Vampire Academy 02 ● Blaues Blut
über die richtige Vorgehensweise von Wächtern zu belehren.”
Ich verstrickte mich ständig in irgendwelche Streitereien; irgendetwas in meinem Wesen machte das offenbar unvermeidlich. Also war ich es gewohnt, mich zu verteidigen und das Ziel von Beleidigungen zu sein. Ich hatte eine dicke Haut. Aber in ihrer Nähe - in den kurzen Zeiten, da ich in ihrer Nähe gewesen war — fühlte ich mich immer wie eine Dreijährige. Ihre Haltung demütigte mich, und die Tatsache, dass sie auf meine versäumte Ausbildung zu sprechen kam - immer ein heikles Thema -, machte alles noch schlimmer für mich. Ich verschränkte die Arme in einer gelungenen Nachahmung ihrer eigenen Haltung vor der Brust und brachte sogar einen selbstgefälligen Gesichtsausdruck zustande.
, , Ja? Nun, meine Lehrer denken da anders. Obwohl ich all die Zeit versäumt habe, habe ich alle anderen in meiner Klasse längst eingeholt.”
Sie antwortete nicht sofort. Schließlich sagte sie energisch: „Wenn du nicht weggegangen wärest, hättest du sie hinter dir gelassen.” Mit einer militärisch anmutigen Drehung spazierte sie den Flur entlang davon. Eine Minute später klingelte es, und der Rest von Stans Klasse strömte in den Gang.
Danach konnte mich nicht einmal Mason aufheitern. Ich war den Rest des Tages wütend und verärgert und fest davon überzeugt, dass alle über meine Mutter und mich tuschelten. Das Mittagessen ließ ich aus und ging stattdessen in die Bibliothek, um ein Buch über Physiologie und Anatomie zu lesen.
Als es Zeit für mein nach der Schule angesetztes Training mit Dimitri war, stürmte ich förmlich auf den Übungsdummy zu. Mit geballter Faust schlug ich auf seine Brust, eine Spur auf der linken Seite, aber im Wesentlichen in der Mitte.
„Da”, sagte ich zu Dimitri. „Das Herz ist da, und das Brustbein und die Rippen sind im Weg. Kann ich jetzt den Pflock haben?”
Ich verschränkte die Arme vor der Brust, sah ihn triumphierend an und wartete darauf, dass er mich für mein neu erworbenes Wissen mit Lob überschüttete. Stattdessen nickte er nur, als hätte ich das von Anfang an wissen müssen. Und natürlich war es auch so.
„Und wie kommen Sie durch das Brustbein und die Rippen durch?”, fragte er. Ich seufzte. Ich hatte die Antwort auf eine Frage herausgefunden, nur um mit einer weiteren konfrontiert zu werden. Typisch.
Wir verbrachten einen großen Teil der Trainingsstunde mit diesem Problem, und er zeigte mir mehrere Techniken, die am schnellsten zum Tod eines Strigoi führten. Jede seiner Bewegungen war sowohl anmutig als auch tödlich. Er ließ es mühelos aussehen, aber ich wusste es besser.
Als er plötzlich die Hand ausstreckte und mir den Pflock hinhielt, verstand ich zuerst nicht. „Sie geben ihn mir?”
Seine Augen funkelten. „Ich kann nicht glauben, dass Sie zögern. Ich hatte erwartet, dass Sie ihn mir aus der Hand reißen und sofort damit losstürmen würden.”
„Lehren Sie mich nicht immer, mich zurückzuhalten?”, fragte ich.
„ Nicht in allen Dingen.”
,,Aber in manchen Dingen.”
Ich hörte die Zweideutigkeit in meiner Stimme und fragte mich, woher sie gekommen war. Ich hatte schon vor einer Weile akzeptiert, dass es zu viele Gründe gab, in romantischer Hinsicht keinen, aber auch gar keinen Gedanken mehr an ihn zu verschwenden. Ab und zu unterlief mir ein kleiner Ausrutscher, und irgendwie wünschte ich, es würde ihm genauso gehen. Es wäre schön gewesen zu wissen, dass er mich immer noch begehrte, dass ich ihn immer noch verrückt machte. Aber als ich ihn jetzt betrachtete, wurde mir bewusst, dass ihm vielleicht deshalb niemals ein Ausrutscher unterlief, weil ich ihn nicht mehr verrückt machte. Es war ein niederschmetternder Gedanke.
„Natürlich”, sagte er und ließ sich nicht anmerken, dass wir über etwas anderes gesprochen hatten als über den Unterrichtsstoff. „Es ist wie bei allem anderen. Es geht immer um die richtige Abwägung. Sie müssen wissen, bei welchen Dingen Sie vorpreschen müssen - und welche Sie auf sich beruhen lassen sollten.” Den letzten Teil des Satzes betonte er nachdrücklich.
Unsere Blicke trafen sich kurz, und ich spürte, wie mich ein elektrischer Strom durchschauerte. Er wusste sehr wohl, wovon ich geredet hatte. Und wie immer ignorierte er es und war mein Lehrer - und erfüllte damit nicht mehr als seine Pflicht. Mi t einem Seufzer schlug ich mir die Gefühle für ihn aus dem Kopf und versuchte mich darauf zu besinnen, dass ich kurz
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