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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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waren.
    Niemand, den er kannte, hatte schon einmal einen Trold gesehen. Niemand konnte ihm Näheres über diese Geschöpfe berichten.Wie viele gab es überhaupt davon? Wovon ernährten sie sich, wenn sie nicht an Menschenfleisch herankamen? Wie mochte das Hochmoor hinter der Hügelkuppe aussehen? Lagen dort die Eingänge zu ihren unterirdischen Bauten, die Überreste ihrer früheren Opfer?
    Fragen über Fragen, aber es kam Hal nie in den Sinn, sich den Gräbern auch nur zu nähern.

    Am einen Ende der Weide war ein Stück Schutzmauer eingestürzt, vielleicht während der Stürme im letzten Winter. Bei seiner Ankunft war Hal klar gewesen, dass er die Lücke wieder schließen musste, und er hatte auch tatsächlich den Versuch unternommen, jedoch bald gemerkt, was für eine elende Schufterei das war. Deshalb hatte er sein Vorhaben bald wieder aufgegeben, und da die Schafe sich nie so weit vorwagten, das Ganze irgendwann einfach vergessen.
    Die Wochen vergingen. Eines Nachmittags, im Laub der Bäume unten im Tal zeigte sich bereits der erste Anflug von Goldgelb und Braun, erwachte Hal aus einem Nickerchen und stellte fest, dass die Herde, launisch, wie Schafe nun mal sein konnten, zum allerersten Mal ans andere Ende der Weide gezogen war. Nicht weniger als acht Tiere waren über die verstreut umherliegenden Steine der eingestürzten Mauer geklettert und grasten jetzt dahinter.
    Mit einem erschrockenen Aufschrei schnappte sich Hal seinen Stab und rannte los. Rufend und mit den Armen fuchtelnd, scheuchte er die übrige Herde von der Lücke weg. Eins der ausgebüxten Tiere gesellte sich wieder zu ihnen, die übrigen sieben machten keinerlei Anstalten umzukehren.
    Hal trat an die Mauerlücke, vollführte eine Schutzgebärde, wie er es bei Eyjolf gesehen hatte, stieg über die Steine und stand auf dem verbotenen Hang.
    Die sieben Schafe betrachteten ihn argwöhnisch von dort, wo sie gerade standen.
    Hal setzte alle seine Schäferkünste ein. Er ging ganz langsam, um die Tiere nicht zu erschrecken, er stieß besänftigende kehlige Laute aus, er hielt den Stab gesenkt und bewegte sich unauffällig in Richtung Mauer, während er im Bogen um die Tiere herumging, und versuchte, sie behutsam, aber stetig auf die Lücke zuzutreiben.
    Wie auf Verabredung stoben die sieben Schafe in sieben verschiedene Richtungen über den Hügel davon.
    Hal schimpfte und fluchte, er rannte hinter dem nächstbesten Schaf her, trieb es aber nur weiter bergauf. Er stürmte hinter einem anderen her, rutschte aus, schlug der Länge nach hin und landete mit dem Gesicht im Matsch. So ging es den ganzen Nachmittag.
    Nach einer halben Ewigkeit und beträchtlichen Anstrengungen war es Hal gelungen, sechs Schafe durch die Mauerlücke wieder auf die Weide zu scheuchen. Er war völlig verschwitzt, außer Puste und von Kopf bis Fuß lehmverschmiert. Sein Stab war zerbrochen.
    Nur noch ein Schaf fehlte.
    Es war ein junges Mutterschaf, ungestüm und flink, das höher als die anderen geklettert war, fast bis zu den Hügelgräbern.
    Hal holte tief Luft, befeuchtete sich die Lippen und machte sich an den Aufstieg, wobei er seinen Weg so wählte, dass er sich dem Tier von hinten näherte. Dabei behielt er die nächstgelegenen Gräber stets im Auge – eingestürzte Säulen aus moosbewachsenen Steinbrocken, die sich scharf umrissen vor dem Himmel abzeichneten. Was das betraf, hatte er immerhin Glück. Es war ein diesiger Tag, sodass die Gräber keine Schatten warfen. Aber das Schaf war auf der Hut und drehte und wendete sich bei jedem Windhauch.Als Hal schon auf zwei Meter heran war, erblickte es den jungen Schäfer.
    Hal blieb wie angewurzelt stehen. Das Schaf glotzte ihn an. Es stand im Windschatten eines Grabhügels direkt auf der Talgrenze, wo es das saftige, lange Gras geschmaust hatte, das um die alten Steine wuchs. Hinter dem Tier erstreckte sich eine weite grüne Landschaft – das Hochmoor, über das in grauer Vorzeit die Helden gezogen waren und wo heute nur noch die Trolde hausten. Hals Mund wurde ganz trocken, sein Blick starr. Nirgends rührte sich etwas, er hörte nichts als den Wind.
    Mit unendlich langsamen Bewegungen riss Hal ein langes Grasbüschel ab. Ganz langsam streckte er es dem Schaf hin. Ganz langsam ging er mit bittendem Lächeln rückwärts.
    Das Schaf wandte sich ab und graste weiter. Es sah nicht mehr in Hals Richtung.
    Hal überlegte kurz. Dann machte er einen Riesensatz.
    Das Schaf trat aus, dann stob es auf und davon, zwischen den

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