Vampirblut (German Edition)
war groß – wirklich groß für unser Alter. Ich ging ihm gerade mal bis zur Brust. Sein blondes Haar hatte er mit Gel zu stacheligen Spitzen gezupft und seine grauen Augen strahlten mich den ganzen Abend an, obwohl ich nicht gerade in bester Stimmung war. Dakota versetzte mir hin und wieder einen sanften Tritt gegen das Schienbein, wenn ich all zu offensichtlich mit meinen Gedanken abdriftete.
Nervös huschten meine Blicke immer dann zur Tür des Diners, wenn jemand hereinkam, und die Türglocke ertönte. Ich wusste nicht, wie ich darauf reagiert hätte, wenn William hereingekommen wäre und mein Blick auf seine wundervollen Augen getroffen wäre. Ich war hin und her gerissen zwischen dem Wunsch ihn zu sehen, und der Angst vor dem, was er war. Mit aller Macht versuchte ich mich auf das Gespräch am Tisch zu konzentrieren, was mir nur sporadisch gelang.
Gerade hatte mir Dakota wiedermal kraftvoll gegen mein Bein getreten und ich zuckte erschrocken zusammen. Alle Augen an unserem Tisch ruhten erwartungsvoll auf mir. „Oh, tut mir leid. Ich war gerade abwesend. Was war denn?“, brachte ich entschuldigend vor.
„Das haben wir bemerkt“, scherzte Tucker. „David wollte wissen, ob wir morgen gemeinsam ins Kino nach Mariposa fahren.“
„Oh, ja klar.“ Ohne überhaupt darüber nachgedacht zu haben, stimmte ich zu. Erst Sekunden danach erfasste ich wirklich, um was es eigentlich ging – ein Doppeldate. Verärgert über mich selbst, rollte ich mit den Augen. Doch jetzt konnte ich mich nicht mehr aus der Affaire ziehen. Ich war heute ohnehin schon eine Enttäuschung für Dakota, die mir ständig vorwurfsvolle Blicke zuwarf. Ich würde mich eben da durchkämpfen müssen, ohne dass David sich zu große Hoffnungen machte. Noch einmal würde ich meine Prinzipien nicht vergessen.
„Und wie ist denn das Leben in L.A. so?“, wollte David wissen. Er versuchte wirklich irgendwie mit mir in Kontakt zu kommen, selbst wenn das hieß, so blödsinnige Fragen, wie diese zu stellen. „Kennst du viele Stars?“
„Oh, ja. Eine Menge. Erst letzte Woche war ich zu Hause bei Britney“, scherzte ich und gab mir Mühe etwas freundlicher zu wirken.
„Oh, Britney, ja die kenne ich auch“, witzelte David zurück. „Trägt sie denn noch immer Glatze? Erzählt mal, wie war das eigentlich dort unten in diesem Schacht?“, wechselte David das Thema in eine andere, weniger belanglose Richtung.
„Grauenvoll“, antwortete Dakota, mit etwas übertriebener Dramatik. „Ohne Tucker wären wir da nie lebend rausgekommen. Er war wirklich toll da unten.“ Ich nickte zustimmend, während Tucker ob soviel weiblicher Dankbarkeit rot wurde. „Ich dachte wirklich wir müssen sterben, und als Josie dann auch noch ...“ Ich warf Dakota einen warnenden Blick über den Tisch zu. Sie hatte doch wohl nicht vor von meiner kleinen Ohnmacht zu erzählen? „Na ja, jedenfalls sind wir froh das Tucker uns gerettet hat.“
Wieder ging die Türglocke und ich schreckte hoch, als ich aschblonde Haare um die Ecke kommen sah. Mein Herz machte einen Satz und mein Gesicht verfärbte sich blitzartig. Kleine Sterne tanzten vor meinen Augen und mein Atem ging doppelt so schnell wie noch vor ein paar Sekunden. Dann konnte ich in sein Gesicht sehen und atmete erleichtert aus; es war nicht William. Ein mir fremder Junge mit fast derselben Frisur wie William, aber nicht William. Ich war sauer auf mich selbst, denn ich hatte mich dabei ertappt, wie ich hoffte, dass er es war.
Bevor Dakota meine plötzliche Gefühlsregung durchschauen konnte, brachte ich mich in das Gespräch ein. „Was wollen wir denn sehen morgen?“, fragte ich mit gespieltem Interesse.
„Keine Ahnung“, meinte Tucker und zuckte mit den Schultern. „Was kommt denn gerade?“ Allgemeine Ratlosigkeit. Ich hatte mich noch nie wirklich für Kino interessiert. Das Cheerleading ließ mir dazu keine Zeit.
„Wir können es ja vor dem Kino entscheiden“, schlug David mit Blick auf mich vor. Ich nickte kurz und wich Davids Blick aus.
Der Abend verlief ohne größere Zwischenfälle und ich kam, zu meiner Überraschung, recht gut klar mit David. Zumindest konnte ich mich, in seiner Gegenwart locker unterhalten, ohne zu stottern oder ständig rot zu werden. Als Dakota den Vorschlag machte, noch ein wenig im Park spazieren zu gehen, erinnerte ich sie höflich daran, dass das keine gute Idee war, und wir beschlossen den schönen Sommerabend auf Dakotas Veranda ausklingen zu lassen.
Den ganzen Abend
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