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Vampirdämmerung / Roman

Vampirdämmerung / Roman

Titel: Vampirdämmerung / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
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Obgleich die Burg so viele Übernatürlichenzauber unterdrückte, hatte sie ihn noch nie davon abhalten können, seine Zauber zu wirken. Constance hatte keine Ahnung, welche wilden Geister in seinen Büchern und Zauberstäben lauern mochten, allzeit bereit, sich auf unachtsame Eindringlinge zu stürzen.
    Auf
schuldige
Eindringlinge. Ob gerechtfertigt oder nicht, was Constance tat, war falsch. Und es gefiel ihr nicht, was sie jedoch nicht bremste. Sylvius brauchte sie.
    Sie kniete sich neben die Truhe. Als Atreus auf dem Höhepunkt seiner Macht gestanden hatte, lebten sie alle in Saus und Braus. Heute war von Reichtum keine Rede mehr, und die Schätze des Königreichs waren auf den Inhalt dieser Truhe zusammengeschrumpft. Sie war alt, hatte grünlich angelaufene Messingbeschläge und einen Deckel, so schwer wie der von einem Sarg. Vorn gab es ein uraltes Vorhängeschloss. Constance brach es binnen Sekunden auf. Die alten Lederriemen knarrten, als sie den Deckel hochhievte und damit eine Woge aromatischer Holzdüfte freisetzte. Kleidung, Bücher und ein Bündel Pergamentrollen lagen fein säuberlich aufgestapelt in der Truhe. Aber Constance suchte nach etwas anderem.
    Der Schmuckkasten war ganz in einer Ecke. Sie hob ihn heraus und stellte ihn auf den kalten grauen Steinboden. Es handelte sich um einen Würfel aus geprägtem Leder in der Farbe von altem getrockneten Blut. Die Griffe auf beiden Seiten waren aus kunstvoll verziertem Silber, das mit der Zeit schwarz geworden war. An dem Kasten gab es weder ein Schloss noch Schließbänder oder Angeln.
    Constance drehte den Würfel wieder und wieder herum, ohne dass sie ergründen konnte, wo oder wie der Deckel zu öffnen wäre. Einzig die Griffe gaben einen ungefähren Hinweis darauf, welche Seite oben und welche unten war.
    Er war mit einem Zauber versiegelt.
Verdammnis!
    Ungeduldig strich sie mit ihren Fingern über die Oberfläche der Kiste, nach irgendeinem Weg suchend, wie sie das Ding allein mit Kraft aufbekommen könnte. Mit den Fingernägeln gelang es ihr tatsächlich, die Stelle zu ertasten, an welcher der Deckel sich auf den Würfel fügte, und Constance schaffte es, ihre Nägel darunterzuzwängen. Gleichzeitig packte sie den silbernen Griff mit der anderen Hand und zog. Mit zusammengebissenen Zähnen steckte sie alles an Wut in die Anstrengung, was in ihr schwelte. Ihre Finger begannen zu schmerzen, und die Nägel bogen sich beängstigend nach außen.
    Das Einzige, was ihrer Kraft nachgab, war der Griff. Constances Hand rutschte ab, so dass sie sich an dem angelaufenen Metall schnitt.
    »Teufel noch mal!«
    Blut tropfte von ihrem Finger auf die geprägte Lederoberfläche der Kiste. Hastig wischte sie es weg, hinterließ jedoch einen dunklen Streifen, der quer über den Deckel verlief.
Als brauchte es noch mehr Beweise für mein Vergehen!
    Die Lederkiste gab ein Geräusch von sich, ähnlich einem aufklappenden Riegel. Erschrocken riss Constance ihre Hände zurück, und die Kiste fiel ihr vom Schoß auf den Boden, wo sie mit einem dumpfen Plumps landete. Im letzten Moment packte Constance den Würfel und verhinderte, dass er umkippte.
    Zugleich sprang der Deckel mit einem grellen Lichtschein auf. Fehlten nur noch Fanfarenklänge.
    Grundgütiger!
Ihr Blut hatte die Kiste geöffnet?
Was soll das denn für ein Schutzzauber sein?
    Dann wurde sie abgelenkt.
    Rubine funkelten in Armbändern aus Blattgold. Unendlich lange Perlenketten wanden sich zwischen und um glitzernde Broschen, Ringe sowie Kronen längst vergessener Könige. Nach Jahren in der grauen, öden Monotonie der Burg brannten Constances Augen beim Anblick dieser Flut von Glanz und Farben.
    Sie berührte die oberste Geschmeideschicht und brachte sie mit ihren ungeduldigen Fingern zum Klimpern. Und dann fand sie, was sie suchte. Dort. Das war es: Ein Kreis aus gemustertem Gold, nicht größer als eine Kirsche. Man hätte das Ding für eine Münze halten können, doch Constance wusste, dass es mehr wert war als alles Geld.
    Ein Schlüssel.
    Atreus hatte gesagt, es hätte insgesamt nur neun gegeben, von denen vier zerstört worden waren. Einer war in das Buch über Dämonenmagie gebunden gewesen, das verloren ging. Folglich blieben noch vier, und Josef hatte bereits einen von ihnen gestohlen. Er benutzte ihn, um in die Außenwelt zu fliehen, ehe er sich dem Tier in sich hätte ergeben müssen – wie sein Bruder Viktor.
    Constance hatte nie erfahren, wie es ihm gelungen war, den Schlüssel zu entwenden;

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