Vampirblut (German Edition)
zum Samhain-Fest vollbracht sein.
Samhain ist das Fest der Toten. Ein heidnischer Feiertag, der in Mexiko große Bedeutung hatte, das wusste ich. Aber wann genau war das Fest der Toten dieses Jahr? Der Tag wechselte jedes Jahr. Ich wusste nur es war immer irgendwann Ende Oktober bis Anfang November.
Ich versuchte mich so auf meine Füße zu stellen, dass ich festen Stand hatte, was ich leider nicht fertigbrachte. Die Handschellen scheuerten unnachgiebig an meinen Handgelenken. Meine Haut, unter dem rostigen Metall, brannte. Meine Hände fühlten sich taub an und meine Schultern schmerzten durch das Gewicht meines Körpers, das auf ihnen lastete. Ich biss die Zähne zusammen, um mich genau umschauen zu können in der Höhle. Vor mir am Tisch standen immer noch die fünf - mehr oder weniger – Männer. Sie hatten sich über mehrere Skizzen gebeugt und lauschten angestrengt den Anweisungen ihres Meisters Echnaton.
Ich stellte mich auf meine Zehenspitzen und versuchte einen Blick auf die Papiere zu erhaschen. Viel konnte ich nicht erkennen, aber zwei Sachen fielen mir sofort ins Auge; eine Karte des Yosemite Nationalparks und eine Zeichnung der silbernen Scheibe, auf welche wir während unseres kleinen Abenteuers in der Mine gestoßen waren.
Es hätte mir gleich auffallen sollen, schließlich war auf dem Gefäß, welches Echnaton gefangen hielt, dasselbe Zeichen wie auf der Mitte ihr; die riesige Schlange mit weit aufgerissenem Maul. Echnaton war irgendwie mit der Scheibe verbunden. Was auch immer er plante, es hatte mit der Scheibe zu tun, die wir entdeckt hatten, als wir durch die Dunkelheit der Mine stürzten.
Ich lauschte angestrengt, um wenigstens ein paar Wortfetzen der Männer aufzufangen. Es ging um Ausgrabungen und ein „Ritual des Heiligen Ramerus“. Ich vermutete, mit den Ausgrabungen war die Scheibe gemeint, aber auf dieses Ritual konnte ich mir keinen Reim machen.
„... herausfinden, was ihr könnt. Wenn William uns nicht hilft, dann müssen wir einen anderen Weg finden ...“ Echnaton klopfte mit der Faust auf den Tisch, dass es von den steinernen Wänden zurückgrollte. „... haben nur noch wenig Zeit ... Nutzt alle euch bietenden Möglichkeiten ...“ Er warf mir einen verstohlenen Blick über die Schulter zu, als ich mit einem Fuß auf dem steinernen feuchten Boden abrutschte und meine Ketten laut klirrten. Dann wendete er sich wieder an seine Vampire: „Es gibt nur diesen Weg.“
Plötzlich, ohne Vorwarnung, ohne dass ich sah, aus welcher Richtung es kam, traf etwas Echnaton am Kopf und fiel polternd auf den Tisch vor ihm. Rauch stieg auf und verteilte sich in der Höhle. Er brannte mir in den Augen und kratzte in der Lunge. Ich konnte meine Entführer nur noch schemenhaft, durch die dichte Nebelwand hindurch erkennen.
Hektik war ausgebrochen. Stimmen riefen durcheinander und hallten von den Wänden wieder. Eine Stimme brach aus der Menge hervor. Diese samtene, engelsgleiche Stimme würde ich überall und jederzeit wiedererkennen – William. Er war hier.
Freude, Erleichterung aber auch Angst um sein Leben stürzten gleichzeitig auf mich ein. Er war gekommen, um mich zu retten. Hoffnung keimte in mir auf, aber auch die Befürchtung, dass wir beide hier unser Leben lassen würden.
„Macht sie los, oder ich töte euren Meister!“, schrie William.
Ich strengte meine Augen an, blinzelte die Tränen heraus und versuchte durch den dichten Nebel hindurch etwas zu erkennen. Ich sah zwei Gestalten rechts vom Tisch, eine direkt neben mir und zwei – die im Rauch miteinander zu verschmelzen schienen – links vom Tisch.
Dann spürte ich, wie sich jemand mit seinem Körper an mich drückte und an den Handschellen zu schaffen machte. Ich sackte zu Boden, als meine Hände aus den eisernen Ringen glitten. Sogleich packte mich jemand am linken Oberarm zog mich auf die Füße und drückte mir etwas Hartes, Spitzes an die Brust. Die Finger des Mannes neben mir bohrten sich unnachgiebig in meinen Oberarm.
„William!“, rief er nahe an meinem Ohr.
Langsam verzog sich der Rauch und aus dem Nebel trat die schreckliche Szene hervor. William stand links neben dem Tisch und hielt Echnaton fest umschlungen mit dem einen Arm. In der anderen Hand hielt er ein großes Messer, das er Echnaton an die Kehle drückte. Zwei der Vampire standen rechts vom Tisch und zielten mit Armbrüsten auf William, der zum Glück seinen Körper mit dem von Echnaton abschirmte. Ein dritter Vampir – der, der mit mir hinten im
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