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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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sprichst?«
    »Schweig, du unverschämter Bengel! Ich schütze mich lediglich vor ihrem unheilvollen Einfluss. Es hat ewig gedauert, bis ich den Jungen überreden konnte, wieder vom Dach herunterzukommen, Arnkel. Er hätte herunterfallen und sich das Genick brechen können, was Schande über Euch und mich sowieso gebracht hätte. So hat es sich zugetragen, das ist die Wahrheit. Ich verlange Genugtuung und eine Tracht Prügel für Hal.«
    Arnkel antwortete mit der tiefen Stimme, derer er sich auch sonst als Schiedsherr bediente: »Nun, Hal, da hast du dir ja eine Menge zuschulden kommen lassen. Es macht mir großen Kummer, dass du dir hintereinanderweg mangelnde Achtung für einen geschätzten Diener, Unachtsamkeit gegenüber deinem eigenen Leben und dreiste Missachtung der übernatürlichen Gefahren, die uns umgeben, geleistet hast. Hast du dazu irgendetwas zu sagen?«
    Hal nickte. »Ich möchte auf Eyjolfs Fehlverhalten hinweisen, Vater. Er hat nämlich nicht erwähnt, dass er mir fest versprochen hat, dir nichts davon zu berichten. Erst auf sein Versprechen hin bin ich vom Dach geklettert und habe den ganzen Tag lang die Ställe ausgemistet.«
    Hals Vater kratzte sich den Bart. »Mag sein, aber das macht deine Schandtaten nicht ungeschehen.«
    »Dazu möchte ich noch etwas sagen«, entgegnete Hal. »Zum einen war ich oben auf dem Dach keineswegs in Lebensgefahr. Du selber hast schon oft gesagt, dass ich flink und trittsicher wie eine Ziege bin. Das Dach hat dabei auch keinen Schaden genommen. Dass ich mich so mit den Trolden beschäftige, rührt daher, dass ich mehr über die Gefahren wissen möchte, die uns bedrohen, und zeugt eben gerade nicht von dreister Missachtung. Und was meine mangelnde Achtung gegenüber Eyjolf angeht, hat die ja wohl ihren guten Grund, denn er ist ein Wortbrüchiger und gehört eigentlich an den Füßen am Fahnenmast im Hof aufgehängt.«
    Eyjolf gab einen schrillen Protestlaut von sich, aber Hals Vater brachte ihn mit einer energischen Geste zum Schweigen.
    Arnkel trommelte mit den Fingerkuppen auf den Griff der Reitgerte und musterte seinen Sohn eindringlich. »Deine Argumente sind ziemlich dürftig, Hal, aber da du die Frage der Redlichkeit ins Spiel bringst, muss ich wohl oder übel darauf eingehen. Unsere eigene Redlichkeit und die unseres ganzen Hauses haben immer absoluten Vorrang, das umfasst auch Abmachungen zwischen einzelnen Personen. Hast du Hal wirklich versprochen, Schweigen über die Vorfälle zu bewahren, Eyjolf?«
    Der Alte schnaufte und prustete und sog die Wangen ein, musste aber widerstrebend eingestehen, dass dem so gewesen sei.
    »In diesem Falle kann ich Hal beim besten Willen keine Tracht Prügel verpassen.«
    »Danke, Vater! Wird Eyjolf denn für seinen Wortbruch bestraft?«
    »Die Enttäuschung darüber, dass du ungeschoren davonkommst, ist für ihn Strafe genug. Schau nur, was er für ein Gesicht macht. Halt! Hiergeblieben. Ich habe dir Straffreiheit zugesichert, aber ich bin noch nicht fertig.«
    Hal blieb auf halbem Weg zur Tür stehen. »Ja?«
    »Ich habe begriffen, dass dich deine häuslichen Pflichten anöden«, fuhr Arnkel fort. »Darum habe ich mir etwas anderes für dich einfallen lassen. Die Schafe sollen für die letzten Sommerwochen auf die Hochweide oberhalb des Hauses gebracht werden.Weißt du, wo das ist? Da oben ist es sehr einsam, und die Grenze, an der nächtens die Trolde umherlungern, ist nicht weit weg. Auch Wölfe gibt es dort, sogar um diese Jahreszeit... Ein Schäfer, der seine Herde dort weidet, muss geistesgegenwärtig und flink sein, mutig und einfallsreich. Aber über diese Eigenschaften verfügst du ja, nicht wahr?« Arnkel lächelte seinen Sohn flüchtig an. »Wer weiß, vielleicht bekommst du dort oben ja deinen ersten Trold zu Gesicht.«
    Hal überlegte, dann zuckte er scheinbar gleichgültig die Achseln. »Bin ich wieder hier, wenn dieVersammlung stattfindet?«
    »Ich lasse dich rechtzeitig holen. Aber genug jetzt! Geh nun.«

    Die Hochweide war höchstens eine Stunde Fußweg von Svens Haus entfernt, wenn man den gewundenen Pfad über die Hügel einschlug, aber wenn man dort angekommen war, wähnte man sich in einer anderen Welt. Man war umgeben von Gesteinsbrocken, Felsspalten und dunkelblauen Schatten und die einzigen Laute waren das sanfte Rauschen des Windes und der Gesang der Vögel. Die Schafe weideten überall, fraßen sich an Gras und Ried dick und rund. Auf einer kleinen Erhebung mitten auf der Wiese stand eine verfallene

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