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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Katla machte sich unterdessen im Zimmer zu schaffen.
    Als er aufgegessen hatte, legte Hal sein Messer weg und sagte kleinlaut: »Das war lecker. Besonders wenn ich dran denke, dass es die letzte vernünftige Mahlzeit ist, die ich in den nächsten Tagen kriege, jedenfalls bis die Versammlung zu Ende ist.« Dann versagte ihm die Stimme. Er legte die Hand über die Augen.
    Katla schien nichts gemerkt zu haben. »Es wird ja nicht deine letzte Versammlung sein«, erwiderte sie. »Bald ist wieder Sommer. Dann findet das Ganze bei den Ormssons statt, soweit ich weiß.«
    »Ich habe noch überhaupt nichts von der Welt gesehen«, sagte Hal verzweifelt. »Und jetzt, wo die Welt endlich zu uns kommt... verbietet man mir, sie kennenzulernen! Ich hätte verdammt Lust, einfach davonzulaufen, Katla. Ich lasse mich nicht hier einsperren.«
    »Schon gut, mein Lieber. Deine Beine sind noch ein bisschen zu kurz zum Davonlaufen. Du kämst nicht weit.Willst du jetzt dein Nachthemd anziehen?«
    »Nein. Du, Katla?«
    »Ja?«
    »Gibt es jenseits der Hügelgräber auch Straßen?«
    Die alte Frau sah ihn erstaunt an. »Straßen? Wie in aller Welt meinst du das?«
    »Na, irgendwelche alten Straßen, auf denen die Siedler in dieses Tal gekommen sind. Damals, vor Sven. Straßen, die in andere Täler, zu anderen Menschen führen.«
    Die Amme schüttelte schmunzelnd den Kopf. »Falls es damals irgendwelche Wege gab, sind sie inzwischen längst wieder zugewachsen. Die Besiedlung unseres Tals ist schon lange, lange her. Außerdem gibt es sowieso keine anderen Täler und anderen Menschen.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Wie kann es dort, wo die Trolde ihr Unwesen treiben, irgendwelche Straßen geben? Die Trolde würden doch jeden Wanderer sofort fressen.«
    Hal dachte an das Jungschaf und hatte ein schlechtes Gewissen. »Und wenn wir wieder Schwerter schmieden und dort hinaufziehen, um die Trolde in die Flucht zu schlagen? Vielleicht können wir ja dann das Hochmoor durchqueren und...«
    Katla setzte sich auf die Bettkante, wobei ihre Kniegelenke vernehmlich knackten. »Ach, Hal... Es gab mal einen Jungen, der war dir in mancher Hinsicht sehr ähnlich, nur dass er größer war, glaube ich jedenfalls. Dieser Junge hat damals auch alle Warnungen vor den Trolden in den Wind geschlagen.«
    »Ich hab doch bloß gemeint, dass...«
    »Der Junge entstammte nicht Svens Familie, sondern einem der anderen Häuser, wo die Leute weniger Verstand haben, höchstwahrscheinlich aus Eiriks oder Hakons Haus. Jedenfalls verkündete der Junge, er wolle eine Wanderung durchs Hochmoor unternehmen. Natürlich war er verrückt... man hätte ihn in einer Hütte anketten sollen, aber seine Leute ließen ihn ziehen. Sie sahen ihn zwischen den Hügelgräbern herumklettern und auf dem Kamm herumspringen. Ein-, zweimal hat ihnen der dreiste Bursche sogar noch zugewinkt.Weißt du, was dann passiert ist?«
    Hal seufzte. »Wahrscheinlich nichts Erfreuliches.«
    »Ganz recht. Dichter Nebel kam auf, wie es im Gebirge öfter der Fall ist. Der Junge wurde davon verschluckt. Es wurde so dunkel, als wäre es schon Nacht, obwohl es erst kurz nach Mittag war. Als der Nebel am dichtesten war, hörten die Leute spitze Schreie. Es war nicht weit weg, aber natürlich konnten sie dem Rufenden nicht zu Hilfe eilen. Dann kam Wind auf und trieb den Nebel ins Hochmoor. Die Sonne kam heraus und der Junge war wieder zu sehen. Er steckte bis zur Hüfte im Erdboden, kaum zehn Schritte vom nächsten Hügelgrab entfernt. Er war noch am Leben, rief wimmernd um Hilfe. Ein mutiger Mann lief zu einem Gebüsch, schnitt einen Schössling ab und hielt ihn zwischen die Gräber. Der Junge griff danach. Die Leute zogen... Tja.«
    »Den Rest kann ich mir denken«, sagte Hal rasch.
    »So etwas Grausiges kannst du dir gar nicht denken. Erst fiel ihnen auf, dass der Junge viel leichter war, als man hätte meinen sollen. Dann sahen sie, dass er ein rotes Rinnsal hinter sich herzog. Und dann sahen sie, dass er keinen Unterkörper mehr hatte.«
    »Ja, ja. Ich...«
    »Er war nur noch bis zum Bauchnabel übrig.Alles andere war entweder aufgefressen oder unter die Erde verschleppt. Natürlich war er tot, ehe man ihn hinter den Gräbern in Sicherheit bringen konnte. Das war die Geschichte von dem Jungen, der nicht an Trolde glaubte. Ich könnte dir noch viele ähnliche erzählen.«
    »Bestimmt. Ich glaub, ich schlaf jetzt mal.«
    »Immerhin hast du nun hoffentlich verstanden, dass dein Los wesentlich härter sein

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