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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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ihrem Kinn, und erwiderte selbstbewusst: »Irrtum. Ich bin kein Diener.«
    Das Mädchen verdrehte die Augen. »Wie nennt man solche wie dich denn sonst im Hause Sven? Knechte? Gesinde? Packesel? Packesel würde passen. Aber wir könnten den ganzen Tag Haarspaltereien betreiben, letztlich läuft es auf dasselbe hinaus: Sammle einfach die Äpfel auf.«
    »Ich heiße Hal Svensson. Ich bin...«
    »Oje, du nennst dich doch nicht etwa ›Gefolgsmann‹ oder so? So heißen sie in Hakons Haus, glaube ich, jedenfalls würde es zu den Hakonssons passen,Wichtigtuer allesamt. Wir aus Arnes Haus nennen die Dinge lieber beim Namen, schlicht und ergreifend. Ein Diener ist ein Diener.« Sie machte eine kleine Pause. »Wie bitte?«
    Hal sprach übertrieben laut und deutlich: »Ich heiße Hal Svensson. Ich bin der Sohn von Arnkel, dem Oberhaupt dieses Hauses, und von Astrid, der Schiedsherrin. Wer du auch sein magst, du bist Gast in meinem Haus und klaust meine Äpfel. Darf ich fragen, weshalb du mich, statt mir mit angemessener Achtung zu begegnen, beleidigst, indem du mich wie einen Diener behandelst? Was hast du zu deiner Verteidigung vorzubringen?«
    Das Mädchen wies auf seine Kleidung. »Dass du nicht in eure Farben gekleidet bist.«
    »Oha.« Hal schaute an sich herunter. »Hm.« Sie hatte recht. Unten auf der Festwiese trat seine Familie natürlich in ihren offiziellen Farben Silber und Schwarz auf. Leif stolzierte sicherlich von Kopf bis Fuß schwarzsilbern über das Gelände, und den wichtigeren Mitgliedern der Diener, zum Beispiel Grim, Unn und sogar Eyjolf, war es erlaubt, dunkle Kleidung mit silberner Stickerei zu tragen. Hal hingegen hatte man das verboten. Darum trug er lediglich ein einfaches braunes, fleckiges Hemd, was, besonders bei einem so festlichen Anlass, nur bedeuten konnte, dass er ein niederer Diener war.
    Das Mädchen hüstelte. »Tja... und was hast du zu deiner Verteidigung vorzubringen?«
    Hal kratzte sich den Nacken. »Na ja, ich... ich trage die Farben halt nicht.«
    »So weit waren wir schon. Habe ich gerade eben festgestellt.«
    Hal spürte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss. »Ich versichere dir noch einmal«, begann er, »dass ich Hal bin...«
    »Du brauchst nicht deinen ganzen Stammbaum noch mal herzubeten«, fiel ihm das Mädchen ins Wort. »Wir sind hier in einem Garten, nicht in einem Festsaal. Ich habe begriffen, wer du bist. Ich weiß alles über deine Familie. Ich habe sie im Unterricht bei meiner Tante durchgenommen. Leider. Die meisten von euch sterben eines ausgesprochen bescheuerten Todes.«
    Hal fuhr zusammen. »Blödsinn!«
    »Doch. Bären, Wölfe, Brunnen, Ameisenbisse... Wenn das nicht bescheuert ist, weiß ich auch nicht.«
    »Es war eine Biene. Ein Bienenstich.«
    »Mich wundert, dass noch keiner von euch dran gestorben ist, dass er eine Mücke verschluckt hat, aber wenn du den Mund weiter so aufsperrst, bist du ja vielleicht der Erste.« Das Mädchen, dessen Miene bis dahin selbstverständliche Überlegenheit ausgedrückt hatte, grinste unvermittelt von einem Ohr zum anderen. Dabei wurden ihre Augen ganz schmal. Hals Magen schlug einen Purzelbaum, aber vielleicht war ihm ja das Frühstück nicht bekommen.
    »Wie dem auch sei«, fuhr das Mädchen fort, »wen kümmern schon Stammbäume und Familiengeschichten? Das ist doch alles blöd und sterbenslangweilig. Ich bin Aud Ulfarstochter aus Arnes Haus.« Sie streckte Hal die schmutzige Hand hin, dann fiel ihr Blick auf ihre Handfläche und sie rieb die Hand hastig an ihrem Kleid sauber. »Keine Ahnung, wo das herkommt. Hat wohl oben auf dem Baum gelebt. Hätte nicht gedacht, dass die schon so früh rauskommen. So – jetzt ist sie einigermaßen sauber.«
    Hal gab sich einen Ruck und nahm die Hand, dabei kramte er in seinem Gedächtnis, was er über die talabwärts lebenden Arnessons wusste. Er vermutete, Ulfar Arnesson war ein Vetter seiner Mutter... jedenfalls war er schon einige Male zu Besuch gekommen. Hal glaubte, sich zu erinnern, dass seine Eltern eine hohe Meinung von Ulfar hatten, weil er sich so gut mit den Gesetzen auskannte.
    »Deinen Vater habe ich schon mal kennengelernt«, sagte Hal auf gut Glück. »Er ist ein kluger, umsichtiger Mann.«
    Das Mädchen rümpfte die Nase. »Ach ja? Ich für meinen Teil finde ihn kleinlich und eingebildet. Du bist doch hoffentlich nicht auch so einer, oder?«
    Hal hob gekränkt das Kinn. »Nein.«
    »Gut. Aber warum trägst du nicht die Farben deiner Familie und bist auf der

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