Vampir à la carte (German Edition)
glaubte, sich aber unbedingt Gewissheit verschaffen musste. Immerhin schien Bricker jemand zu sein, der auf die verrücktesten Ideen kam. Er war jung genug, um nicht immer daran zu denken, wie fragil Sterbliche waren. Auch wenn es nur ein flüchtiger Gedanke gewesen war, der Cale bei der Frage nach dem Täter gekommen war, war er ihm doch hartnäckig genug im Kopf hängen geblieben, um immer wieder an die Oberfläche zu kommen. Doch Brickers erschrockene Reaktion war nur schwer so überzeugend vorzutäuschen, dass Cale dem Mann seine Unschuld abnahm, als er ihn wüst fluchen hörte.
»Nein! Natürlich habe ich Alex nicht überfallen, nur damit du dich an sie ranmachen kannst. Lieber Himmel, wofür hältst du mich eigentlich? Sie ist Sams Schwester! Ganz zu schweigen davon, dass sie die beste Köchin weit und breit ist! Mein Gott, sie … ist sie verletzt?«, fragte er, nachdem er seinen Redefluss abrupt unterbrochen hatte.
»Sie hat eine leichte Gehirnerschütterung, aber es geht ihr den Umständen entsprechend gut. Sie soll nur die nächsten Tage einen Gang zurückschalten.«
Bricker gab ein leises Grummeln von sich und fuhr empört fort: »Ich kann es nicht fassen, dass du mir zutraust, ich könnte hinter einem Angriff auf Alex stecken. Es ist eine Sache, wenn ich vorschlage, in meinem Van zu sitzen und Däumchen zu drehen, während dir im Traum eine Latte wächst, aber ein Überfall? Danke, ohne mich!«
»Während mir was wächst?«
»Während du einen Ständer kriegst«, erklärte der andere Mann und fügte dann hinzu: »Oder eine Erektion, wie die Leute sagen würden, die zu alt sind, um sich moderne Sprachgebräuche anzueignen … und die offenbar auch nicht in der Lage sind, den Charakter eines anderen richtig einzuschätzen. Du hast wirklich zu viel Zeit allein verbracht, wenn du glaubst, ich würde …«
»Eigentlich glaube ich das ja gar nicht«, unterbrach Cale ihn hastig und hoffte, den Wutausbruch des anderen Mannes damit stoppen zu können. »Es ist nur, dass jetzt irgendwie das erreicht wurde, was alle so unbedingt wollten. Da habe ich mich gefragt, ob das vielleicht nicht bloß ein Zufall war.«
»Natürlich war es kein Zufall«, herrschte Bricker ihn an und hörte sich immer noch genauso aufgebracht an. »Man überfällt nicht zufällig jemanden, aber ich kann dir versichern, ich habe damit nichts zu tun. Und ich weiß, Mortimer würde so etwas auch nicht tun. Was Julius angeht, kenne ich ihn nicht gut genug, um ihn richtig einzuschätzen, aber ich traue es ihm nicht zu. Lucian dagegen schon«, fügte er bissig hinzu. »Der alte Sack ist zu allem fähig, und ihm wäre jedes Mittel recht, um sein Ziel zu erreichen. Er würde eine Frau mit einem Knüppel niederschlagen und sie hinter sich her in seine Höhle schleifen.«
»Woher weißt du, dass der Angreifer sie hinter sich hergeschleift hat?«, fragte Cale argwöhnisch und zog damit erneut Brickers Zorn auf sich, was dieser mit einem derben Fluch zum Ausdruck brachte.
»Das war im übertragenen Sinne gemeint«, machte Bricker ihm klar. »Lieber Gott, du scheinst ja tatsächlich zu glauben, ich könnte zu so was in der Lage sein. Für wen hältst du mich eigentlich?«
»Für jemanden, der den Vorschlag macht, ich sollte doch ihr Haus in Flammen aufgehen lassen, damit sie sich bei mir im Hotel einquartiert«, erwiderte Cale und griff damit einen von vielen wenig hilfreichen Vorschlägen auf, die Bricker im Lauf des Abends zum Besten gegeben hatte.
»Das war ein Scherz gewesen! Ich habe einen Witz gemacht. Mann o Mann, ihr alten Säcke habt aber auch keinen Funken Humor im Leib. Das ist bei dir genauso unterwickelt wie deine Fähigkeit, mit einer Frau zu flirten!«
Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann sprach Bricker in einem Tonfall weiter, dass Cale merkte, dem Mann war soeben ein wichtiger Gedanke durch den Kopf gegangen.
»Ich nehme an, du hast den Angreifer nicht gesehen, oder?«, fragte er.
»Nein.«
»Aber war es ein Unsterblicher?«
Cale zögerte. »Das weiß ich nicht mit Sicherheit. Ich habe ihn – wie gesagt – nicht gesehen, und Alex hat nichts in diese Richtung verlauten lassen. Wieso fragst du?«
Bricker schwieg daraufhin so lange, dass Cale schon glaubte, er würde gar keine Antwort erhalten. Schließlich kam die widerstrebende Bemerkung: »Es gibt da Probleme mit einem ganz bestimmten Abtrünnigen. Einem Schlitzer.«
Cale erstarrte, als er das hörte. Sein Cousin Decker hatte auf dem Hochzeitsempfang in New York
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