Vampire Academy 04
hätte mich besser gefühlt, wenn sein Geist hier gewesen wäre.
Dann wurde mir plötzlich klar, dass gar nicht ich ihr Ziel war.
Sie setzten den beiden Strigoi zu. Die Geister hatten keine feste Gestalt, doch jede Stelle, an der sie mich berührten oder durch mich hindurchglitten, fühlte sich an wie Eis. Der weibliche Strigoi begann auch sofort, mit den Armen zu fuchteln, um die Erscheinungen abzuwehren, und das Knurren der Frau verriet Zorn und sogar so etwas wie Angst. Die Geister schienen zwar nicht imstande zu sein, die Strigoi zu verletzen, aber sie waren offensichtlich ziemlich lästig – und eine willkommene Ablenkung.
Ich pfählte den männlichen Strigoi, noch bevor er mich kommen sah. Sofort strebten die Geister, die ihn umgeben hatten, auf die Frau zu. Sie war gut, das musste ich ihr lassen. Obwohl sie reichlich damit zu tun hatte, die Geister abzuwehren, war sie immer noch ganz gut in der Lage, meinen Angriffen auszuweichen. Ein Glückstreffer von ihr ließ mich Sterne sehen und schleuderte mich gegen die Wand der Scheune. Ich hatte noch immer die von den Geistern verursachten, schrecklichen Kopfschmerzen, und dass ich ausgerechnet mit dem Kopf gegen die Scheune krachte, machte es nicht gerade besser. Nachdem ich mich aufgerappelt hatte, kehrte ich schwankend zu ihr zurück und setzte meine Bemühungen fort, ihr Herz zu treffen. Sie schaffte es, ihren Oberkörper außerhalb meiner Reichweite zu halten – zumindest bis ein besonders beängstigender Geist sie überraschte. Ihre kurzfristige Ablenkung bescherte mir meine Chance, und ich pfählte auch diese Strigoi. Sie fiel zu Boden – und ließ mich mit den Geistern allein.
Bei den Strigoi ging es den Geistern offensichtlich darum, sie anzugreifen. Bei mir hingegen war es ganz ähnlich wie in dem Flugzeug. Sie schienen von mir fasziniert zu sein und brannten darauf, meine Aufmerksamkeit zu erregen. Da allerdings Dutzende von Phantomen um mich herumschwärmten, hätte es ebenso gut ein Angriff sein können.
Verzweifelt versuchte ich abermals, meine Schutzwälle hochzuziehen, um die Geister abzublocken, wie ich es vor langer Zeit schon einmal getan hatte. Die Anstrengung war unerträglich. Irgendwie hatten meine außer Kontrolle geratenen Gefühle die Geister heraufbeschworen, und obwohl ich jetzt ruhiger war, fiel es mir schwerer, diese Kontrolle wieder aufzubringen. Mein Schädel dröhnte noch immer. Schließlich biss ich die Zähne zusammen und richtete meine gesamte Stärke darauf, die Geister abzublocken.
„Geht weg“, zischte ich. „Ich brauche euch nicht mehr.“
Einen Moment lang sah es so aus, als würden meine Bemühungen keine Früchte tragen. Doch dann, ganz langsam, verblassten die Geister, einer nach dem anderen. Ich spürte, dass ich allmählich wieder meine antrainierte Kontrolle gewann. Schon bald gab es nichts mehr außer mir, der Dunkelheit und der Scheune – und Sydney.
Ich bemerkte sie in dem Moment, als ich auf dem Boden zusammenbrach. Sie kam im Schlafanzug und mit bleichem Gesicht aus dem Haus gerannt. Nachdem sie sich neben mich gekniet hatte, half sie mir, mich aufzusetzen. Sie verströmte eine berechtigte Angst. „Rose! Bist du okay?“
Ich hatte das Gefühl, als sei jeder Funke Energie aus meinem Gehirn und meinem Körper gesaugt worden. Ich konnte mich nicht bewegen. Ich konnte nicht denken.
„Nein“, antwortete ich.
Dann verlor ich das Bewusstsein.
Ich träumte wieder von Dimitri. Er hielt mich in den Armen und beugte sein schönes Gesicht zu mir herunter, um wie so oft für mich da zu sein, wenn ich krank gewesen war. Erinnerungen an unsere gemeinsame Vergangenheit stiegen in mir auf, wie Situationen, in denen wir gemeinsam über irgendeinen Scherz hatten lachen müssen. Manchmal trug er mich in diesen Träumen fort. Manchmal fuhren wir in einem Wagen durch die Gegend. Gelegentlich nahm sein Gesicht allerdings das furchterregende Strigoi-Aussehen an, das mich fortwährend quälte. Dann brachte ich eiligst meinen Verstand wieder in Ordnung, um solche Gedanken zu vertreiben.
Dimitri hatte sich so oft um mich gekümmert und war immer sofort da gewesen, wenn ich ihn brauchte. Aber das hatte natürlich auf Gegenseitigkeit beruht. Zugegeben, er war nicht so oft auf der Krankenstation gelandet wie ich. Das war eben typisch für mich. Und selbst wenn er verletzt gewesen war, wollte er es einfach nicht zugeben. Aber während ich träumte und halluzinierte, tauchten vor meinem inneren Auge Bilder von einer der
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