Vampirblut (German Edition)
loskommt. Und hat man erstmal einen Menschen getötet, wird es mit jedem Mal leichter.
Ich habe nur einmal einem Menschen das Leben genommen, dem Mörder meines Vaters. Diese Tat verfolgt mich bis heute, nicht zuletzt wegen meiner empathischen Fähigkeiten. Ich fühlte genau, was er fühlte – die Schmerzen, die Angst, den Todeskampf. Das könnte ich nie vergessen. Ich habe mich damals nicht mal von ihm genährt. Ich habe ihn einfach getötet, um mich zu rächen.“ Die letzten Worte flüsterte er nur. Williams Gesicht war schmerzverzerrt. Es drückte so viel Leid aus, ich hätte ihn am liebsten in die Arme genommen und getröstet.
„Was heißt du fühltest, was er fühlte?“, fragte Dakota verunsichert.
„Das ist seine Gabe. Er kann empfinden, was Menschen in seiner Nähe empfinden“, antwortete ich für William, dessen Blick immer noch schmerzverzerrt in die Ferne reichte.
„Oh mein Gott, du meinst, er spürt, was in uns vorgeht? Das ist ja peinlich! Das hättest du mir eher sagen müssen, Josie!“ Dakota war knallrot angelaufen. Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen.
„Und wie ging es weiter mit dir? Sie hatten dich an das Kreuz gebunden und dann?“ Tuckers Interesse an Williams Vergangenheit war geweckt.
„Sie ließen mich tagelang hungern, folterten mich, bespritzten mich mit Weihwasser, verletzten mich mit Silber. Trieben mich fast in den Wahnsinn. Ich sollte das Willkommensgeschenk für meinen Vater sein.“
„Das ist ja grauenvoll.“ Mir standen die Tränen in den Augen. Was William durchmachen musste, war so unfassbar, es tat mir so weh, dass es mir fast die Brust zuschnürte.
Das Feuer im Kamin, und das Knistern des Holzes, gab den Erzählungen von William etwas von dem, das wir kannten aus Abenden unserer Kindheit, wo man sich Gruselgeschichten am Lagerfeuer erzählte. Und doch war die Stimmung im Raum gedrückt, als wir hörten, unter welchen Umständen William zu dem wurde, was er jetzt war – einem Vampir.
„Als mein Vater kam, um mich zu befreien, war ich fast schon ein wildes Tier. Erst wollte er mich töten, brachte es aber doch nicht über das Herz seinem eigenen Sohn einen Pflock ins Herz zu jagen. Er betäubte mich, sperrte mich in einen Keller und brachte mir kleine Tiere, bis ich wieder auf den Beinen war. Er hat mich gerettet, obwohl ich eins der Wesen war, die er jagte. Als ich wieder bei Kräften war, verbannte er mich aus seinem Leben. Er konnte nicht mit dem leben, was aus mir geworden war. Kurze Zeit darauf wurde er ermordet. Er hatte Echnaton gebannt, aber einer seiner eigenen Leute war ein Verräter. Mein Vater musste das geahnt haben, denn er ließ alle seine Aufzeichnungen zu mir schicken, bevor er getötet wurde. In einem Brief verlangte er von mir, das Tor zu bewachen, damit nie wieder eine Gefahr von ihm ausginge.
Seinen Aufzeichnungen konnte ich entnehmen, dass es hier ist, nur wusste ich nicht genau wo. Dieses Wissen nahm er mit in sein Grab.“
„Und deswegen bist du hier, um den letzten Willen deines Vaters zu erfüllen, und das bis in alle Ewigkeiten? Das ist, als würdest du für immer Buße tun.“ Dakota klang vorwurfsvoll. „Warum? Du kannst nichts dafür, dass du ein Vampir bist.“
„Er hat mich gerettet, als ich ihn im Stich gelassen hatte. Das bin ich ihm schuldig. Jetzt ist Echnaton wieder da und meine Aufgabe ist es ihn zu vernichten, für meinen Vater.“ Williams Gesicht spiegelte Entschlossenheit, aber auch tiefsten Hass wieder.
„Und warum ist das Tor so gefährlich?“ Tucker war Williams Erzählungen mit großem Interesse gefolgt.
„Wird das Tor geöffnet, werden all die Monster, die ihr eigentlich nur aus dem Kino kennt, ganz plötzlich zur blutigen Realität. Die Dämonen erheben Anspruch auf diese Erde. Sie waren hier, bevor die Menschen kamen und sich über die ganze Erde verbreiteten. Und sie wollen, dass diese Erde wieder ihre Heimat wird. Ihr müsst wissen, die Hölle ist auch für Dämonen kein Paradies“, scherzte William mit einem Augenzwinkern.
„Dann werden wir dir wohl helfen müssen, diesen Echnaton endgültig zu vernichten. Wie vernichtet man einen Dämonengott?“ Tucker schien entschlossen, William im Kampf gegen Echnaton zur Seite zu stehen.
„Das weiß ich leider nicht, aber irgendwo hier in diesen Büchern werden wir die Antwort finden. Dabei könnt ihr mir helfen, den Kampf fechte ich aber alleine aus.“
Tucker warf einen Blick auf seine Armbanduhr und dann auf Dakota. „Wir sollten gehen, sonst
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