Vampir sein ist alles
mehr auf, mit dem Fuß auf den Teppich zu klopfen.
„Wir müssen nach jemandem suchen, der ein Motiv für beides hat. Fällt dir jemand ein, der Sebastian gern loswerden würde und dich so sehr hasst, dass er dich töten oder zumindest alles zerstören würde, was dir lieb und teuer ist?“
Ich nagte an meiner Unterlippe und überlegte. „Nun, Xylia und ich sind wegen Lilith aneinandergeraten. Sie hielt es für unfair, dass ich eine Göttin habe, weil sie wohl dachte, ich
würde deswegen automatisch zur Hohepriesterin des Zirkels gewählt. Und von Vampiren scheint sie auch nicht viel zu halten.“
Mátyás’ Augen leuchteten auf. „Das ist doch schon mal ein Anhaltspunkt. Sonst noch jemand?“
Ich hörte Schmatzgeräusche hinter mir. Barney war offenbar aus ihrem Transportkorb hervorgekommen, um den Thunfisch zu probieren. Ich betastete vorsichtig meinen Hals. „Also, Marge war im Laden, kurz bevor sich das Windspiel auf mich gestürzt hat, und hat nach Büchern über Lilith gesucht.“
„Gut, was haben wir also? Xylia, Marge und Micah – drei Verdächtige?“
„Mindestens“, entgegnete ich und dachte nach. Wer hatte sich besonders für Sebastian interessiert? Blythe zum Beispiel. Ich versuchte, mich daran zu erinnern, ob ich sie bei unserem letzten Treffen gesehen hatte. Micahs Auftauchen hatte mich so durcheinandergebracht, dass ich nicht mehr wusste, ob sie dabei gewesen war oder nicht. Sie hatte gesagt, sie sei nur eine Studentin der Vergleichenden Religionswissenschaften, aber da sie die Einladung zu dem Kennenlerntreffen gesehen hatte, musste sie magische Kräfte haben. „Da ist noch jemand aus dem Zirkel. Blythe heißt sie, und sie schien ziemlich angetan von Sebastian zu sein.“
Gut, das war stark untertrieben, doch ich hatte keine Lust, mir schon wieder eine freche Bemerkung von Mátyás zum Thema „Beißspielzeug“ anzuhören. Apropos: „Ach ja“, fügte ich hinzu. „Und wahrscheinlich hassen mich sämtliche Blutspenderinnen von Sebastian. Wie ich hörte, hat er angefangen, sich von ihnen zu trennen.“
„Du liebe Zeit, Garnet! Wer will dir eigentlich nicht an den Kragen?“
Ich lachte bekümmert. Aber bei dem Stichwort „Blutspenderinnen“ war mir Traci wieder eingefallen. Es wurde Zeit nachzusehen, ob sie mir schon eine Nachricht wegen des
LiveJournal-Blogs geschickt hatte. „Würdest du mich zum Laden fahren?“
Mátyás warf einen Blick auf meinen Hals. „Willst du magische Ermittlungen durchführen? Um herauszufinden, wer versucht hat, dich umzubringen?“
Daran hatte ich eigentlich gar nicht gedacht, aber er hatte recht. Es war wirklich sinnvoll, im Laden nach magischen Rückständen zu suchen. „Ja, und ich muss meine E-Mails checken.“
Er lachte. „Du hast ja interessante Prioritäten!“
„Es geht um Sebastians Blutspenderinnen ... äh, Versorgerinnen. Sie haben eine Online-Community.“
Mátyás verdrehte die Augen. „Natürlich.“
Als wir in den Jaguar einstiegen und ich einen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett warf, stellte ich überrascht fest, dass es erst halb sieben war. Ich hatte mir den Schlüssel von Mátyás geben lassen, weil er zu viel getrunken hatte. Die Sonne ging noch nicht einmal unter, aber wegen der dichten Wolkendecke hatte man den Eindruck, es wäre schon viel später. Als mein Magen zu knurren begann, fiel mir ein, dass ich noch nicht zu Abend gegessen hatte.
Im Wagen war es kühl, fast schon zu frisch, und die Luft, die zum offenen Fenster hereinkam, fühlte sich warm und feucht an. Sie duftete nach Klee.
Ich ließ den Motor an, der leise und ohne den kleinsten Muster zu schnurren begann. An so einen Flitzer hätte ich mich durchaus gewöhnen können.
Mátyás war grantig. „Ich bin noch fahrtüchtig!“, ranzte er mich an.
„Vorsicht ist besser als Nachsicht“, entgegnete ich und fuhr in einem eleganten Bogen von der Einfahrt auf die Straße.
„Schon gut! Nachdem du deine E-Mails gecheckt hast, sollten wir deinen Zirkelfreunden einen Besuch abstatten. Hast du das schwarze Buch dabei?“
Schon, aber ich hatte nicht vor, es zu benutzen. Ich hob abwehrend die Hand. „Nein, von solchen Spontanaktionen habe ich vorläufig genug.“ Mit der direkten Ansprache hatte ich in letzter Zeit keinen Erfolg gehabt. Diese Methode hatte mir lediglich eine peinliche Begegnung mit Walter, Sebastians Steuerberater, beschert und eine sonderbare, verworrene Episode mit Alison und Traci. „Wir müssen uns erst mal einen vernünftigen
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