Vampire Academy 04
so abrupt wie das Umlegen eines Schalters. „Nein, nein. Es ist mir recht, Jill mitzunehmen – obwohl ich mir nicht sicher bin, ob sie sich mit uns herumtreiben und etwas von dem tun sollte, was immer Avery vorschweben mag.“
„Übergib Jill einfach Mia. Sie wird sich während des Wochenendes um sie kümmern.“
Lissa nickte und fragte sich, warum er so großes Interesse an Jill hegte. „In Ordnung. Aber du tust das doch nicht, weil du Avery nicht magst, oder?“
„Nein, ich mag Avery. Sie bringt dich häufiger zum Lächeln.“
„Du bringst mich zum Lächeln.“
„Darum habe ich ja ‚häufiger‘ hinzugefügt.“ Christian küsste sanft Lissas Hand. „Du warst so traurig, seit Rose weg ist. Ich bin froh, dass du wieder mit jemand anderem zusammen bist – ich meine, nicht dass du nicht alles, was du brauchst, auch von mir bekommen könntest.“
„Avery ist absolut kein Ersatz für Rose“, sagte Lissa schnell.
„Ich weiß. Aber sie erinnert mich an sie.“
„Was? Die beiden haben doch überhaupt nichts gemeinsam.“
Christian richtete sich auf, setzte sich neben sie und legte seinen Kopf an ihre Schulter. „Avery ist so, wie Rose früher einmal war, in der Zeit, bevor ihr zwei weggegangen seid.“
Sowohl Lissa als auch ich hielten inne, um darüber nachzudenken. Hatte er damit womöglich recht? Bevor sich Lissas Geistkräfte gezeigt hatten, waren sie und ich die reinsten Partygirls gewesen. Und tatsächlich, zur Hälfte war ich diejenige gewesen, die verrückte Ideen ausgeheckt hatte, um sich zu amüsieren und uns in Schwierigkeiten zu bringen. Aber war ich denn auch so abgedreht gewesen, wie es Avery mitunter zu sein schien?
„Es wird niemals eine andere Rose geben“, sagte Lissa traurig.
„Nein“, stimmte Christian ihr zu und gab ihr einen kurzen, zarten Kuss auf den Mund. „Aber es wird andere Freunde geben.“
Ich wusste, dass er recht hatte, dennoch piekste mich der Stachel der Eifersucht. Außerdem machte ich mir ein wenig Sorgen. Lissas kurzer Wutausbruch war mehr oder weniger aus heiterem Himmel gekommen. Ich konnte ja verstehen, dass sie sich wünschte, Christian würde mitkommen, aber ihr Verhalten war doch ein bisschen zickig gewesen – und auch ihre fast schon eifersüchtige Sorge, was Jill betraf, war ziemlich seltsam. Lissa hatte keinen Grund, an Christians Gefühlen zu zweifeln, und ganz bestimmt nicht wegen eines Mädchens wie Jill. Lissas Launenhaftigkeit erinnerte mich im Grunde allzu sehr an die alten Zeiten.
Höchstwahrscheinlich war sie einfach übermüdet, aber irgendein Instinkt – vielleicht ein Teil unseres Bandes – sagte mir, dass etwas nicht stimmte. Es war nur ein flüchtiges Gefühl, das ich nicht recht fassen konnte, wie Wasser, das einem durch die Finger rann. Trotzdem hatte ich mit meinen Instinkten schon früher richtig gelegen, und so beschloss ich, in Zukunft häufiger nach Lissa zu sehen.
12
Jeder Besuch bei Lissa bescherte mir mehr neue Fragen als Antworten, und da meine weiteren Pläne noch nicht feststanden, blieb ich während der nächsten Tage einfach bei den Belikovs. Ich fügte mich in ihren gewohnten Tagesablauf ein – abermals erstaunt darüber, wie leicht mir das fiel. Ich gab mir große Mühe, mich nützlich zu machen, indem ich alle Arbeiten erledigte, die sie mich erledigen ließen, und ging sogar so weit, auf das Baby aufzupassen (wobei ich mich nicht ganz wohlfühlte, da mir während der Ausbildung zur Wächterin kaum Zeit für irgendwelche Nachmittagsjobs wie Babysitten geblieben war). Jewa beobachtete mich ununterbrochen, zwar sagte sie niemals ein Wort, verströmte aber die immer gleiche Missbilligung. Ich war mir nicht sicher, ob sie wollte, dass ich ging, oder ob das eben einfach so ihre Art war. Die anderen stellten meine Anwesenheit jedoch überhaupt nicht infrage. Sie waren sogar richtig froh, mich dazuhaben, und zeigten es auf jede erdenkliche Weise. Vor allem Viktoria war über meine Gegenwart glücklich.
„Ich wünschte, du könntest mit uns zur Schule gehen“, sagte Viktoria eines Abends sehnsüchtig. Sie und ich hatten eine Menge Zeit miteinander verbracht.
„Wann musst du denn wieder hin?“
„Montag, gleich nach Ostern.“
Ich wurde ein wenig traurig. Ob ich dann noch hier sein würde oder nicht, ich würde sie auf jeden Fall vermissen. „Oh Mann. Mir war gar nicht klar, dass du schon so bald abreisen würdest.“
Für einen kurzen Moment hüllten wir uns in Schweigen; dann sah sie mich von der
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