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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Astrids Gesicht an.«
    Aber Hal blickte stur geradeaus ins Kaminfeuer. Beim Gedanken an die Begegnung mit Ragnar Hakonsson wurde sein Mund ganz trocken. Wie würde sich der junge Mann verhalten, wenn er Hal wiedererkannte? Ihm eine runterhauen? Einen Wutschrei ausstoßen? Ihn verfluchen? Alles war möglich.
    Die drei Gäste schritten nun die Reihe ab und wechselten mit den Gastgebern höfliche Grußworte. Hal hörte Leifs mürrische Erwiderung, das gezierte Geplapper seiner Schwester... dann war Hord Hakonsson bei Brodir angelangt.
    Schweigen. Keiner der beiden Männer sagte etwas. Sie reichten einander nicht einmal die Hand.
    Hord ging weiter. Jetzt stand er vor Hal und blickte von hoch oben auf ihn herunter. Er hatte einen rötlichen, an den Wangen kurz geschorenen, akkurat gestutzten Bart. Wie Ragnar und seine Freunde trug auch er das Haar streng aus dem Gesicht gekämmt und am Hinterkopf zusammengebunden. Der breitschultrige, kräftig gebaute Mann mit dem Stiernacken, den Hängebacken und der niedrigen Stirn musterte Hal nur mit flüchtigem Interesse. Hal räusperte sich und stellte sich vor. Seine Hand wurde von einer fleischigen Pranke umschlossen, dann ging Hord weiter.
    Als Nächster trat Olaf Hakonsson, Hords jüngerer Bruder, vor Hal hin. Olaf hatte ein schmaleres Gesicht. Seine spitze Nase erinnerte an eine Messerklinge und der Bart verdeckte die schmalen, zusammengekniffenen Lippen. Auch er ignorierte Brodir geflissentlich, nickte Hal zu und ging weiter.
    Nun kam die Reihe an Ragnar, der sich offenkundig noch nicht wieder ganz von seiner Magenkrankheit erholt hatte, denn er war blass und fleckig im Gesicht. Er blieb vor Hal stehen, sah ihn an und stutzte. Hal erschrak und räusperte sich. Er machte sich auf einen Wutanfall, auf wüste Anschuldigungen gefasst... Stattdessen betrachtete ihn Ragnar erst gleichgültig und dann vage verwundert. Stirnrunzelnd musterte er Hal von Kopf bis Fuß … Er sah aus wie jemand, der aus einem Traum erwacht und noch mit der Wirklichkeit zu kämpfen hat. Doch zu guter Letzt zuckte er die Achseln, schüttelte kaum merklich den Kopf, nickte Hal mit gleichgültiger Miene zu und schritt an ihm vorbei in die Halle hinein, wo die Diener mit Bier gefüllte Becher anboten und das Kaminfeuer hoch emporloderte.
    Hal sah ihm noch immer staunend nach, als die nächsten Gäste auch schon ankamen. Es war Ulfar Arnesson, der Vermittler, ein schmächtiger Mann mit grauem Haupt- und Barthaar und blitzenden, hellwachen Augen. Er umfasste die Hände aller mit übertriebener Verbindlichkeit, als müsste er sein Gegenüber unbedingt vor einer Unbesonnenheit bewahren. Ihm folgte ein stilles, schlankes, hübsches Mädchen in einem schlichten, sauberen violetten Gewand und aus dem Gesicht gekämmtem, kunstvoll geflochtenem, hellem Haar. Sie schritt die Reihe der Gastgeber in aufrechter Haltung ab und nickte jedem höflich zu. Hal sah, dass Leif und Gudny sie neugierig angafften.
    Als sie an ihm vorbeikam, kräuselten sich Auds Mundwinkel flüchtig, und ihre Augen leuchteten auf. Aber da kamen schon Eyjolf und seine Helfer mit den schwer beladenen Servierplatten herein und man setzte sich zum Essen.
    Zunächst nahm das Festessen einen erfreulichen Verlauf. Man genoss Gänse- und Entenbraten, die dampfend aus der Küche gebracht wurden, außerdem gab es Lachs aus dem Tieftal, geschmorte Zwiebeln, Gemüse und Salat. Die Becher wurden immer wieder bis zum Rand nachgefüllt, man plauderte über belanglose Dinge. Die Sitzordnung entsprach dem jeweiligen Rang der Gastgeber und Gäste, sodass Hal am unteren Ende des Tisches seinen Platz hatte, dort, wo die Servierplatten schon fast leer ankamen. Hätte die Ziegenhirtin Gudrun ebenfalls an dem Essen teilgenommen, hätte sie noch weiter am Ende sitzen müssen, aber nicht viel.
    Andererseits war Hal heilfroh, dass er erstens schön weit weg von Ragnar und zweitens in Auds Nähe saß. Er beobachtete verstohlen ihre anmutigen Bewegungen. Sie hatte ausgezeichnete Tischmanieren und erinnerte kaum noch an den zerzausten grün verschmierten Wildfang, den er im Obstgarten kennengelernt hatte. Nur der belustigte Blick, wenn sie in seine Richtung sah, war noch der Gleiche. Hal beugte sich zu ihr hinüber. »Ein Glück, dass du nichts von dem Bier getrunken hast.«
    »Ich hab’s gerochen. Nur ein Schwachkopf hätte davon gekostet.« Sie grinste verschmitzt.
    »Komischerweise hat mich Ragnar gar nicht erkannt«, raunte Hal. »Ich kapier das nicht!«
    Sie zupfte einen

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