Vampirdämmerung / Roman
einen dunklen Wimpernbogen. Constance war, wo sie sein sollte, wo er für ihre Sicherheit sorgen konnte.
Er hatte seine Menschlichkeit verloren, aber er war flachgelegt worden. Das musste doch irgendeine kosmische Bedeutung haben. Oder auch nicht. Ihm war nicht danach, das erste Gute, das ihm seit einer halben Ewigkeit widerfuhr, in Gedanken zu zerdröseln.
Ja, ja, der berühmte Silberstreif …
Daran zu denken, machte ihn gleich wieder scharf.
Constance hob den Kopf und sah ihn unsicher an. »Hallo.«
Er grinste. Verschlafen und zerzaust war sie unglaublich niedlich. »Hallo.«
Sie verschränkte ihre Arme auf seiner Brust und stützte ihr Kinn darauf. Zart und schmal, wie sie war, konnte Mac dennoch ihre Muskeln sehen. Als menschliche Frau musste sie schwere Arbeit verrichtet haben.
Für einen langen Moment sahen sie einander stumm an. Mac konnte all die üblichen Fragen an ihrer Miene ablesen, die Frauen nach dem Sex stellten, und aus irgendeinem Grund machte es ihn froh. Wenn er ihr genug bedeutete, dass sie die typische weibliche Unsicherheit überkam, machte es das, was sie erlebt hatten, umso realer. »Jetzt gehörst du mir«, sagte er, was so ziemlich alle wichtigen Punkte klären dürfte.
»Ach ja?«
Wie sie es sagte, gleichermaßen erleichtert wie resigniert, ließ ihn stutzig werden. Aber klar, sie stammte aus einer Zeit, in der Sklaven und Knechte eine Selbstverständlichkeit waren! »Ich meine nicht, dass du mir buchstäblich gehörst.«
Sie wirkte perplex.
Wieder einmal brach der Höhlenmensch in ihm durch, der ihm die absurdesten Aussagen in den Mund legte, als wäre er ein früher Neandertaler, der frisch aus dem »Wie-entdecke-ich-Feuer«-Seminar kam. Er versuchte es noch einmal: »Ich meine, egal, was du willst, egal, in welchen Schwierigkeiten du steckst: Ich bin für dich da.« Er wand sich eine Haarsträhne von ihr um den Finger. Ihr Haar fühlte sich wie dunkle schwere Seide an. Constance war eine Schönheit, die jeder gern in den Armen gehalten hätte. Die Art Schönheit, bei der alle Männer im Raum die Luft anhielten, wenn sie hereinkam.
Sie betrachtete ihn prüfend. »Befreist du Sylvius?«
»Ich halte meine Versprechen.«
»Gut.« In dieser einen Silbe waren mehr Nuancen enthalten, als Mac zählen konnte. Vielleicht war Constance es nicht gewöhnt, dass andere zu ihrem Wort standen.
»Sobald das vorbei ist, solltest du mal mitkommen und dir meine Welt ansehen«, verkündete er. »Sie würde dir gefallen.«
Constance zögerte, schien erst widersprechen zu wollen, es sich dann aber noch einmal zu überlegen. »Das wäre gewiss schön.«
»O ja, ich sorge dafür, dass du deinen Spaß hast.«
Ihr Blick signalisierte durch und durch weibliche Verführung. Zugleich bewegte sie ihren Schenkel an Macs, was ihn gewaltig ablenkte. »Besser als das, was wir eben taten, kann es nicht sein. Ich hätte mir nie vorgestellt …«
Er legte einen Finger auf ihre Lippen. »Davon gibt es künftig noch mehr.«
Sie blinzelte. »Was ich sagen wollte, war, dass du freundlicher zu mir bist, als ich es verdiene. Immerhin versuchte ich, dich zu beißen.«
Mac lachte. »Stimmt, aber diesmal nicht.«
»Weil ich beschäftigt war. Ich bin nur zur Hälfte ein Vampir, was es mir wohl leichter macht, an mich zu halten. Außerdem bist du eigentlich keine Nahrung mehr.«
»Mag sein.« Er wickelte sich noch eine Strähne ihres Haars um den Finger und zog sie behutsam zu sich, um sie zu küssen.
»Du warst gut zu mir«, flüsterte sie.
»Du warst gut zu mir.«
Sie küssten sich ausgiebig.
»Du hast mir das Buch über Elizabeth und Mr.Darcy hiergelassen«, sagte sie hinterher.
»Hat es dir gefallen?«
»Ja, sehr. Mir gefiel alles an dem Buch.«
»Zum Beispiel?«
»Dass es nicht nur um einen oder zwei Menschen geht; alle Leute fügen sich zu einem Ganzen. Es erinnerte mich an so vieles aus meinem alten Leben. Da waren die weise Schwester und die närrische, die hübsche und die, von der man sofort wusste, dass sie nie eine gute Partie machen würde. Und die Männer hatten auch gute Familien, obgleich sie nicht alle besonders umgänglich waren, wie ich denke.«
Mac war entzückt. »Und warst du die hübsche Schwester, die weise oder beide?«
»Ich war die Kleine, die den anderen nacheiferte.« Sie lächelte wehmütig. »Meine Schwestern waren alle schon verheiratet, und nur der jüngste Bruder wohnte noch zu Hause. Ich wünschte mir oft, ich wäre früher geboren und aufgewachsen, als ein Großteil
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