meter dick. Wenn es schmilzt – und das wird es, wenn die Temperaturkurve dort weiter nach oben geht –, dann gelangt dieses Zeug an die Luft. Die Mediziner haben bewiesen, dass es durch die Luft übertragbar ist. Die Folge könnte eine weltweite Pandemie sein. Vor diesem Hintergrund ist es doch immerhin denkbar, dass die Russen ihren Nachbarn einfach nur helfen wollen. Sie haben die Mittel, das Geld und das Know-how, um so eine Aktion durchzuführen.«
Stromberg lächelte traurig. »Was Letzteres betrifft, haben Sie sicher recht. Ich zweifle nur an ihrer Motivation.«
»Warum?«
»Wenn die Russen in den letzten Jahrzehnten eines gelernt haben, dann, dass der Kapitalismus Spaß macht. Wussten Sie, dass Moskau die Stadt auf der Welt mit den meisten Milliardären ist? Glauben Sie mir, ein solches Land investiert nicht Hunderte von Millionen Dollar, um einem kleinen Küstenstaat wie Norwegen humanitäre Hilfe zu gewähren. Vielleicht auf dem Papier. In der Realität wollen die Genossen etwas haben für ihr Geld. Sie wollen einen Gegenwert, etwas, das sonst niemand hat auf der Welt. Das Virus.«
»Was könnten sie schon damit anfangen?«
»So einiges. Sehen Sie, das Zeitalter der atomaren Aufrüstung ist vergangen, der kalte Krieg ist zu Ende. Heutige Kriege werden anders geführt: verschlagener, hinterhältiger, feiger. Nach außen hin macht sich niemand die Hände schmutzig, doch wenn man mal genauer hinschaut, dann haben sie alle Dreck am Stecken. Die Amerikaner setzten auf Elektronik. Auf Computer, Roboter und
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