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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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schwarze Silhouette schwebte im Nebel. Hal grinste grimmig. Auch er stand in Heldenpose da, breitbeinig und mit verschränkten Armen, ein Bild trotziger Gelassenheit.
    Hords Helm legte sich zweifelnd schief. »Ich sehe nichts als Schilf.«
    »Um Svens willen!« Hal sprang aus dem dichtesten Schilf, dessen Halme ihn zugegebenermaßen ein wenig überragten. »Siehst du mich jetzt?«
    Der wuchtige Kopf nickte. »Ich sehe jemanden, der wie eine Ratte aus einem Loch lugt.« Hords Gelächter klang wegen des Helmes hohl und hallend. »Demnach haben dich deine Leute tatsächlich hinausgeworfen?«
    »Eigentlich nicht«, gab Hal zurück. »Ich bin freiwillig gekommen.«
    »Darf ich fragen, warum?«
    »Ist das nicht sonnenklar? Deine Forderung lautete: Sobald ich herauskomme, stellt ihr den Angriff auf mein Haus ein. Oder habe ich mich da verhört?«
    Hord nickte bedächtig. »Du hast ganz richtig gehört. Darauf habe ich mein Ehrenwort gegeben. So soll es sein.«
    »Gut. Dann gib bitte deinen Männern Bescheid.«
    Hord schaute zu den Schatten am Feuer hinüber. »Löscht die Pfeile, tretet das Feuer aus! Das Haus soll nicht mehr brennen. Ehrlich gesagt, Hal Svensson«, er wandte sich wieder Hal zu, »damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hätte nicht gedacht, dass du freiwillig kommst, sondern dass man dich entweder wie ein kleines, dickes, mit Stricken verschnürtes Bündel zum Tor herauswirft oder eben nicht. In letzterem Fall hätten wir euren Hof zwar übel beschädigt, aber irgendwann wären uns die Pfeile ausgegangen und du hättest am Leben bleiben können. Ich gestehe, dass ich nicht recht begreife...«
    Hal fiel auf, dass Hord, während er mit ihm sprach, die Finger der dem Feuer zugewandten Hand spielen ließ. Gab er seinen Männern heimlich Zeichen?
    In ruhigem Ton, aber sich wachsam umschauend, antwortete Hal: »Ich tue nichts anderes als das, was du an meiner Stelle sicherlich auch getan hättest. Es wäre unehrenhaft gewesen, sich hinter der Mauer zu verstecken, wenn es meinen Leuten deswegen schlecht ergeht. Du hast es auf mich abgesehen, nicht auf sie. Sie haben sich mir zwar angeschlossen, um euren ersten Angriff abzuwehren, aber da ging es darum, das Haus zu retten.Was jetzt noch zwischen uns steht, sollten wir von Mann zu Mann austragen.«
    »Ganz meine Meinung. Dann komm hoch. Bringen wir’s hinter uns.«
    »Vielen Dank, aber ich bleibe lieber noch hier unten.« Hal schaute mit zusammengekniffenen Augen in den Nebel. In dessen Strudel und Wogen bildeten sich die seltsamsten Fantasiewesen und von dem verschwommenen Weiß taten Hal schon die Augen weh. Aber er glaubte, etwas zu erkennen – Gestalten, die sich zielstrebig von dem verlöschenden Feuer fortstahlen und heimlich ausschwärmten, um ihn zu umzingeln.
    »Ich muss dich zu deiner Taktik beglückwünschen«, fuhr Hord in herzlichem Ton fort. »Denn das mit dem Netz und alles andere hast doch du dir ausgedacht – nicht dein beschränkter Bruder. Du hast meinen ersten Versuch, euer Haus zu überrumpeln und zu erobern, verhindert. Was mich obendrein elf tapfere Männer gekostet hat – sowie drei andere, die dort drüben verwundet unter einem Baum liegen.«
    »Die Gefangenen sind alle noch am Leben«, erwiderte Hal. »Wenn du willst, können wir gern verhandeln. Beende deinen Streit mit mir und, bei meiner Ehre, du bekommst deine Leute wieder.« Er sprach laut genug, dass auch Hords Mitstreiter ihn hören konnten.
    Falls Hord den Vorschlag in Erwägung zog, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. »Meine Männer folgen mir bedingungslos, wie auch Hakons Männer ihm damals gefolgt sind. Sie nehmen jedes Schicksal klaglos hin. Ihretwegen den Tod meines Bruders nicht zu rächen, würde uns alle entehren.«
    Hal hörte Kies knirschen, Stoff im Gras rascheln. Er bekam eine Gänsehaut. Aber er unternahm nichts. Noch nicht. Sie sollten ruhig ganz nah herankommen.
    »In diesem Fall«, gab er zurück, »hat es wohl wenig Zweck, dich um Frieden zu bitten, oder? Dir vorzuschlagen, diese Auseinandersetzung zu beenden, ehe sie sich verselbstständigt? Es hat schon zu viele Tote gegeben – und wofür? Hat einer von uns beiden dadurch etwas gewonnen? Lass uns den alten Streit beilegen! Warum sollten du und ich uns nicht gemeinsam dafür einsetzen, dass unsere beiden Häuser in Frieden miteinander leben? Wäre das nicht viel ehrenhafter, als sich nach dem Leben zu trachten?«
    Die wuchtige Gestalt auf der Böschung trat drohend einen Schritt vor und der

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