Vampire Academy 04
Raum.
Galina sprang von einem Sessel in der Nähe des Kamins an der gegenüberliegenden Seite auf. Ein Buch fiel ihr vom Schoß. Ich hatte allerdings keine Zeit, über die Eigentümlichkeit nachzusinnen, dass ein Strigoi es sich mit einem Buch am Kamin gemütlich machte, weil sie direkt auf mich zukam. Ich glaubte schon, dass Oleg mich hereingelegt hatte, doch er duckte sich in eine Ecke, und sein Gesicht spiegelte das gleiche Entsetzen wider, das ich selbst empfand. Trotz der gewaltigen Größe der Bibliothek erreichte Galina mich innerhalb von Sekunden.
Ihrer ersten Attacke wich ich aus – oder versuchte es zumindest. Sie war verdammt schnell . Abgesehen von Dimitri gehörten die anderen Strigoi in diesem Haus offensichtlich zum B-Team, und ich hatte fast vergessen, wie knallhart ein wahrhaft fähiger Strigoi war. Sie packte mich am Arm und riss mich an sich; ihr Mund war bereits geöffnet, und die Reißzähne zielten direkt auf meinen Hals. Ziemlich unbeholfen versuchte ich, ihr mit dem Pflock in der Hand zumindest einen Kratzer beizubringen, doch sie hielt mich einfach zu fest umklammert. Schließlich gelang es mir dennoch, mich ein wenig zu ducken und meine Kehle aus ihrer Reichweite zu bringen, doch das gab ihr wiederum nur die Gelegenheit, mich an den Haaren zu packen. Sie zerrte mich hoch, und ich schrie vor Schmerz. Wie sie es schaffte, mich an den Haaren festzuhalten, ohne mich dabei zu skalpieren, war bemerkenswert. Ohne meine Haare loszulassen, stieß sie mich gegen eine Wand.
Als ich nach meiner Ankunft das erste Mal mit Dimitri gekämpft hatte, war er grob gewesen, aber er hatte mich nicht töten wollen. Galina hingegen wollte es. Sie hatte Dimitris Wort vertraut, dass ich ein Gewinn für ihre Gruppe sein würde, doch jetzt stand für sie zweifelsfrei fest, dass ich stattdessen nur ein Ärgernis darstellte. Die Schonzeit war vorbei, und sie war fest entschlossen, mich zu töten. Wenigstens blieb mir der Trost, dass sie mich wahrscheinlich nicht in einen Strigoi verwandeln würde. Ich war nur ein Imbiss.
Plötzlich lenkte ein lauter Ausruf meine Aufmerksamkeit in Richtung Tür. Dimitri stand da, Zornesröte im Gesicht. Alle Illusionen, die ich mir gemacht haben mochte, dass er noch der alte Dimitri von früher war, lösten sich schlagartig in Luft auf. Sein Zorn strömte förmlich aus ihm heraus, seine Augen waren schmal, und er fletschte die Reißzähne. Die bleiche Haut und die roten Augen bildeten einen scharfen Kontrast. Er war wie ein Dämon, der direkt aus der Hölle geschickt worden war, um mich zu vernichten. Er marschierte auf uns zu, und mein erster Gedanke war: Nun, zumindest wird das dem Ganzen ein viel schnelleres Ende bereiten.
Nur dass … nicht ich diejenige war, die er angriff. Sondern Galina.
Ich bin mir nicht sicher, wer von uns überraschter war, aber im nächsten Moment hatten sie mich total vergessen. Die Strigoi stürmten aufeinander los, und ich erstarrte, gefangen von der schrecklichen Schönheit ihres Kampfes. Ihre Bewegungen hatten beinahe etwas Anmutiges – die Art, wie sie zuschlugen und einander geschickt auswichen. Ich beobachtete die beiden noch einen Moment fasziniert und verpasste mir dann im Geist eine Ohrfeige, um endlich wieder aktiv zu werden. Dies war meine Chance, von hier wegzukommen. Ich durfte mich nicht länger ablenken lassen.
Ich wandte mich dem Erkerfenster zu und suchte hektisch nach einer Möglichkeit, es zu öffnen. Es gab keine. „Verdammte Scheiße!“ Vielleicht hatte Oleg mich doch reingelegt. Oder es gab einen Mechanismus, den ich nur nicht erkannte. Nichtsdestotrotz war ich ziemlich sicher, dass es bestimmt irgendeine Methode gab, dieses Fenster zu öffnen.
Ich lief auf die Seite des Raumes, wo Galina gesessen hatte, und packte einen verschnörkelten Holzstuhl. Es war offensichtlich, dass dieses Fenster nicht aus demselben ultraharten Material bestand wie das in meinem Zimmer. Dieses Glas glich dem der Doppeltür zur Bibliothek, es war eher zart und mit fantasievollen Mustern graviert, wenn auch dunkel eingefärbt. Es konnte nicht mit allzu viel Kraftaufwand verbunden sein, die Scheibe einzuschlagen. Nach all den vergeblichen Versuchen in meinem Zimmer erfüllte es mich mit einer gewissen selbstgefälligen Befriedigung, den Stuhl mit voller Wucht gegen das Fenster krachen zu lassen. Durch den Aufprall war ein großes Loch entstanden, und Glassplitter flogen in alle Richtungen. Einige Scherben trafen mich auch im Gesicht, aber darüber
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