Vampir-Legende
läßt. Noch sind keine Blutsauger hier in der Nähe von New Orleans erschienen, aber es gibt eben diese Hinweise, die sehr deutlich sind. Ich habe mit den Vorgesetzten in Washington gesprochen. Dort sind wir übereingekommen, nichts an die große Glocke zu hängen. Stellt euch mal vor, es spricht sich herum, daß FBI-Agenten zu Vampiren wurden.«
»Das haben wir schon alles erlebt«, sagte Suko.
»Wie?«
»Wir mußten mal eine Vampir-Polizei bekämpfen. Polizisten als Blutsauger…« [1]
Abe trank einen Schluck. Der Saft gluckerte aus der Dose in seine Kehle. »Aber hier sind es FBI-Beamte, die dem Kult frönen, das wißt ihr.«
Das wußten wir in der Tat, sonst hätten wir uns auch nicht auf die Reise in die Staaten gemacht. Die Unterwelt hatte Wind bekommen, und es gab genügend Spitzel, die an die Polizei herangetreten waren, um Meldungen abzugeben. Es offiziell alles unter einer Decke des Schweigens vertuscht worden, aber die Alarmglocken hatten sogar im fernen Washington geläutet. Und dort saßen die Leute, die sich an einen Mann namens Abe Douglas erinnerten, der ihnen bisher gute Dienste erwiesen hatte. In kleinen Dingen, aber auch in Fällen, die als Staatsgeheimnis galten.
Abe Douglas war nicht faul geblieben. Er hatte recherchiert und festgestellt, daß es tatsächlich so etwas wie einen Geheimbund oder eine Bruderschaft unter seinen Kollegen gab. Spuren wiesen auf eine Sekte hin, die sich mit altägyptischen Religionen beschäftigten, was vordergründig mit Vampiren nichts zu tun hatte.
Auch wenn Blutsauger nicht gesichtet worden waren oder Opfer hinterlassen hatten, wollte Abe alles in seiner Macht Stehende tun, um dieses auch in Zukunft zu verhindern. Deshalb hatte er uns kommen lassen. Wir wollten uns bei denjenigen umschauen, die in Verdacht standen, dieser Vereinigung anzugehören. Das war aber nicht alles.
Denn auf der anderen Seite mußten wir die Zentrale oder den Tempel der Organisation finden, den es irgendwo geben sollte.
Viel war es also nicht, was wir in der Hand hielten; aber wir hatten schon mit weniger angefangen. Mir paßte nur nicht ganz, daß wir wieder in der Gegend von New Orleans und Baton Rouge umherwanderten, denn an die Sümpfe hatten wir keine guten Erinnerungen. Es waren schlimme Fälle gewesen, die wir hier erlebt hatten.
Es wurde dunkler. Die Nacht kam. Das Geschrei der Tiere aus den Sümpfen hatte etwas abgenommen. Wenn ich den Kopf nach links drehte, konnte ich zwar nicht viel sehen, aber ich wußte, daß dort Sümpfe sowie Nebenarme des Vaters aller Ströme lagen, ein weit verzweigtes Netzwerk und Delta, eine feuchtheiße Hölle.
Es brannte nur eine Lampe am Rand der Veranda. Durch ihr gelbliches Licht wirbelten Mücken und Nachtfalter, aber auch fette Fliegen und anderes Getier.
Abe schaute auf seine Uhr.
»Wie lange noch?« fragte ich.
»In zehn Minuten müssen wir los.«
»Gut.«
Wir würden nicht in einen Wagen steigen, sondern mit einem Boot den Kanal entlangfahren, um zu unserem Ziel zu gelangen.
Wir wollten eine gewisse Lucille Clayton besuchen, die uns angeblich mehr über die Vereinigung sagen konnte. Sie war mit einem der Verdächtigen verheiratet, aber beide hatten sich vor kurzem getrennt, und zuvor war es zwischen ihnen zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen, wie Abe Douglas aus sicherer Quelle erfahren hatte.
Diese Lucille Clayton haßte ihren Mann, und sie würde alles tun, um ihn zu schädigen.
Ob das alles so stimmte, wußten wir nicht, hofften aber, es herauszufinden. Zudem war Lucille aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen und lebte jetzt bei einer Bekannten oder Freundin in einem der zahlreichen Billighäuser an den Flußarmen, die wegen der Hochwassergefahr auf Stelzen gebaut waren.
Wir tranken unsere Dosen leer. Abe hatte schon gezahlt. Als wir uns erheben wollten, betrat der Wirt die Veranda. Er war ein Schwarzer mit einem grauen Oberlippenbart. Er hatte eine Schürze umgebunden, die auch schon bessere Tage gesehen hatte. Er blieb stehen und grinste schief.
»Wir wollen nichts mehr«, sagte Abe und stand auf.
»Ich habe guten und frischen Fisch.«
Douglas deutete auf das Abzugsrohr. »Ja, das haben wir gerochen.«
»Und?«
»Dabei ist uns der Appetit vergangen.«
Der Wirt war nicht beleidigt. Er lachte, drehte sich wieder um und verschwand in seinem Reich.
»Lieber verhungern, als hier Fisch zu essen«, murmelte der G-man. Wir verließen die Veranda und bewegten uns über eine weiche Rasenfläche dem Schwemmland
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