Vali
Esther. Dann hatte sie den Professor kennengelernt und war ganz langsam aus dem tiefen Loch entkommen.
Kein Wunder dass niemand nach ihr gesucht hatte.
Sie war wieder völlig allein.
Das Gefühl der Einsamkeit nahm überhand. Sarah hätte alles gegeben für jemanden an ihrer Seite. Eine tröstende Umarmung hätte ihr jetzt vielleicht Halt geben können.
Sie schien dazu verdammt ihr Leben allein zu führen, wann immer sie etwas für jemanden empfand, wurde sie zurück gelassen. Aus den Tränen die beständig auf ihren Sweater tropften wurde ein Fluss aus Emotionen. Das helle Grau färbte sich dunkel, der Stoff war mittlerweile durchnässt.
Ohne Halt stürzte sie in die schwarze Welle aus Trauer und Verzweiflung. Sarah rollte sich auf dem Bett zusammen, und hielt sich selbst. So wie sie es als Kind immer getan hatte, wenn sie nicht mehr weiter wusste. Ihr kam die traurige Erkenntnis, dass der letzte Mensch der sie umarmt hatte, Esther gewesen war.
Sarahs Reaktion hatte die Männer getroffen stellte Vali etwas erstaunt fest. Die harten Kerle, die sie waren saßen schweigend um den Tisch und sahen hilfesuchend zu Bruder Elias. Der sah zu Vali und sagte „Geh zu ihr, sie sollte nicht allein sein.“
Vali wusste, dass er der absolut Falsche war für den Job.
„Ich glaube Thore wäre…“, aber Elias schüttelte nur den Kopf.
Vali verließ den Raum wie ein geprügelter Hund. Was zum Henker sollte er denn tun oder sagen?
Sie konnten es sich nicht leisten auf Sarahs Hilfe zu verzichten. Allerdings musste er sich auch eingestehen, dass ein Teil von ihm sie nicht allein lassen wollte. Vali fragte sich, ob er ihr wirklich irgendwie Trost spenden konnte, während er langsam zu ihrem Zimmer ging. Die Tür stand immer noch offen, und Dank seines Auftritts würde sie auch noch eine Weile offen stehen. Verdammt, er hatte sich aufgeführt wie ein Höhlenmensch. Niemand wollte mit einer Keule überrannt werden, oder?
Vorsichtig klopfte er an den Türrahmen, sichtlich bemüht es dieses Mal besser zu machen. Als er keine Antwort erhielt, spähte er vorsichtig um die Ecke und sein Herz setzte aus.
Mit langen Schritten ging er auf das Bett zu. Sarah hatte sich eng auf der Seite zusammen gerollt. Ihr Gesicht war in der Decke vergraben, und ihre Schultern zuckten im Rhythmus tiefster Trauer. Sie hatte sich die Decke vor den Mund gepresst, doch das Schluchzen war nicht zu überhören.
Vali wollte sie nur noch in den Arm nehmen, sie an sich drücken und nie wieder los lassen. Wollte die Welt aussperren, und alles in seiner Macht stehende tun um ihr ihre Trauer zu nehmen. Alles.
Sie bemerkte weder ihn, noch Thore der ihm vorsichtig gefolgt war. „Was machen wir jetzt?“, wandte er sich hilfesuchend an seinen Freund, der ebenso betroffen schien. Manchmal war es leichter zu töten, als die richtigen Worte zu finden, dachte er sich. Als er vorsichtig zu ihr ans Bett trat, drehte sich Sarahs Kopf in seine Richtung, und dann streckte sie, zu seiner Überraschung, die Arme nach ihm aus. Ohne weiter zu überlegen beugte er sich zu ihr, und als sie ihre Arme um seinen Hals schlang hob er sie vorsichtig hoch und setzte sie auf seinen Schoß. Wie am Abend zuvor hatte Vali Sarah sicher in seinen Armen und er hielt sie so vorsichtig, als wäre sie aus Glas.
So behutsam hatte er Vali noch nie gesehen, und hätte Thore es einem der anderen Jungs erzählt, hätten sie ihn vermutlich in eine geschlossene Abteilung eingewiesen.
Sarah legte ihren Kopf an Valis Schulter, und atmete das erste Mal, seit sie die Nachricht erhalten hatte, tief ein. Er roch gut, ein bisschen wie frische Erde nach einem Sommerregen, dachte sie, und schmiegte sich noch fester an ihn. Es war ihr egal dass sie ihn eigentlich nicht kannte, es war ihr auch egal was er davon hielt. Sie brauchte die Wärme, wollte einfach einmal gehalten werden, wollte das Gefühl zurück, am Leben zu sein. Sie war an einem Punkt angekommen wo sie nehmen würde, was auch immer sie kriegen konnte.
Mit geschlossenen Augen hörte sie seinen Herzschlag tief in seiner Brust. So ruhig und gleichmäßig, so stark und zuversichtlich. Nicht zum ersten Mal wünschte sie sich auch über so eine innere Stärke zu verfügen. Ganz allmählich übertrug sich seine Ruhe auf sie. Die Wellen verebbten die sie geschüttelt hatten, ihre Atmung passte sich an seine an.
Als sie wieder die Augen öffnete, rechnete sie damit, dass er sie loslassen würde, aber das tat er nicht.
„Du warst auch in der
Weitere Kostenlose Bücher