Vampirblut (German Edition)
Beine wieder auf das Bett hochgezogen, jetzt ließ ich sie langsam wieder herunter, berührte den Boden aus Holz erst einmal nur mit der großen Zehe, bevor ich den Fuß ganz absetzte. Kein Schmerz, kein Stromschlag. Ich zuckte die Schultern und tat es als Täuschung ab. Schließlich hatte ich früher auch nie so darauf reagiert, wenn meine Füße nackt den Boden berührten.
Ich blieb kurz stehen und wartete auf das Gefühl von Schwindel, das einem immer ereilte, wenn man längere Zeit flach lag nach einer Krankheit, und dann erstmals wieder aufstand. Es kam nicht. Im Gegenteil, ich fühlte mich super, gesund und stark, und ich hatte einen Bärenhunger. Wann ich wohl das letzte Mal gegessen hatte? Am Abend vor dem Kino. Da es draußen noch dunkel war, konnte das noch nicht allzu lange her sein. Sicher war ich mir da natürlich nicht. Ich wusste ja nicht, wie lange ich hier schon lag.
Ich beschloss also, das Zimmer zu verlassen und mich auf die Suche nach jemandem zu machen, der mir das alles hier erklären konnte, und vielleicht würde sich dabei auch was Essbares finden lassen.
Immer vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend, näherte ich mich der einzigen Tür im Zimmer. Mit den Fingern berührte ich den Türknauf, als diese von außen geöffnet wurde. Erschrocken wich ich zurück und prallte mit dem Bein gegen das Bett hinter mir.
William grinste. In der Hand hielt er eine Tasse. „Ich dachte, du könntest durstig sein.“ Er kam auf mich zu und hielt mir die Tasse vor die Nase.
Ihh, schon wieder dieses eklige metallisch, salzige Zeug. „Was ist das? Medizin?“ Ich verzog das Gesicht und würgte angewidert.
„Medizin? Du meinst du magst das nicht?“ William sah verwirrt aus. Er schnupperte an der Tasse, nippte und hielt sie mir wieder hin.
Voller Abscheu drehte ich mich weg und drückte Williams Hand, mit samt der Tasse, weg von mir. „Was ist das?“
„Blut. Ich dachte, du hättest Hunger. Ich weiß noch gut, wie es bei mir war.“
„Blut? Bist du verrückt geworden? Ich trink doch kein Bl ...“ Stopp, hier stimmt doch was nicht. „Was zur Hölle ist hier los?“ Das klang viel mehr nach meiner Mutter, als ich beabsichtigt hatte.
„Vielleicht gehst du erstmal wieder ins Bett zurück. Ich erklär dir dann alles.“
„Ich hoffe du hast eine gute Erklärung. Und schaff dieses eklige Zeug aus meiner Riechweite. Mir wird schon ganz übel.“
Wie der Blitz war William aus dem Zimmer und eine Sekunde später wieder da. Diesmal schien er sich aber nicht so schnell zu bewegen wie damals in meinem Zimmer, als meine Augen seine Bewegung nicht erfassen konnten. Dieses Mal konnte ich seine Bewegung sehen.
Er zog den Stuhl etwas zurück und setzte sich zu mir auf das Bett. Sofort waren die Erinnerungen an seinen Besuch in meinem Zimmer wieder da und mit ihnen auch die Schmetterlinge in meinem Bauch.
William lachte.
„Warum lachst du?“, zischte ich ihn an.
„Nichts, nur deine Reaktion auf dies hier.“ Er deutete mit den Fingern erst auf mich, dann auf sich.
„Welche Reaktion?“, fragte ich ihn verwundert.
„Entschuldige, ich kann fühlen was Personen in meiner unmittelbaren Umgebung fühlen. Das ist meine besondere Eigenschaft.“
Mein Mund klappte auf. „Du meinst du spürst, was ich fühle? Schon immer?“ Am liebsten hätte ich meine Schultern bis über die Ohren gezogen oder hätte mich in der Hölle verkrochen. Gibt es etwas, was peinlicher sein kann? William wusste, was ich empfand. Nicht nur jetzt, auch im Park, als ich sabbernd neben ihm saß und jeder noch so zufälligen Berührung entgegengehechelt hatte.
„Ja“, flüsterte er.
„Oh“, brachte ich nur raus. Er wusste es also schon die ganze Zeit. Wusste, was ich für ihn empfand. „Auch meine Gedanken?“, wollte ich wissen. Ich schämte mich zutiefst, meiner Gefühle für ihn. Wenn er auch noch meine Gedanken kannte, dann würde ich sofort sterben wollen.
„Nein, die nicht.“
„Gut“, sagte ich erleichtert. „Also, was ist hier los? Warum bin ich hier und nicht zu Hause? Wo ist meine Mutter überhaupt?“ Und warum fühlte ich mich so anders – so stark, fügte ich in Gedanken hinzu.
„Deine Mutter kommt dann gleich. Sie wollte nur ein paar Sachen für dich besorgen. Ich musste deine wegwerfen, wegen des vielen Blutes. Das sollte sie nicht sehen.“
„Halt. Stopp“, unterbrach ich ihn. „Du hast mich ausgezogen?“ Ich keuchte verzweifelt.
„Keine Angst, Daniel hat dich umgezogen. Er ist Arzt und mein
Weitere Kostenlose Bücher